29.06.2011 -

Die Sachausstattung des Betriebsrats richtet sich nach der bekannten Vorschrift des § 40 Abs. 2 BetrVG. Welche konkreten Sachmittel im Einzelfall erforderlich und notwendig sind, wird in dieser Vorschrift aber nicht geregelt. Daher entsteht immer wieder zwischen den Betriebsparteien Streit über den Umfang der Sachausstattung (Ausführlich zum Thema Besgen/Prinz, Handbuch Internet.Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2009, § 2 Rn. 66 ff.). Das Landesarbeitsgericht Halle/Sachsen-Anhalt hatte nun darüber zu befinden, ob der Betriebsrat Anspruch auf die Überlassung eines Mobiltelefons hat (LAG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 23.06.2010 – 4 TaBV 4/10). Das Landesarbeitsgericht hat den Anspruch im konkreten Fall bejaht. Welche Grundsätze gelten, soll nachfolgend dargestellt werden.

Der Fall:

Der beteiligte Arbeitgeber ist ein Einzelhandelsunternehmer, der bundesweit Verkaufsstellen unterhält, in denen er Drogerie-Artikel vertreibt. Der beteiligte Betriebsrat ist für die Region 16 gewählt worden. Er besteht aus fünf Mitgliedern und ist zuständig für die Mitarbeiter in 18 Verkaufsstellen aufgrund eines Zuordnungstarifvertrages.

Der Betriebsrat ist der Auffassung, in der Filiale in B. nicht ungestört über das Festnetz telefonieren zu können. Das Festnetztelefon befinde sich in einem Büroraum, der nur durch eine Lochwand vom Lagerbereich und dem übrigen Verkaufsraum abgetrennt werde. Aus diesem Büroraum heraus könne man Telefonate auch im Lager- und Verkaufsraum mithören. Die Vertraulichkeit des Wortes sei daher nicht gewährleistet.

Das Arbeitsgericht Magdeburg hat den Anspruch auf Überlassung eines Mobiltelefons zurückgewiesen.

Die Entscheidung:

Das Landesarbeitsgericht hat im Beschwerdeverfahren den Anspruch bejaht.

I. Keine Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht hatte bislang noch nicht über die Gewährung eines Mobiltelefons an den Betriebsrat zu entscheiden. Allerdings hat es bereits im Jahre 2005 die Freischaltung einer Telefonanlage zugestanden. Gerade in Unternehmen, in denen die vom  Betriebsrat zu betreuenden Betriebsstätten räumlich voneinander entfernt sind, kann der innerbetriebliche Dialog des Betriebsrats mit den Beschäftigten nur dann gewährleistet werden, wenn die Betriebsratsmitglieder jederzeit telefonieren können und selbst telefonisch erreichbar sind. Die Instanzgerichte haben hingegen überwiegend die Ausstattung des Betriebsrats mit einem Handy bislang bejaht, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich ist.

II. Vertraulichkeit des Wortes

Regelmäßig reicht es also aus, wenn dem Betriebsrat ein Festnetztelefon zur Verfügung gestellt wird. Voraussetzung ist aber, dass der Betriebsrat seine Betriebsratsaufgaben ungestört erledigen kann. Dazu bedarf es der Vertraulichkeit des Wortesbei der Verwendung des vorhandenen Telefons mit Amtsanschluss. Fehlt es an einer hinreichenden schalldichten Abtrennung, die zuverlässig verhindert, dass andere Personen – insbesondere auch Kunden – die Betriebsratstelefonate mithören können, ist diese Vertraulichkeit keinesfalls gewährleistet.

So lag der Fall hier. In der Filiale konnten die Telefonate ohne weiteres von Dritten mitgehört werden. Es gab keinen hinreichend abgetrennten Raum für Telefonate. Die Ausstattung des Betriebsrats lediglich mit dem Festnetzanschluss reichte daher nicht aus.

Fazit:

Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zur Ausstattung des Betriebsrats mit modernen Kommunikationsmitteln wird zunehmend großzügiger. Das Bundesarbeitsgericht hatte erst jüngst die Einrichtung eigener E-Mail-Adressen des Betriebsrats bejaht (BAG, Beschl. v. 14.07.2010 – 7 ABR 80/08). In diesem Sinne hat das Landesarbeitsgericht Hamm bereits die Anschaffung eines Farbdruckers für den Betriebsrat als erforderlich angesehen (LAG Hamm, Beschl. v. 18.06.2010 – 10 TaBV 11/10). Sicherlich wird das Bundesarbeitsgericht in naher Zukunft auch über die Bereitstellung von iPhones, Laptops etc. zu entscheiden haben. Die Vorschrift des § 40 Abs. 2 BetrVG ist damit in ihrem Rahmen noch lange nicht ausgeschöpft.

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