Champagner ist nicht nur ein prickelndes Getränk, sondern die Bezeichnung stellt daneben eine geographische Herkunftsangabe mit besonderem Ruf gem. § 127 Abs. 3 MarkenG dar. Mit Urteil vom 17. Januar 2002 (I ZR 290/99) hat der unter anderem für das Markenrecht zuständige 1.Zivilsenat des  Bundesgerichtshofs nun entschieden, dass der Schutz der geographischen Herkunftsangabe mit besonderem Ruf aus § 127 Abs. 3 MarkenG nicht voraussetzt, dass die geschützte Angabe markenmäßig verwendet wird und auch dann eingreifen kann, wenn eine in besonderer Weise mit Qualitätsvorstellungen verbundene Herkunftsangabe (hier: Champagner) in einem Werbeslogan in einer Weise benutzt wird, die geeignet ist, den Ruf dieser Herkunftsangabe ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen und zu beeinträchtigen.

 

Sachverhalt:

Die Beklagte betreibt einen bundesweiten Einzelhandel mit Computern, Computerperipheriegeräten und Software. Auf der Vorderseite eines im Jahre 1998 bundesweit verteilten Prospekts warb sie für einen IBM-Computer des Typs Aptiva mit dem folgenden Slogan:

„Champagner bekommen, Sekt bezahlen:

 IBM Aptiva jetzt zum Preis X“

Die Klägerin, ein gewerblicher Verband der französischen Champagner-Wirtschaft, war der Ansicht, dass diese Werbung gegen die Bestimmungen des deutsch-französischen Abkommens über den Schutz von Herkunftsangaben und Ursprungsbezeichnungen verstoße. Die Werbung sei zudem geeignet, den besonderen Ruf der geographischen Herkunftsangabe „Champagner“ ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen und zu beeinträchtigen. Sie hat beantragt, die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, EDV-Geräte mit dieser  Aussage zu bewerben. Die Beklagte hat demgegenüber vorgebracht, sie habe den Begriff „Champagner“ nicht als Herkunftsbezeichnung verwendet. Zudem beabsichtige sie auch nicht, die beanstandete Werbemaßnahme zu wiederholen. Eine Beeinträchtigung des Werbewerts der Bezeichnung „Champagner“ sei deshalb nicht zu befürchten. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen (OLG Köln GRUR Int. 2000, 796).

 

Die Entscheidung:

Nach Ansicht des BGH steht der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auf der Grundlage des § 128 Abs. 1 i.V. mit § 127 Abs. 3 MarkenG zu. Die Beklagte habe die geographische Herkunftsangabe „Champagner“, die einen besonderen Ruf genieße, in ihrer Werbung für den Computer IBM Aptiva im Sinne des § 127 Abs. 3 MarkenG benutzt. § 127 Abs. 3 MarkenG greife nicht nur dann ein, wenn die geschützte Herkunftsangabe markenmäßig verwendet werde, sondern es genüge bereits – wie im vorliegenden Fall – eine rein werbemäßige Verwendung in einem Werbeslogan. Die – ihrem Wesen nach wettbewerbsrechtliche – Vorschrift des § 127 Abs. 3 MarkenG sei als besonderer Unlauterkeitstatbestand zum Schutz geographischer Herkunftsangaben mit besonderem Ruf in das Markengesetz aufgenommen worden, um in seinem Anwendungsbereich § 1 UWG als Rechtsgrundlage für den Schutz geographischer Herkunftsangaben zu ersetzen, und entspreche weitgehend dem zu dieser Vorschrift von der Rechtsprechung entwickelten Schutz bekannter Herkunftsangaben (vgl. dazu z.B. BGH, GRUR 1988, 453 – „Ein Champagner unter den Mineralwässern“).

 

