31.01.2011 -

Der Fall:

Die beklagte Arbeitgeberin betreibt im Auftrag der Bundespolizei Fluggastkontrollen am Flughafen Köln/Bonn. Für die Mitarbeiter des Betriebes gilt eine Gesamtbetriebsvereinbarung „Dienst- und Schutzkleidung (Kleiderordnung)“, die umfangreiche Regelungen über das Erscheinungsbild der Mitarbeiter enthält. Unter anderem werden die Mitarbeiter hierin angewiesen, weiße oder hautfarbene BHs, Bustiers bzw. Unterhemden zu tragen. Die Fingernägel der Mitarbeiterinnen müssen einfarbig sein und eine maximale Länge von 0,5 cm über der Fingerkuppe betragen. Für männliche Beschäftigte besteht die Vorgabe für „Frisur, Bart und Make-Up“, lediglich natürlich wirkende Farben zu verwenden. Das Tragen von künstlichen Haaren oder Einflechtungen ist grundsätzlich nicht gestattet.

Der Betriebsrat sah in den Regelungen der Gesamtbetriebsvereinbarung teilweise eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter und klagte auf Feststellung der Unwirksamkeit.

Die Entscheidung:

1. Unwirksame Regelungen

a) Als unwirksam erachtete das LAG die Vorgabe für Mitarbeiterinnen, die Fingernägel einfarbig zu tragen. Der Zweck, ein einheitliches Erscheinungsbild zu gewährleisten, werde durch diese Regelung nicht erreicht. Die Farbe der Fingernägel sei für das Erscheinungsbild offensichtlich ohne Bedeutung.

b) Weiterhin sah es die Verpflichtung der Mitarbeiter, bei Haarfärbungen lediglich natürlich wirkende Farben zu verwenden sowie das Verbot des Tragens von künstlichen Haaren oder Einflechtungen als unwirksam an. Beide Bestimmungen stellten einen ungerechtfertigten Eingriff in die körperliche Integrität der Mitarbeiter dar. Insbesondere das verbotene Tragen eines Haarteils könne für das Selbstwertgefühl eines unter Haarverlust leidenden Mitarbeiters von erheblicher Bedeutung sein.

2. Wirksame Regelungen

a)  Für wirksam hielt das LAG die Vorgabe an Mitarbeiter/innen, weiße oder hautfarbene Unterwäsche zu tragen. Die Arbeitgeberin wies zu Recht darauf hin, dass die in ihrem Eigentum stehenden Blusen und Hemden durch das Tragen von Unterwäsche geschützt und weniger schnell abgenutzt würden. Ein milderes, das Persönlichkeitsrecht weniger einschneidendes Mittel existiere nicht. Insbesondere werde den Mitarbeitern kein konkretes Wäschestück vorgeschrieben. Unproblematisch sei auch die Vorgabe, dass die Wäsche weiß oder hautfarben sein müsse und keine Embleme, Beschriftungen oder Muster enthalten dürfe.

b)  Ebenfalls unbedenklich war die maximale Länge der Fingernägel von 0,5 cm über der Fingerkuppe. Ziel der Regelung sei es, eine Verletzungsgefahr bei der Kontrolle von Passagieren möglichst zu vermeiden. Demgegenüber müsse das modische Interesse der Mitarbeiterinnen zurücktreten.

c)  Zuletzt sei auch die Vorgabe für männliche Mitarbeiter zulässig, dass die Haare grundsätzlich sauber, niemals ungewaschen und fettig sind und vor Dienstbeginn eine Komplettrasur zu erfolgen oder ein gepflegter Bart zu tragen ist. Die Bestimmungen spiegelten nur das wider, was den normalen und allgemein üblichen Umgangsformen solcher Menschen entspricht, die beruflich im engen Kundenkontakt stehen.

Hinweise für die Praxis:

Kleidungsvorschriften für Mitarbeiter mit Kundenkontakt scheinen in Mode zu geraten. So hat die Schweizer Großbank UBS nun für fünf Pilotfilialen umfangreiche Anweisungen für ein gepflegtes Erscheinungsbild im Rahmen eines 40-seitigen „Kompendiums“ erlassen. Dieses verbietet unter anderem das Tragen von Piercing, engen Röcken und knalligen Krawatten. Weibliche Mitarbeiter sollen keinen auffälligen Schmuck oder durchscheinende Unterwäsche tragen.

Letztlich sind alle Vorschriften, soweit sie mit einer Verpflichtung verbunden sind, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen. Zudem müssen alle Regelungen klar und verständlich sein, sie dürfen also keine unbestimmten Rechtsbegriffe verwenden.

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

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  • TOP-Anwältin für Arbeitsrecht: Ebba Herfs-Röttgen
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  • TOP-Anwalt für Arbeitsrecht: Prof. Dr. Nicolai Besgen
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Autorin

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Anja Stümper
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