Nach Auffassung des OLG Frankfurt am Main soll eine Pflichtteilsstrafklausel in einem Berliner Testament auch dann greifen, wenn der Überlebende damit einverstanden ist, den Pflichtteil auszubezahlen. Die Folge ist eine – ungewollte –  Enterbung der Abkömmlinge nach dem Letztversterbenden mit ggf. auch steuerlich unangenehmen Konsequenzen.

Der Fall (vereinfacht):

Die Erblasser hatten ein so genanntes „Berliner Testament“ errichtet, in dem sie sich gegenseitig zu ihren alleinigen Erben und ihre Kinder zu Schlusserben einsetzten. In dem Testament war des Weiteren geregelt, dass die Kinder, sollten sie auf der Auszahlung ihres Pflichtteils nach dem Erstversterbenden bestehen, auch nach dem Überlebenden auf den Pflichtteil gesetzt sein sollten. Da der Nachlass groß genug war, um die Versorgung der überlebenden Ehefrau auch nach Auszahlung des Pflichtteils sicherzustellen, ließen sich die Kinder im Einverständnis mit der Ehefrau ihren Pflichtteil auszubezahlen, um ihre Steuerfreibeträge nach dem Vater auszunutzen.

Die Entscheidung:

Das OLG Frankfurt am Main ist der Auffassung, die Pflichtteilsstrafklausel greife auch dann, wenn der Pflichtteil im Einverständnis mit dem Überlebenden geltend gemacht werde. Der Wortlaut des Testamentes gebe nichts dafür her, dass die Klausel für diesen Fall nicht geltend sollte. Damit seien die Kinder auch nach der Ehefrau enterbt. Das Erbe falle deshalb den Enkelkindern zu.

Hinweis für die Praxis:

Die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main ist durchaus anzuzweifeln. Bei einer Pflichtteilsstrafklausel mit dem einzigen Sinn, den überlebenden Ehegatten vor einer Inanspruchnahme durch die Kinder zu sichern, muss es diesem möglich sein, auf diesen Schutz zu verzichten, ohne zugleich unwillentlich die eigenen Kinder zu enterben. Selbst wenn die Kinder Abkömmlinge haben und das Erbe auf diese Weise trotz der Enterbung in der Familie bleibt, weil es an die Enkelkinder fällt, kann diese Folge dem Willen der Erblasser durchaus widersprechen. Zum einen ist es denkbar, dass die Erblasser ihre Enkelkinder schlicht nicht bedenken wollten, zum anderen steht den Enkelkindern, anders als den Kindern, kein Steuerfreibetrag in Höhe von je 400.000,00 €, sondern vielmehr nur jeweils ein Freibetrag in Höhe von 200.000,00 € zu. Haben die Kinder keine Abkömmlinge, so fällt das Erbe an die Geschwister der Erblasser (wenn die Eltern vorverstorben sind) oder an noch entferntere Verwandte, mit denen die Erblasser möglicherweise keinerlei Kontakt hatten. Der Steuerfreibetrag beläuft sich in diesen Fällen nur noch auf 20.000,00 €.

Eine Pflichtteilsstrafklausel sollte daher in jedem Fall so formuliert werden, dass sie nur dann greift, wenn der Pflichtteil gegen den Willen des Überlebenden geltend gemacht wird.

Das gilt selbst dann, wenn kein erbschaftsteuerlich relevantes Vermögen vorhanden ist. Wird etwa der überlebende Ehegatte in einem Pflegeheim untergebracht, werden die Kosten so lange nicht von dem Sozialhilfeträger übernommen, wie der überlebende Ehegatte über eigenes Vermögen verfügt. Machen die Kinder in diesem Fall den Pflichtteil geltend, so kann wenigstens dieser Anteil des Vermögens dem Zugriff des Sozialhilfeträgers entzogen werden.

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