16.01.2011 -

Der EuGH hat mit seinem Urteil vom 19. Januar 2010 (C-555/07) entschieden, dass § 622 Abs. 2 S. 2 BGB (Nichtberücksichtigung der Beschäftigungszeit vor dem 25. Lebensjahr bei der Berechnung der Kündigungsfrist) europarechtswidrig ist. Infolge dieses Urteils stellte sich die Frage, ob die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist innerhalb der Frist des § 4 S. 1 KSchG geltend zu machen ist oder ob Arbeitnehmer auch noch nach Ablauf der Klagefrist rückständige Vergütungsansprüche geltend machen können. Mit dieser Frage hatte sich nun das BAG zu befassen.

Sachverhalt:

Der am 9. November 1972 geborene Kläger war seit dem 1. August 1995 als Mitarbeiter an einer Tankstelle beschäftigt. Im Frühjahr 2007 übernahm die Beklagte den Betrieb. Mit Schreiben vom 22. April kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. Juli 2008. Im November 2008 machte der Kläger gerichtlich Annahmeverzugsansprüche für die Monate August und September 2008 mit der Begründung geltend, die gesetzliche Kündigungsfrist betrage fünf Monate zum Monatsende.

Entscheidung:

Das BAG stellte ebenfalls fest, dass die von der Beklagten berechnete Kündigungsfrist zu kurz gewesen ist. § 622 Abs. 2 S. 2 BGB ist nicht anzuwenden, da die Regelung mit dem Recht der europäischen Union unvereinbar ist. Daraus ergibt sich die vom Kläger berechnete Kündigungsfrist mit der Folge der Beendigung zum 30. September 2008.

Die Klage blieb gleichwohl ohne Erfolg. Nach Ansicht des Fünften Senats ist bei einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist innerhalb der Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG geltend zu machen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich die mit zu kurzer Frist ausgesprochene Kündigung nicht als eine solche mit der rechtlich gebotenen Frist auslegen lässt.

Die ausdrücklich zum 31. Juli 2008 erklärte Kündigung der Beklagten ließ sich nicht in dieser Weise auslegen. Der Kläger hätte deshalb die unzutreffende Kündigungsfrist binnen drei Wochen nach Zugang der Kündigung gerichtlich geltend machen müssen (§ 4 S. 1 KSchG). Da dies nicht erfolgt ist, hat die Kündigung das Arbeitsverhältnis zum 31. Juli 2008 aufgelöst (§ 7 KSchG).

Fazit:

Aus Arbeitgebersicht ist die Entscheidung zu begrüßen. Die gegenteilige Ansicht hätte zur Folge gehabt, dass jeder Arbeitnehmer, der in der Vergangenheit von der Regelung des § 622 Abs. 2 S. 2 BGB betroffen war, nun noch Vergütungsansprüche gegen seinen alten Arbeitgeber geltend machen könnte.

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