Sind die Erben unbekannt, so kann auf Antrag eines Nachlassgläubigers, beispielsweise des Vermieters des Erblassers, eine Nachlasspflegschaft angeordnet werden. Der Nachlasspfleger verwaltet den Nachlass und begleicht – soweit möglich – die Nachlassverbindlichkeiten, bis die Erben gefunden sind. Üblicherweise werden die Kosten für die Nachlasspflegschaft aus dem Nachlass gedeckt. Ist der Nachlass überschuldet oder sind eventuell vorhandene Vermögenswerte unbekannt, stellt sich die Frage, wer die Kosten der Nachlasspflegschaft trägt.

Der Fall (vereinfacht):

In dem vom OLG Hamm zu entscheidenden Fall hatte der Vermieter in erster Instanz (AG Dortmund 13 VI 113/10) die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft beantragt, um noch offene Mietforderungen gegen den Nachlass durchsetzen zu können. Da weder dem Vermieter noch dem Nachlassgericht Informationen darüber vorlagen, wer die Erben des Erblassers sein könnten, waren die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft unzweifelhaft erfüllt. Das Amtsgericht forderte von ihm jedoch einen Kostenvorschuss, da der Nachlass augenscheinlich überschuldet war. Als der Vermieter es ablehnte, diesen zu leisten, wies das Amtsgericht seinen Antrag ab.

Die Entscheidung des OLG:

Auf die Beschwerde des Vermieters änderte das OLG die Entscheidung des Amtsgerichts ab und ordnete die Nachlasspflegschaft an. Eine Kostenvorschusspflicht für den antragstellenden Nachlassgläubiger sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Vielmehr hätten allein die Erben die Kosten einer Nachlasspflegschaft zu tragen. Die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft auf Antrag des Gläubigers dürfe daher auch nicht von der Einzahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht werden.

Hinweis für die Praxis:

Eine Nachlasspflegschaft zu beantragen kann sich für Nachlassgläubiger auch dann lohnen, wenn der Nachlass augenscheinlich überschuldet ist. Zum einen muss der Nachlasspfleger ermitteln, ob nicht doch Vermögenswerte des Erblassers vorhanden sind, die dazu eingesetzt werden könnten, die Verbindlichkeiten zu begleichen, zum anderen hat der Nachlassgläubiger mit dem Nachlasspfleger einen Ansprechpartner, demgegenüber er wirksam rechtsgeschäftliche Erklärungen – wie beispielsweise die Kündigung eines Mietverhältnisses – abgeben kann. Zudem kann auch eine Klage an den Nachlasspfleger als vorläufigen Repräsentanten der Erben gerichtet werden. Angesichts dessen, dass die Anordnung einer Nachlasspflegschaft für den Nachlassgläubiger kostenfrei bleibt, ist ein Antrag auf Einrichtung einer Nachlasspflegschaft also immer in Betracht zu ziehen, wenn die Erben nicht auffindbar sind. Zu bedenken bleibt allein, dass der Nachlasswert durch die Kosten der Nachlasspflegschaft gemindert wird und ggf. gerade deshalb nicht ausreichend Nachlass übrig bleibt, um die Forderungen des Nachlassgläubigers zu begleichen. Hat also der Nachlassgläubiger die Möglichkeit, die Erben selbst zu ermitteln, ist diese Lösung bei augenscheinlich überschuldetem oder dürftigem Nachlass sicherlich vorzuziehen.

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