(Nicht nur) bei Grundstücksübertragungsverträgen weit verbreitet ist die Praxis, den Vertrag zunächst durch eine Vertragspartei beurkunden zu lassen, die dann für den anderen Vertragspartner als sogenannter „Vertreter ohne Vertretungsmacht“ handelt. Die Genehmigung der vertretenen Partei erfolgt dann nachträglich durch notariell beglaubigte Unterschrift. Grund sind meistens Terminprobleme oder der weiter entfernt wohnenden Partei soll die Anreise erspart werden.

Wie eine aktuelle Entscheidung des OLG Düsseldorf zeigt, kann sich diese Bequemlichkeit allerdings bitter rächen, wenn die Übertragung im Wege vorweggenommener Erbfolge stattfindet und gleichzeitig ein Erb- oder Pflichtteilsverzicht beurkundet wird.

Der Fall:

Durch notariellen „Übergabevertrag“ vom 20.11.2002 übertrug ein Vater seinem Sohn im Wege der vorweggenommenen Erbfolge sein „Einzelunternehmen mit allen Aktiva und Passiva, zu welchem die Beteiligung an der … GmbH sowie die Grundstücke in … zu rechnen sind“.

Im Gegenzug verzichtete der Sohn auf seinen Pflichtteil am Nachlass des Vaters, der den Verzicht annahm. Auch die Ehefrau des Übergebers verzichtete diesem gegenüber auf ihr Pflichtteilsrecht am Nachlass wegen der fraglichen Vorgänge.

Bei Beurkundung des Vertrages handelte der Sohn als Vertreter ohne Vertretungsmacht, Genehmigung sich vorbehaltend, für seinen Vater und dessen Ehefrau. Beide genehmigten durch notariell beglaubigte Erklärung vom 23.01.2003 die Erklärungen des Sohnes und bestätigten die Vollmachten.

Am 11.02.2003 wurde der Sohn als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen.

Offenbar aufgrund eines zwischenzeitlichen Sinneswandels beantragte der Vater Ende 2010 die Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch mit der Begründung, die Übertragung des Grundbesitzes sei unwirksam, da er bei der Beurkundung des Vertrages entgegen § 2347 Abs. 2 BGB nicht persönlich zugegen gewesen sei.

Das Grundbuchamt entsprach dem Antrag und trug einen Widerspruch ein. Hiergegen legte der Sohn Beschwerde ein und beantragte die Löschung der Eintragung des Widerspruchs.

Das Amtsgericht half der Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor.

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf:

Auch das OLG Düsseldorf lehnte die Löschung des Widerspruchs ab. Zur Begründung führte das OLG aus:

„aa) Der Übergabevertrag enthält neben der Auflassung des Grundstücks unter anderem in Ziffer IV. 1 auch einen Verzicht des Beteiligten zu 2) auf seinen Pflichtteil am Nachlass des Beteiligten zu 1). Gemäß § 2347 Abs. 2 Satz 1 BGB kann der Erblasser einen Erbverzichtsvertrag nur persönlich schließen. Hierbei handelt es sich um ein sogenanntes höchstpersönliches Rechtsgeschäft, bei dem die Vertretung des Erblassers sowohl im Willen als auch in der Erklärung ausgeschlossen ist (allg. Meinung, BGHZ 37, 319 ff.; OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 584; Staudinger/Schotten BGB, Neubearbeitung 2010, § 2347, Rdnr. 22¸ Palandt-Weidlich, BGB, § 2347, Rdnr. 2; Beck’scher Online-Kommentar/J. Mayer, BGB, § 2347, Rdnr. 6). Die Vorschrift gilt für alle Arten von Erbverzichtsverträgen, gleichgültig, ob es sich um einen Verzicht auf das gesetzliche Erbrecht, einen Pflichtteilsverzicht oder um einen in sonstiger Weise eingeschränkten oder teilweisen Verzicht auf das gesetzliche Erb- oder Pflichtteilsrecht handelt (BGH NJW 1978, 1159; Staudinger/Schotten, BGB, Neubearbeitung 2010, § 2347, Rdnr. 3).

Im vorliegenden Fall hat sich der Beteiligte zu 1) bei Abschluss des Vertrages durch den Beteiligten zu 2) als vollmachtlosen Vertreter vertreten lassen. Erst danach hat er dessen Erklärung genehmigt, wobei seine Unterschrift lediglich beglaubigt wurde.[…]“

Die Unwirksamkeit des Pflichtteilsverzichts führt zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages:

„Die Übertragung des Einzelunternehms mit allen Aktiven und Passiva einschließlich des Grundbesitzes erfolgte ausweislich Ziffer II des Vertrages ausdrücklich im Wege der vorweggenommen Erbfolge. Deswegen ist nicht anzunehmen, dass das Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre.“

Hinweis für die Praxis:

Um böse Überraschungen Jahre nach einer Übertragung im Wege vorweggenommener Erbfolge zu vermeiden, sollte bei gleichzeitiger Erklärung eines Erb- oder Pflichtteilsverzichts immer darauf geachtet werden, dass der Erblasser den Vertrag persönlich schließt und nicht durch Dritte vertreten lässt.

Hierauf hätte in dem geschilderten Fall eigentlich auch der Notar achten müssen. Daran zeigt sich, dass in Fragen der Vermögensnachfolge immer ein auf Erbrecht spezialisierter Berater hinzugezogen werden sollte, der solche Fallstricke erkennt.

Autor

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