13.06.2011 -

Die Höhe der Vergütung nach dem TVöD steigt mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Hierbei legt § 16 TVöD die jeweiligen Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit fest, die zur Erreichung der nächsten Entgeltstufe erforderlich sind. § 17 Abs. 3 S. 2 TVöD bestimmt, dass eine Unterbrechung der Tätigkeit durch Elternzeit von bis zu fünf Jahren unschädlich ist, die Zeiten aber nicht auf die Stufenlaufzeit angerechnet werden. Das BAG hatte darüber zu entscheiden, ob diese Vorschrift eine Geschlechterdiskriminierung darstellt.

Der Fall:

Die Klägerin war vom 8. September 2003 bis zum 31. Dezember 2009 in der Kostümabteilung des von der beklagten Stadt unterhaltenen Theaters beschäftigt. Vom 28. April 2005 bis zum 29. Februar 2008 befand sie sich in Elternzeit.

Im Oktober 2005 wurde das Arbeitsverhältnis in den TVöD übergeleitet. Aufgrund der Regelung in § 17 Abs. 3 S. 2 TVöD nahm die Beklagte eine Anrechnung der Elternzeit auf die Stufenlaufzeit nicht vor und gruppierte die Klägerin nach ihrer Rückkehr lediglich in Stufe 2 der Entgeltgruppe 5 ein.

Nach Ansicht der Klägerin liegt in der fehlenden Anrechnung der Elternzeit eine Diskriminierung wegen des Geschlechts. Aus diesem Grund begehrte die Klägerin eine Eingruppierung in Stufe 3 und eine entsprechende Vergütung nach der höheren Entgeltstufe.

Die Entscheidung:

Das BAG wies die Klage in vollem Umfang ab. Nach Ansicht des Senats ist die fehlende Anrechnung der Elternzeit auf die Zeiten des Stufenaufstiegs rechtmäßig. Die Klägerin wird durch die entsprechende Regelung in § 17 Abs. 3 S. 2 TVöD weder unmittelbar noch mittelbar wegen ihres Geschlechts diskriminiert.

Eine unmittelbare Diskriminierung scheidet bereits aus, da die Regelung nicht nur für Frauen, sondern zugleich auch für männliche Arbeitnehmer gilt, die Elternzeit in Anspruch nehmen.

Auch liegt keine mittelbare Diskriminierung vor. Der Stufenaufstieg knüpft erkennbar an den Erfahrungsgewinn im aktiven Arbeitsverhältnis an. Das Entgeltsystem im TVöD möchte die gewonnene Berufserfahrung honorieren. Die Tarifvertragsparteien gehen davon aus, dass die Beschäftigten durch die Ausübung der ihnen übertragenen Tätigkeiten laufend Kenntnisse und Erfahrungen sammeln, die die Arbeitsqualität und -quantität verbessern. Dies trifft auf Zeiten der Inanspruchnahme von Elternzeit nicht zu. § 17 Abs. 3 S. 2 TVöD knüpft somit an ein objektives Kriterium an, welches keinen Bezug zu einer Geschlechterdiskriminierung aufweist. Aus diesem Grund sind Arbeitnehmer in Elternzeit mit aktiven Beschäftigten schon nicht vergleichbar.

Hinweise für die Praxis:

Der Senat hatte dagegen nicht über die weiterfolgende Regelung in § 17 Abs. 3 S. 3 TVöD zu entscheiden, wonach bei einer Elternzeit von mehr als fünf Jahren eine Rückstufung erfolgt. Nach einer Regelung in der „Rahmenvereinbarung über Elternurlaub“ im Anhang zur entsprechenden europäischen Richtlinie muss sichergestellt sein, dass die Rechte, die der Arbeitnehmer bei Antritt des Elternurlaubs bereits erworben hatte, bis zum Ende des Elternurlabs bestehen bleiben, so dass sich der Arbeitnehmer im Anschluss an den Elternurlaub in derselben Situation befindet wie vor dem Urlaub. Es ist demnach sehr fraglich, ob der Verlust der vor der Elternzeit erworbenen Stufenlaufzeit nach fünf Jahren Elternzeit mit diesem europarechtlichen Grundsatz vereinbar ist.

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