23.01.2011

Enthält die Rechnung entgegen § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG nur eine Zahlen- und Buchstabenkombination, bei der es sich nicht um die dem leistenden Unternehmer erteilte Steuernummer handelt, ist der Leistungsempfänger nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG – vorbehaltlich einer Rechnungsberichtigung – nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

 

Der Fall

Die Klägerin bezog Reinigungsleistungen von einer Firma S. S erteilte über ihre Leistungen Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis, obwohl sie nicht über eine Steuernummer verfügte. Als Steuernummer enthielten die Rechnungen unter Nennung eines Finanzamts die Angabe „75/180 Wv“, eine Kennzeichnung, die das Finanzamt unter der Angabe „SteuerNr./Aktenzeichen“ im Schriftverkehr mit S zur Erteilung einer Steuernummer verwendet hatte.

Das Finanzamt erkannte den von der Klägerin aus den Rechnungen der S geltend gemachten Vorsteuerabzug nicht an. Das Finanzgericht gab der Klage statt. Hiergegen wendete sich das Finanzamt mit seiner Revision zum BFH und bekam Recht (BFH-Urteil vom 02.09.2010, V R 55/09).

Die Entscheidung

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG (2005) setzt der Vorsteuerabzug voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Dies verlangt daher u.a., dass die Rechnung gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG entweder eine dem leistenden Unternehmer erteilte Steuernummer oder dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer enthält.

Fehlen die für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderlichen Rechnungsangaben oder sind sie unzutreffend, besteht nach Satz 2 dieser Vorschrift für den Leistungsempfänger kein Anspruch auf Vorsteuerabzug.

Steuernummer ist die dem Steuerpflichtigen zur verwaltungstechnischen Erfassung und der Durchführung des Besteuerungsverfahrens erteilte und mitgeteilte Nummer (vgl. § 8 der Buchungsordnung der Finanzämter, BStBl I 1993, 562). Bei der Rechnungsangabe „75/180 Wv“ handelte es sich weder um eine der Firma S erteilte Steuernummer noch um eine diesem Unternehmer erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, sondern um ein aus einer Zahlen- und Buchstabenkombination bestehendes Aktenzeichen, welches das Finanzamt B im Schriftverkehr über die Erteilung einer Steuernummer gegenüber S verwendet hatte. Die Klägerin war daher nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Vorliegend kein Vorsteuerabzug im Billigkeitsverfahren

Liegen die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug wegen unzutreffender Rechnungsangaben nicht vor, kommt unter Berücksichtigung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes ein Vorsteuerabzug im Billigkeitsverfahren (§§ 163, 227 AO) in Betracht.

Die in den Rechnungen enthaltene Angabe „75/180 Wv“ war allerdings ungeeignet, einen Vertrauenstatbestand in die Erteilung einer dem leistenden Unternehmer erteilten Steuernummer zu begründen, da diese Zeichenfolge – durch Vergleich mit der eigenen Steuernummer ohne weiteres erkennbar – weder in ihrem Umfang noch nach ihrem Aufbau den in der Bundesrepublik Deutschland gebräuchlichen Steuernummern ähnelt.

Hinweis:

Jeder Leistungsempfänger sollten grundsätzlich genau prüfen, ob die Ihm erteilte Rechnung den Anforderungen der §§ 14, 14a UStG entspricht. Auf die Erteilung einer ordnungsgemäßen Rechnung hat er einen einklagbaren Anspruch.

Ist die Rechnung fehlerhaft, sollte auf eine Berichtigung hingewirkt werden, die noch bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht nachgeholt werden kann. Nach dem Urteil des EuGH vom 15.07.2010, C-368/09 Pannon Gép Centrum kft Vorlage des Baranya Megyei Bíróság (Ungarn), ist zu unterstellen, dass eine Berichtigung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung zurückwirkt. Der BFH war noch 2006 davon ausgegangen, das Berichtigungen nicht zurückwirken; diese Rechtsprechung dürfte überholt sein.

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    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2022/2023)

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