05.12.2012

Die Rückforderung von Zuwendungen bei Gütertrennung ist eine häufig anzutreffende Situation. Geradezu lehrbuchhaft sind zwei Entscheidungen des BGH vom 27. Juni 2012, die Zuwendungen innerhalb derselben Ehe betrafen.

Der Ausgangssachverhalt beider Entscheidungen ist  gleich: Die Parteien heirateten im Mai 1990. Vor Eheschließung vereinbarten die Parteien in einem Ehevertrag u.a. Gütertrennung. Der Ehemann hat ein erhebliches Vermögen von 10 Mio. DM geerbt. Nach Eheschließung gebar die Ehefrau einen Sohn. Die Parteien trennten sich im September 2003, in 2006 erfolgte die rechtskräftige Scheidung. Zwischenzeitlich stellte ein Gericht rechtskräftig fest, dass der im Dezember 1991 geborene Sohn nicht von dem Ehemann abstammt. Die beiden Entscheidungen des BGH vom 27. Juni 2012 betrafen insgesamt drei Zuwendungen des Ehemannes an die Ehefrau während der Ehezeit.

In der Entscheidung XII ZR 203/09 begehrte der Ehemann die Erstattung eines Kaufpreisanteils in Höhe von 115.000,00 € von der Ehefrau. Die Parteien erwarben im Juli 2000 eine Grundstückshälfte. Der Ehemann leistete den Kaufpreis von 700.000,00 DM. Dieser Kaufvertrag wurde rückabgewickelt. Der Ehemann erhielt einen Kaufpreisanteil in Höhe von 175.000,00 € zurück; die Ehefrau einen Kaufpreisanteil in Höhe von 115.000,00 €. Über diesen Kaufpreisanteil stritten die Parteien. Das Landgericht hat die Klage des Ehemannes abgewiesen; die Berufung des Ehemannes hatte Erfolg. Auf die Revision der Ehefrau wurde die Entscheidung des OLG wieder aufgehoben. Das Berufungsgericht nahm an, dass die Vaterschaft des Ehemannes für den Sohn Geschäftsgrundlage für die Vermögenszuwendung gewesen sei. Der BGH widersprach dem. Die Vermögenszuwendung sei – vom OLG zutreffend festgestellt – die Befreiung von der Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises mit konkludentem Verzicht auf den Ausgleich im Innenverhältnis. Der BGH sah in dieser Zuwendung eine Schenkung. Geschäftsgrundlage dieser Schenkung könne aber nicht die Vorstellung des Ehemannes gewesen sein, dass das Kind von ihm abstamme. Der Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils habe keinen Bezug zu dem Kind; insbesondere ging es dem Ehemann nicht darum, das Kind unmittelbar oder mittelbar zu begünstigen. Denkbar sei allerdings eine Anfechtung der Schenkung wegen arglistiger Täuschung, da die Ehefrau den Ehemann von der Möglichkeit einer anderweitigen Vaterschaft des Sohnes nicht aufgeklärt habe. Hierzu fehlte allerdings schon das Vorliegen einer Anfechtungserklärung.

In der Entscheidung XII ZR 47/09 begehrte der Ehemann von der Ehefrau die Rückzahlung von 270.000,00 € sowie 80.000,00 € wegen zweier von der Ehefrau mit diesen Mitteln erworbenen Immobilien. Im Jahr 2001 erwarb die Ehefrau eine Eigentumswohnung in Augsburg zum Preis von 103.000,00 DM, welche sie später für 80.000,00 € veräußerte. In 2002 erwarb die Ehefrau ein Hausgrundstück in München zu einem Kaufpreis von 270.000,00 €. Nach Trennung der Parteien zog die Ehefrau mit dem Kind in diese Immobilie. Aus den Verträgen ergibt sich, dass diese Immobilie auch für den Sohn angeschafft wurde, damit dieser angemessen wohnen kann. Der Ehemann hat diese Zuwendungen nach Kenntnis der fehlenden Vaterschaft wegen arglistiger Täuschung angefochten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; auch die Berufung des Ehemannes hatte keinen Erfolg. Der BGH hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache an das Berufungsgericht zurück. Ebenso wie in dem Parallelfall bewertete der BGH die Zuwendungen als Schenkungen. Eine Rückforderung dieser Schenkungen wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage komme jedenfalls bei der Schenkung der Immobilie in München in Betracht, die von der Ehefrau sowie dem (vermeintlichen) Sohn bewohnt wird. Aus den Verträgen ergebe sich, dass die Immobilie jedenfalls auch dafür angeschafft wurde, damit der Sohn sie bewohnen kann. Die Vaterschaft des Ehemannes sei daher Geschäftsgrundlage für diese Zuwendung gewesen, welche auch für die Ehefrau erkennbar gewesen sei. Diese Geschäftsgrundlage sei mit der Kenntnis der fehlenden Vaterschaft weggefallen. Der Ehemann könne daher den von ihm zugewendeten Geldbetrag zurück verlangen. Bei der Eigentumswohnung in Augsburg komme eine Rückforderung wegen Wegfall der Geschäftsgrundlage dagegen nicht in Betracht, da diese Schenkung keinen Bezug zu dem Sohn habe und daher die Vaterschaft auch nicht Geschäftsgrundlage sein konnte. Es komme eine Rückforderung wegen Anfechtung der Schenkung aufgrund arglistiger Täuschung in Betracht. Die arglistige Täuschung der Ehefrau ist das „Unterschieben“ des Kindes, in der Rechtssprache das Unterlassen einer Aufklärung über die möglicherweise nicht vorliegende Vaterschaft des Ehemannes. Die Anfechtungserklärung des Ehemannes lag bei diesen Zuwendungen offenbar vor.

Was ist aus diesen Entscheidungen zu lernen! Eine Rückabwicklung erheblicher Zuwendungen sollte bei Gütertrennung immer in Betracht gezogen werden, wenn die Zuwendungen jedenfalls auch im Hinblick auf den Bestand der Ehe erfolgten. Für den Fall einer vermeintlichen Vaterschaft („Unterschieben eines Kindes“) kann eine Rückabwicklung zudem auch noch darauf gestützt werden, dass der vermeintliche Vater mit diesen Zuwendungen jedenfalls mittelbar auch das oder die Kinder begünstigen wollte. Letztlich sind in den Fällen des „Unterschiebens“ immer die Zuwendungen wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Die Jahresfrist ist zu beachten. Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist nämlich nur wirksam, wenn diese innerhalb eines Jahres nach Aufdeckung der Täuschung erfolgt. Der frühestmöglichen Zeitpunkt für diese Kenntnis ist das genetische Abstammungsgutachtens, der späteste Zeitpunkt die Rechtskraft des Beschlusses in dem Abstammungsverfahren. Um keine unnötigen Risiken einzugehen, sollte die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung unmittelbar nach Erhalt des genetischen Abstammungsgutachtens erfolgen.

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