18.10.2012

Der BGH hat mit Beschluss vom 10. Juli 2012 – II ZR 212/10 – das Recht der Kapitalaufbringung im GmbH-Recht (und letztlich analog auch im Aktienrecht) noch um eine „Facette“ erweitert, nämlich um die: „verdeckte verdeckte Sacheinlage“.  

Parteien des Verfahrens waren der Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH als Kläger sowie Gesellschafter einer GbR als Beklagte, wobei die GbR Alleingesellschafterin der (später in Insolvenz gegangenen) GmbH war. Die Gesellschafter der GbR waren darüber hinaus an einer T-KG beteiligt, die ebenfalls in den „Geldkreislauf“ eingebunden war.

Die GbR überwies am 25. und 26. September 2000 auf Konten der GmbH insgesamt 2 Mio. DM. Die T-KG gewährt hierfür der GbR ein Darlehen in gleicher Höhe. Mit Gesellschafterbeschluss vom 11. Oktober 2000 wurde das Stammkapital der GmbH (späteren Insolvenzschuldnerin) um 969.322,49 € erhöht und die GbR zur Übernahme des Einlagebetrages zugelassen. Im Anschluss wurde die Kapitalerhöhung beim Registergericht angemeldet und auch eingetragen. Zum

Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses am 11. Oktober 2000 waren nach den Feststellungen des späteren Insolvenzverwalters von den am 25./26. September 2000 gewährten 2 Mio. DM nur noch 83.359,64 DM vorhanden; der Rest war in der Zwischenzeit für das operative Geschäft der GmbH verbraucht.

Zwischen der Zahlung der 2 Mio. DM vom 25./26. September 2000 sowie der Kapitalerhöhung erhielt die GbR ein Darlehen eines Kreditinstitutes über 2 Mio. DM. Am 4. November 2000 mit Wertstellung zum 15. November 2000 überwies die GbR diesen Kreditbetrag – 2 Mio. DM – auf Konten der GmbH unter Angabe des Verwendungszwecks „Stammeinlage“. Am selben Tag des Zahlungseinganges überwies die GmbH und spätere Insolvenzschuldnerin den Betrag von 2 Mio. DM an die T-KG, mit der das Darlehen der T-KG an die GbR getilgt wurde.

In 2007 fiel die GmbH in Insolvenz. Der Insolvenzverwalter verlangte von der GbR Leistung der Einlage in Höhe von 926.701,38 €.

Die Klage hatte in der ersten Instanz keinen Erfolg. Auf die Berufung hob das Oberlandesgericht das Urteil der ersten Instanz auf und gab der Klage statt. Die Revision lies das OLG offenbar nicht zu. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde von zwei Gesellschaftern sowie einem Nebenintervenienten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur Entscheidung an das OLG zurück.

Kern des Rechtsstreits war die Frage, ob eine der beiden Zahlungen der GbR die Einlageverpflichtung erfüllt hat. Hierbei differenzierte der BGH:

Mit der Zahlung der 2 Mio. DM am 25./26. September 2000 konnte die GbR ihre Einlageverpflichtung aufgrund des Kapitalerhöhungsbeschlusses vom 11. Oktober 2000 nicht erfüllen. Die Leitung erfolgte zeitlich vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss. Leistungen vor der Kapitalerhöhung sind im Regelfall nicht ausreichend, eine Einlageschuld zu erfüllen. Einen Ausnahmefall nahm der BGH nicht an. Der Grund für diese restriktive Sichtweise ist der Schutz der Gläubiger der Gesellschaft bei der Kapitalaufbringung. Es soll verhindert werden, dass „irgendwelche“ Zahlungen des Gesellschafters an die Gesellschaft im Nachhinein durch einen Kapitalerhöhungsbeschluss in Einlageleistungen umqualifiziert werden, obwohl zum Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses die Leistung nicht mehr im Vermögen der GmbH vorhanden ist. Ansonsten würde dem Rechtsverkehr ein Kapital der GmbH vorgespiegelt werden, das die GmbH zum Zeitpunkt des Erhöhungsbeschlusses nicht besaß.

Da der Gesellschafter die Leistung aber offenbar auf eine Einlage erbringen wollte, ein solcher Erfolg allerdings nicht eingetreten ist, hat der Gesellschafter einen Bereicherungsanspruch gegen die Gesellschaft.

Um diesen Bereicherungsanspruch der GbR ging es bei der zweiten „verdeckten“ Einlage. Mit der weiteren Zahlung der 2. Mio. DM vom 4./15. November 2000 liegt nach Auffassung des BGH eine verschleierte Sacheinlage vor. Nach außen leistete der Gesellschafter „scheinbar“ eine Barzahlung in Form der 2 Mio. DM. Tatsächlich wurde diese Leistung allerdings von der GmbH dazu verwendet, den Kredit der GbR bei der T-KG in gleicher Höhe zu tilgen. Bei wirtschaftlicher Betrachtung – so der BGH – hat der Gesellschafter keine Bareinlage in Höhe von 2 Mio. DM geleistet, sondern seinen Bereicherungsanspruch aus der ersten (fehlgeschlagenen) Einlageverpflichtung eingebracht. Dieser Bereicherungsanspruch kann allerdings gemäß § 19 Abs. 4 GmbHG die Einlageverpflichtung des Gesellschafters nur insoweit tilgen als der Bereicherungsanspruch der GbR werthaltig war.

Zu dieser Werthaltigkeit haben das Berufungsgericht und auch das Landgericht keine Feststellungen getroffen. Der BGH kann als Revisionsgericht diese tatsächlichen Feststellungen nicht vornehmen. Aus diesem Grund hob der BGH die Entscheidung das Berufungsgericht auf und wies die Angelegenheit an das Berufungsgericht zurück.

Fazit: Kapitalerhöhungsmaßnahmen sind mit äußerster Vorsicht durchzuführen. Leistungen des Gesellschafters müssen ausdrücklich auf eine Einlageverpflichtung erbracht werden. Vorleistungen und verschleierte Sacheinlagen sollten vermieden werden. Wenn verschleierte Sacheinlagen notwendig sind, muss jedenfalls dafür Sorge getragen werden, dass die Werthaltigkeit des „verschleierten“ Gegenstandes bewiesen werden kann. Hierfür sollten sinnvollerweise Unterlagen vom Zeitpunkt der Kapitalmaßnahme vorgehalten werden, aus denen sich die Werthaltigkeit ableiten lässt.

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