24.02.2011

 

Worum es geht – Gewerbesteuerfreiheit für grundstücksverwaltende Gesellschaften

Erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung

Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tritt auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, an Stelle der Kürzung gemäß Satz 1 der Vorschrift (= 1,2 v.H. des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes) die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrages, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (Erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung). Im Idealfall entfällt dadurch die Gewerbesteuerbelastung vollständig.

Begünstigt sind nur die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes (Vermögensverwaltung). Zweck der sog. erweiterten Kürzung ist es, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes der kraft ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtigen Kapitalgesellschaften von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen freizustellen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben. Eine Betätigung, die nicht zu den in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannten unschädlichen Nebentätigkeiten zählt, schließt die erweiterte Kürzung aus.

Begünstigungsschädlich war schon bisher die Beteiligung als Mitunternehmer an gewerblich tätigen oder geprägten Personengesellschaften[1], die geschäftsführende Beteiligung an einer gewerblich geprägten Mitunternehmerschaft[2] (Abfärbewirkung) und die Tätigkeit einer Personengesellschaft als Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung[3] sowie die Betriebsverpachtung[4].

Das Merkmal „eigner Grundbesitz“ bei der Beteiligung an rein vermögensverwaltenden Gesellschaften.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist nur eigener Grundbesitz begünstigt, nicht fremdes Grundeigentum. Unklar war bislang, ob zu eigenem Grundbesitz in diesem Sinne auch Grundbesitz zu zählen ist, den eine Gesellschaft nicht selbst unmittelbar, sondern nur mittelbar über eine Gesamthandsbeteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft hält (z.B. durch Beteiligung an einem vermögensverwaltenden Immobilienfonds).

Sowohl das FG München (Urteil vom 02.03.2009 – 7 K 1341/07) als auch das FG Berlin-Brandenburg, (Urteil vom 24.06.2009 – 12 K 6154/05 B) erachteten das Halten von Beteiligungen an grundstücksverwaltenden Personengesellschaften für kürzungs- und damit gewerbesteuerunschädlich, was Zustimmung in der Rechtsliteratur fand (vgl. Demleitner, Erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung bei nicht eigenem Grundbesitz, BB 2010, S. 1257).

Damit machte der BFH jetzt Schluss und verschärfte mit seinem Urteil vom 19.10.2010 (I R 67/09, veröffentlicht am 23.02.2011) die Finanzrechtsprechung.

Die Entscheidung

Die Klägerin ist eine GmbH, die als Komplementären der grundbesitzverwaltend tätigen und nicht gewerblich geprägten G-KG war. Die Klägerin war weder zu ihrer Geschäftsführung noch zu ihrer Vertretung befugt. Die von der Klägerin beanspruchte erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG wurde ihr versagt.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG sah der BFH infolge der Beteiligung an der G-KG nicht erfüllt. Er stellt nunmehr die steuerschädliche Beteiligung an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft der Beteiligung an einer rein vermögensverwaltenden Personengesellschaft gleich. Insbesondere soll es steuerschädlich sein, wenn die Beteiligung als Komplementärin erfolgt; aber auch das alleine scheint nicht ausschlaggebend, da es nach der Auffassung des BFH auch dann noch am Merkmal „eigener Grundbesitz“ fehlt.

Halten einer Komplementärbeteiligung

Auch das Halten der Komplementärbeteiligung ist nunmehr als eine Tätigkeit anzusehen, die nicht zu dem abschließenden Katalog an steuerlich unschädlichen (Neben-)Tätigkeiten des Grundstücksunternehmens gehört. Die Übernahme der Komplementärstellung ist somit nicht mit der kürzungsunschädlichen Gestellung von Sicherheiten im Rahmen einer Grundstücksverwaltung vergleichbar.

Ausschließlich „eigener“ Grundbesitz

Unabhängig davon kann der von der Untergesellschaft verwaltete und genutzte Immobilienbestand auch nicht – wie aber tatbestandlich erforderlich – als ausschließlich „eigener“ Grundbesitz der Obergesellschaft zugerechnet werden. Zitat:

  • § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) ändert daran nichts. Denn bei dem von der KG genutzten Grundbesitz handelt es sich um deren Gesamthandsvermögen, und die bei einer sog. Zebragesellschaft vorzunehmende Einkunftsqualifikation auf Gesellschafterebene führt dementsprechend dazu, dass jedenfalls bei der Klägerin teilweise von fremdem Grundbesitz ausgegangen werden muss, da der Grundbesitz der grundstücksverwaltenden Personengesellschaft nur im Rahmen der Beteiligung an jener Gesellschaft dem Betriebsvermögen der Gesellschafter zuzurechnen ist (…). Gewerbesteuerspezifische Überlegungen im Allgemeinen und hierbei kürzungsspezifische Überlegungen im Besonderen bedingen kein anderes Verständnis; maßgeblich ist vielmehr (auch) insoweit die zivilrechtliche Grundlegung.“

Fazit

Nach dieser Entscheidung dürfte die gewerbesteuerliche Begünstigung jedweder Beteiligung einer kraft ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtigen Kapitalgesellschaft an einer vermögensverwaltenden Grundstückgesellschaft auf dem Prüfstand stehen.

Vertrauensschutz bei bisher günstigerer Behandlung durch die Finanzämter gibt es nicht. Das stellt der BFH sogleich mit klar:

  • „Schließlich rechtfertigt auch die bisherige steuerliche Behandlung der Situation durch das FA in der Vergangenheit keine Klagestattgabe. Schutzwürdiges Vertrauen entsteht dadurch in Anbetracht der Abschnittsbezogenheit auch der Gewerbesteuer nicht.“


[1]   BFH Urteil vom 30.11.2005, I R 54/04 (NV), BFH/NV 2006 S. 1148; vom 02.02.2001, VIII B 56/00 (NV), BFH/NV 2001 S. 817.

[2]   BFH 17.10.2002, I R 24/01, BStBl 2003 II S. 355.

[3]   BFH 22.2.2005, VIII R 53/02 (NV), BFH/NV 2005 S. 1624; BFH-Beschluss vom 16.10.2000 VIII B 18/99, BFH/NV 2001, 438; Urteil vom 24.11.1998 VIII R 61/97, BStBl II 1999, 483, unter II.2. der Gründe; vom 25.06.1996 VIII R 28/94, BStBl II 1997, 202;. vom 11.05.1989 IV R 43/88, BStBl II 1989, 797.

[4]   BFH 14.6.2005, VIII R 3/03, BStBl 2005 II S. 778.

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