Wir hatten uns bereits im Mai-Heft des vergangenen Jahres mit datenschutzrechtlichen Fragen beim Betrieblichen Eingliederungsmanagement befasst. Das Arbeitsgericht Bonn hatte die Ansprüche des Betriebsrats auf Weitergabe von Namen und Fehlzeiten nach § 84 Abs. 2 S. 7 SGB IX bejaht. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts wurde nun vom BAG im Rahmen eines Sprungrechtsbeschwerdeverfahrens bestätigt (BAG, Beschluss v. 07.02.2012 – 1 ABR 46/10). Die Kernaussagen des BAG möchten wir hier für die Praxis vorstellen. Hinsichtlich des Sachverhaltes verweisen wir auf die ausführliche Darstellung im Mai-Heft des letzten Jahres.
I. Überwachungspflicht des Betriebsrats
Der Betriebsrat hat nach § 84 Abs. 2 S. 7 SGB IX u.a. darüber zu wachen, dass der Arbeitgeber die ihm nach § 84 SGB IX obliegenden Verpflichtungen erfüllt. Dem Betriebsrat steht ohnehin nach § 80 Abs. 1 BetrVG eine Überwachungsaufgabe zu. Diese Überwachungsaufgabe ist weder von einer zu besorgenden Rechtsverletzung des Arbeitgebers beim Normvollzug noch vom vorliegen besonderer Mitwirkungs- oder besonderer Mitbestimmungsrechte abhängig. Hieraus folgt regelmäßig eine zweistufige Prüfungdaraufhin, ob überhaupt (1.) eine Aufgabe des Betriebsrats gegeben und ob (2.). im Einzelfall die begehrte Information zu ihrer Wahrnehmung erforderlich ist.
II. Anonymisierte Unterrichtung reicht nicht aus
Ein anonymisiertes Mitarbeiterverzeichnis lässt nur die bloße Anzahl der Arbeitnehmer erkennen, welche die Voraussetzungen für ein BEM erfüllen. Für die Überwachung, ob der Arbeitgeber das Verfahren entsprechend seiner gesetzlichen Initiativlast auch einleitet, ist die bloße Kenntnis der Anzahl der für einen BEM in Frage kommenden Arbeitnehmer unzureichend. Mangels Kenntnis des konkreten Arbeitnehmers kann der Betriebsrat nicht durch Nachfrage überprüfen, ob der Arbeitgeber überhaupt die Durchführung eines BEM angeboten und den Arbeitnehmer ordnungsgemäß belehrt hat.
III. Keine Zustimmungspflicht der betroffenen Arbeitnehmer
Die Überwachungsaufgabe des Betriebsrats ist nicht von einer vorherigen Einwilligung der betroffenen Arbeitnehmer abhängig. Der Gesetzeswortlaut enthält eine entsprechende Einschränkung also nicht. Das Beteiligungsrecht aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG dient der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Normvollzugs durch den Arbeitgeber. Seine Wahrnehmung steht nach der Konzeption des BetrVG nicht zur Disposition der Arbeitnehmer.
Etwas anderes kann auch nicht aus § 84 Abs. 2 S. 1 SGB IX abgeleitet werden. Das Gesetz zwingt den betroffenen Arbeitnehmer nicht, ein BEM durchführen, sondern verpflichtet lediglich den Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer unter den gesetzlich normierten Voraussetzungen ein BEM anzubieten. Die erforderliche Zustimmung der betroffenen Person bezieht sich aber nur auf den Klärungsprozess, nicht auf die vorhergehende Phase, die mit dem Zugang des Angebots über die Durchführung des BEM beim Arbeitnehmer endet. Für diesen Teil des BEM hat der Gesetzgeber kein Zustimmungserfordernis normiert.
IV. Keine entgegenstehenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen
Datenschutzrechtliche Bestimmungen stehen der quartalsweisen Herausgabe nicht entgegen. Das Erheben von Daten über die krankheitsbedingten Fehlzeiten durch den Arbeitgeber und ihre Übermittlung an den Betriebsrat ist auch bei fehlender Einwilligung der betroffenen Arbeitnehmer nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG zulässig. Die Durchführung eines BEM gehört zu den gesetzlichen Pflichten des Arbeitgebers auf dem Gebiet des Datenrechts. Die Erhebung der Krankheitsdaten ist erforderlich, damit der Arbeitgeber die ihm obliegenden Pflichten erfüllen kann.
Fazit:
Das Datenschutzrecht dient oftmals pauschal dazu, Ansprüche auf Herausgabe von Daten abzuwehren. Die Entscheidung des BAG ist daher erfreulich und zu begrüßen. Der Arbeitgeber muss seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen. Diese Verpflichtungen können nicht über den Umweg des Datenschutzrechts umgangen werden.
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