Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in einem aktuellen Urteil (Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 3/09) zur analogen Anwendbarkeit der Regelung des § 89b HGB betreffend den Handelsvertreterausgleich auf den Markenlizenzvertrag geäußert. Er hat festgestellt, dass eine entsprechende Anwendung des § 89b HGB auf den Markenlizenzvertrag grundsätzlich möglich ist.

Der Fall:

Die Klägerin räumt ausgewählten Unternehmen der Bekleidungsindustrie Lizenzen ihrer Marke „JOOP!“ ein. Die Beklagte vertreibt Socken, Strümpfe und Strumpfhosen. Die Ware bezieht sie von dritter Seite und vermarktet diese unter der Marke „JOOP!“.

Gegenüber einer Forderung der Klägerin auf Zahlung von Lizenzentgelten verteidigte die Beklagte sich nach Beendigung des Lizenzverhältnisses mit der Berufung auf einen ihr vermeintlich zustehenden Ausgleichsanspruch entsprechend § 89b HGB. Nach dieser Vorschrift kann ein Handelsvertreter von einem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit den vom Handelsvertreter geworbenen Kunden auch nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses erhebliche Vorteile hat und die Zahlung eines Ausgleichs der Billigkeit entspricht. Der BGH hatte bereits in der Vergangenheit entschieden, dass diese Vorschrift auch auf andere Vertragsverhältnisse – insbesondere solche mit Vertragshändlern – anwendbar ist, wenn Dritte in die Absatzorganisation des Produktherstellers eingebunden werden (vgl. BGH NJW-RR 2007, 1327).

Die Entscheidung des BGH:

Nach Auffassung des BGH ist der § 89b HGB grundsätzlich auch auf den Markenlizenzvertrag anwendbar, dies jedenfalls dann, wenn der Lizenznehmer in die Absatzorganisation des Lizenzgebers eingebunden ist und dieser verpflichtet ist, dem Lizenzgeber nach Beendigung des Lizenzvertrages den Kundenstamm zu übertragen. Diese Voraussetzungen lagen im entschiedenen Fall nicht vor, so dass sich die Beklagte nicht mit der Aufrechnung eines entsprechenden Ausgleichsanspruchs rechtfertigen konnte. Sie wurde zur Zahlung des Lizenzentgeltes verurteilt.

Die Leitsätze der BGH-Entscheidung lauten:

„Dem Lizenznehmer eines Markenlizenzvertrages kann bei Beendigung des Lizenzverhältnisses ein Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur entsprechenden Anwendung des § 89b HGB (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327 Rn. 13 f. m.w.N.) zustehen. Eine entsprechende Anwendung des § 89b HGB setzt demnach die Einbindung des Lizenznehmers in die Absatzorganisation des Lizenzgebers sowie die Verpflichtung des Lizenznehmers voraus, dem Lizenzgeber seinen Kundenstamm zu übertragen.

Ist der Markeninhaber und Lizenzgeber auf dem Gebiet der vom Lizenznehmer vertriebenen Waren selbst nicht tätig, sind die Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendung des § 89b HGB im Regelfall nicht gegeben.“

Fazit:

Bei der Formulierung eines Markenlizenzvertrages ist Vorsicht geboten. Bezieht sich der Vertrag nicht nur auf die Nutzung einer Marke, sondern wird der Lizenznehmer weitergehend in die Absatzorganisation des Lizenzgebers eingebunden und trifft den Lizenznehmer zudem die Pflicht zur Übertragung des Kundenstamms, so besteht die Gefahr, dass Ausgleichsansprüche nach § 89b HGB entstehen.

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