Die Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist mit zahlreichen arbeitsrechtlichen Problemen verbunden. So hatte sich die Arbeitsgerichtsbarkeit in jüngster Zeit mit der Zulässigkeit verdeckter Videoaufnahmen, der heimlichen Videoüberwachung sowie mit Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu befassen. Wir möchten die aktuellen Entscheidungen nachfolgend zusammenfassend darstellen.
I. Geldentschädigung bei permanenter Videoüberwachung
Das hessische Landesarbeitsgericht hatte sich mit Schadensersatzansprüchen wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung zu befassen (Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil v. 25.10.2010 – 7 Sa 1586/09). Der Arbeitgeber hatte an der hinteren Rückwand eines Büroraums eine Videokamera sichtbar installiert. Dass die Kamera Bilder aufnahm, war durch ein Lichtsignal an der Kamera ersichtlich. Zwischen den Parteien war jedoch streitig, inwieweit die durch die Kamera aufgezeichneten Bilder von der Zentrale aus eingesehen werden konnten. Die Klägerin nahm ihren Arbeitgeber auf Schadensersatz wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung in Anspruch.
Das Landesarbeitsgericht hat den Arbeitgeber zur Zahlung in Höhe von 7.000,00 € verurteilt. Das Persönlichkeitsrecht umfasst auch das Recht am eigenen Bild. Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts kann Ansprüche auf Geldentschädigung rechtfertigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts reicht es bereits aus, wenn der Arbeitnehmer allein durch die Ungewissheit darüber, ob die sichtbar angebrachte Videokamera aufzeichnet oder nicht, einem ständigen Anpassungsdruck ausgesetzt ist. Dieser ständige Überwachungsdruck war vorliegend gegeben, allein schon durch das Vorhandensein der Videokamera, die auch funktioniert hat, was durch ein Lichtsignal angezeigt wurde. Der ständige Überwachungsdruck entfällt auch nicht dadurch, dass die Beklagte die Kamera ausschließlich auf den Eingangs- und Besprechungsbereich ausgerichtet wissen wollte. Schützenswerte Belange des Arbeitgebers konnten die Beschränkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht rechtfertigen. Die Arbeitnehmerin wurde als unverdächtige Dritte einem Dauerüberwachungsdruck ausgesetzt. Etwaige Abschreckungsgedanken reichten für eine Rechtfertigung nicht aus.
Hinweis für die Praxis:
Im vorliegenden Fall war besonders der ständige Anpassungsdruck ausschlaggebend. Dieser hatte vermieden werden können, wenn die Arbeitgeberin die Arbeitnehmerin darauf hingewiesen hätte, dass die Videokamera keine Bilder versenden kann und in erster Linie Abschreckungsgedanken gegenüber betriebsfremden Dritten verfolgt werden. Im Übrigen verweisen wir für ausnahmsweise zulässige heimliche Videoüberwachungen auf die nachfolgenden Entscheidungen.
II. Heimliche Videoüberwachung ausnahmsweise zulässig
Die heimliche Videoüberwachung stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar. In der Rechtsprechung besteht aber Einigkeit darüber, dass der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers die verdeckte Videoüberwachung in eng begrenztem Umfange rechtfertigen kann.
1. Kein Beweisverwertungsverbot
Das Landesarbeitsgericht Köln hat in diesem Sinne festgestellt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen einer heimlichen Videoüberwachung die Videoaufnahmen keinem Beweisverwertungsverbot unterliegen (LAG Köln, Urteil v. 18.11.2010 – 6 Sa 81/10). Die heimliche Videoüberwachung stellt zwar einen Eingriff in das grundgesetzlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht dar. Dieser Eingriff führt jedoch dann nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ausgeschöpft sind, die verdeckte Videoüberwachung praktisch das einzig verbleibende Mittel darstellt und insgesamt nicht unverhältnismäßig ist. Das Landesarbeitsgericht bezieht sich dabei auch auf § 6b Abs. 2 BDSG. Danach sind optische Überwachungseinrichtungen erkennbar zu machen. Daraus kann aber nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht das Verbot jedweder verdeckten Videoüberwachung an öffentlich zugänglichen Arbeitsplätzen abgeleitet werden. Eine verfassungskonforme Einschränkung der Vorschrift ist jedenfalls dann geboten, wenn sich der Arbeitgeber in einer notwehrähnlichen Lage befindet und die heimliche Videoüberwachung nicht unverhältnismäßig ist. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Frage bislang offen gelassen.
Hinweis für die Praxis:
Die heimliche Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist ultima ratio. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn andere, mildere Mittel nicht mehr ersichtlich sind. Ob diese Rechtsprechung unter Geltung des geplanten neuen Beschäftigtendatenschutzgesetzes Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Nach aktueller Entwurfslage soll die Videoüberwachung insgesamt verboten werden.
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