Mit den neuen Grundsätzen des Urlaubsrechts bei dauerhafter Arbeitsunfähigkeit hatten wir uns bereits mit vielen Einzelaspekten hier befasst. Das Bundesarbeitsgericht hatte nun eine weitere Variante zu entscheiden. Ein dauerhaft erkrankter Arbeitnehmer verstirbt im bestehenden Arbeitsverhältnis und seine Erben machen den Urlaubsabgeltungsanspruch geltend. Das Bundesarbeitsgericht hat in dieser Konstellation einen Anspruch mit sehr ausführlicher dogmatischer Begründung verneint (BAG, Urt. v. 20.09.2011 – 9 AZR 416/10). Die wesentlichen Aussagen der Entscheidung möchten wir hier vorstellen.
Der Fall:
Die Klägerin und ihr Sohn sind gemeinschaftliche Erben des am 16. April 2009 verstorbenen Ehemanns der Klägerin (Erblasser).
Der Erblasser war seit dem 23. April 2001 bis zu seinem Tod als Kraftfahrer bei dem beklagten Arbeitgeber mit einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst in Höhe von 2.000,00 € in einer Fünf-Tage-Woche beschäftigt. Der jährliche Urlaubsanspruch betrug 28 Arbeitstage. Seit dem 14. April 2008 war er durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. In den Jahren 2008 und 2009 bis hin zu seinem Tod am 16. April 2009 war ihm kein Urlaub gewährt worden.
Die Erbin verlangte von dem Arbeitgeber erfolglos die Abgeltung des Urlaubs und erhob schließlich Zahlungsklage vor dem Arbeitsgericht. Sie hat die Ansicht vertreten, der Arbeitgeber habe den Urlaub aus den Jahren 2008 und 2009, den er dem Erblasser nicht gewährt habe, abzugelten.
Das Arbeitsgericht hat die Zahlungsklage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat hingegen der Klage im Berufungsverfahren überwiegend stattgegeben.
Die Entscheidung:
Im Revisionsverfahren konnte sich der Arbeitgeber durchsetzen. Ansprüche auf Urlaubsabgeltung wurden insgesamt abgelehnt.
I. Kein Urlaubsanspruch bei Tod des Arbeitnehmers
Arbeitsverhältnisse enden durch den Tod des Arbeitnehmers. Damit erlischt zugleich mit der Beendigung der Urlaubsanspruch. Arbeitnehmer haben die von ihnen geschuldete Arbeitsleistung im Regelfall in Person zu erbringen (vgl. § 613 BGB). Diese Arbeitspflicht kann daher auch nicht auf Erben übergehen.
II. Tod des Arbeitnehmers und Urlaubsabgeltungsanspruch
Verstirbt der Arbeitnehmer muss allerdings danach differenziert werden, ob der Arbeitnehmer im bestehenden und laufenden Arbeitsverhältnis oder aber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verstirbt.
1. Tod im bestehenden Arbeitsverhältnis
Endet das Arbeitsverhältnis mit dem Tod des Arbeitnehmers, so erlischt mit der Beendigung zugleich der Urlaubsanspruch. Urlaub kann dem Arbeitnehmer nur durch Freistellung von dessen höchstpersönlicher Arbeitspflicht gewährt werden. Verstirbt aber der Arbeitnehmer, geht dieser Urlaubsanspruch unter. Damit kann auch kein Urlaubsabgeltungsanspruch mehr entstehen. Der Anspruch auf Abgeltung von Urlaub setzt also voraus, dass der Arbeitnehmer bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch lebt.
2. Tod des Arbeitnehmers nach Beendigung
Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist nur noch ein reiner Geldanspruch. Verstirbt also der Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, hat sich der ursprüngliche Urlaubsanspruch noch in Person des (lebenden) Arbeitnehmers in einen Urlaubsabgeltungsanspruch gem. § 7 Abs. 4 BUrlG umgewandelt. Dieser reine Geldanspruch kann dann, da er nicht mehr höchstpersönlich ist, nach § 1922 Abs. 1 BGB in den Nachlass fallen. Einen solchen Anspruch können die Erben verlangen.
Fazit:
Im hier entschiedenen Fall verstarb der Arbeitnehmer im bestehenden Arbeitsverhältnis. Der Urlaubsanspruch ist mit dem Tod des Arbeitnehmers folglich untergegangen. Ein Urlaubsabgeltungsanspruch konnte nicht mehr entstehen. Die Erben konnten keine Ansprüche geltend machen. Anders wäre es gewesen, wenn der Arbeitnehmer erst nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis verstorben wäre. Dann wäre der Anspruch in den Nachlass gefallen und vererbbar gewesen.
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