Die Richter befanden weiterhin, dass die Benutzung der in besonderer Weise mit Qualitätsvorstellungen verbundenen Herkunftsangabe „Champagner“ in dem Werbeslogan „Champagner bekommen, Sekt bezahlen“ auch geeignet sei, den Ruf dieser Herkunftsangabe ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen und zu beeinträchtigen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die angesprochenen Verbraucher würden den Werbeslogan „Champagner bekommen, Sekt bezahlen“ nur im Wege eines Rückschlusses auch als Exklusivitätsangabe dahin verstehen, der beworbene Computer IBM Aptiva stelle unter den Personal-Computern das dar, was Champagner unter den Schaumweinen sei, sah der Senat als nicht vereinbar an mit der vom Berufungsgericht an anderer Stelle getroffenen, der Lebenserfahrung entsprechenden Feststellung, die Beklagte benutze das Wort „Champagner“ in Beziehung zu Sekt, um dem Betrachter suggestiv zu vermitteln, er könne mit dem Computer IBM Aptiva ein exklusives und hochwertiges Produkt zu einem besonders günstigen Preis erwerben. Nach Meinung des BGH benutzt der Werbeslogan nicht nur den Hinweis auf das Preisverhältnis zwischen Champagner und Sekt, um mit einem Wortspiel die Preisgünstigkeit des Angebots zu unterstreichen, sondern stellt – schon nach seinem unmittelbaren Wortsinn – den beworbenen Computer IBM Aptiva auch als ein „Champagner“-Produkt dar, das nur wie ein „Sekt“-Produkt bezahlt werden müsse („Champagner bekommen …“). Die Beklagte benutze damit den besonderen Ruf von Champagner, um das eigene Produkt durch Bezugnahme auf eine (angeblich) vergleichbare Exklusivität als ebenfalls besonders exklusiv herauszustellen. Ein solches Ausbeuten des besonderen Rufs, den die berechtigten Nutzer der Herkunftsangabe „Champagner“ aufgebaut haben, sei unlauter. Es bringe die Gefahr mit sich, dass die Herkunftsangabe – auch infolge einer nachahmenden Benutzung durch Dritte – verwässert werde und in ihrem Ruf leide, wenn das Exklusivitätsversprechen aus der Sicht des Verkehrs nicht zutreffe. Nach § 127 Abs. 3 MarkenG genüge es, dass die beanstandete Nutzung der Herkunftsangabe „Champagner“ geeignet sei, in dieser Weise zu wirken. Auf die Intensität der bereits vorgenommenen Benutzung komme es dagegen nicht an; sie könnte nach § 127 Abs. 3 MarkenG auch nicht als zusätzliches Unlauterkeitsmerkmal herangezogen werden (anders noch – zum früheren Recht – BGH GRUR 1988, 453, 455 – Ein Champagner unter den Mineralwässern). Im übrigen habe die Beklagte bereits intensiv mit dem Werbeslogan „Champagner bekommen, Sekt bezahlen“ geworben, da sie diesen im Blickfang des Titelblatts eines unstreitig bundesweit in vielen hunderttausend Exemplaren verteilten Prospekts verwendet habe.

 

Auf die Frage, ob die Klägerin ihren Unterlassungsantrag auch auf das deutsch-französische Abkommen über den Schutz von Herkunftsangaben und Ursprungsbezeichnungen stützen kann, kommt es danach nicht mehr an. Abschließend stellten die Richter fest, dass der Anwendung des § 127 Abs. 3 MarkenG die Regelungen der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel schon deshalb nicht entgegen stehen, weil diese Verordnung nach ihrem Art. 1 Abs. 1 Satz 2 auf den Schutz von Ursprungsbezeichnungen und geographischen Angaben von Weinbauerzeugnissen keine Anwendung findet.

 

Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten wiederhergestellt.

 

Verfasser: Daniel Möller

 

Anhang:

 

§ 127 MarkenG Schutzinhalt

 

(1) Geographische Herkunftsangaben dürfen im geschäftlichen Verkehr nicht für Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, die nicht aus dem Ort, der Gegend, dem Gebiet oder dem Land stammen, das durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung solcher Namen, Angaben oder Zeichen für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht.

(2) Haben die durch eine geographische Herkunftsangabe gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besondere Eigenschaften oder eine besondere Qualität, so darf die geographische Herkunftsangabe im geschäftlichen Verkehr für die entsprechenden Waren oder Dienstleistungen dieser Herkunft nur benutzt werden, wenn die Waren oder Dienstleistungen diese Eigenschaften oder diese Qualität aufweisen.

(3) Genießt eine geographische Herkunftsangabe einen besonderen Ruf, so darf sie im geschäftlichen Verkehr für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft auch dann nicht benutzt werden, wenn eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft nicht besteht, sofern die Benutzung für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft geeignet ist, den Ruf der geographischen Herkunftsangabe oder ihre Unterscheidungskraft ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen oder zu beeinträchtigen.

(4) Die vorstehenden Absätze finden auch dann Anwendung, wenn Namen, Angaben oder Zeichen benutzt werden, die der geschützten geographischen Herkunftsangabe ähnlich sind oder wenn die geographische Herkunftsangabe mit Zusätzen benutzt wird, sofern

1.  in den Fällen des Absatzes 1 trotz der Abweichung oder der Zusätze eine

    Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht oder
2.  in den Fällen des Absatzes 3 trotz der Abweichung oder der Zusätze die
    Eignung zur unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung des Rufs oder der
    Unterscheidungskraft der geographischen Herkunftsangabe besteht

 

§ 128 MarkenG Unterlassungsanspruch, Schadensersatzanspruch

 

(1) Wer im geschäftlichen Verkehr Namen, Angaben oder Zeichen entgegen § 127 benutzt, kann von den nach § 13 Abs. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigten auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

(2) Wer dem § 127 vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt, ist zum Ersatz des durch die Zuwiderhandlung entstandenen Schadens verpflichtet.

(3) Wird die Zuwiderhandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch, und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

 

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