02.01.2013

Die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen unterliegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht den Bestimmungen der §§ 14 ff. TzBfG. Es erfolgt vielmehr eine Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB (AGB-Kontrolle). In einer aktuellen Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht nun seine Rechtsprechung zu dieser Inhaltskontrolle und zu den Voraussetzungen einer befristeten Arbeitszeiterhöhung weiter präzisiert (BAG, Urteil v. 15.12.2011 – 7 AZR 394/10). Das Urteil konkretisiert und erhöht die Anforderungen für die betriebliche Vertragspraxis.

Der Fall (verkürzt):

In dem Rechtsstreit streiten die Parteien über die Wirksamkeit einer befristeten Erhöhung der Arbeitszeit. Die klagende Arbeitnehmerin ist bei dem beklagten Land als Justizbeschäftigte in einem Amtsgericht tätig. Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) und diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge. Die Parteien vereinbarten nach der Rückkehr der Klägerin aus dem Erziehungsurlaub eine Weiterbeschäftigung mit 1/2 der regelmäßigen Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Angestellten. In der Folgezeit stockten sie die Arbeitszeit der Klägerin in mehreren Ergänzungsverträgen ab 1994 immer wieder in unterschiedlicher Höhe auf.

In § 1 des letzten Ergänzungsvertrages vom 19. Dezember 2008 ist u.a. bestimmt:

Der … vereinbarte Beschäftigungsumfang wird ab dem 01.01.2009 bis zum 31.03.2009 um 4/8 der jeweiligen durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines entsprechenden Vollbeschäftigten erhöht, und zwar wegen Vorliegen des folgenden sachlichen Grundes:

Vorübergehend freie Haushaltsmittel (§ 6 Abs. 8 HG NRW)

aus dem befristet nutzbaren Stellenanteilen des BKS-Dienstes Vergütungsgruppe Vc BAT (= Entgeltgruppe 8 TV-L) des Amtsgerichts R der Justizbeschäftigten E.

Die Klägerin macht mit ihrer beim Arbeitsgericht erhobenen Klage die Unwirksamkeit der Befristung der Arbeitszeiterhöhung geltend. Im Einzelnen beruft sie sich auf die fehlende Beteiligung des Personalrats, der zu Unrecht erfolgten Bevorzugung bei der dauernden Arbeitszeiterhöhung einer anderen Mitarbeiterin sowie einer intransparenten „Verschiebepraxis“ freier Stellenanteile.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die befristete Arbeitszeiterhöhung sei aus unterschiedlichen Gründen gerechtfertigt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht die Entscheidung des Arbeitsgerichts bestätigt.

Die Entscheidung:

In der Revision hat das Bundesarbeitsgericht die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und den Rechtsstreit nochmals zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

I. Inhaltskontrolle und keine Befristungskontrolle

Die Befristung einer Arbeitszeiterhöhung ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB. Dabei gilt nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB, dass bei Verbraucherverträgen diese Inhaltskontrolle auch dann anzuwenden ist, wenn der Vertrag nur zur einmaligen Verwendung bestimmt ist und soweit der Verbraucher (= der Arbeitnehmer) aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Es kommt also nicht darauf an, ob der Vertrag für eine Vielzahl von Verträgen Anwendung gefunden hat.

Die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB verdrängt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Befristungskontrolle nach den §§ 14 ff. TzBfG. Die Vorschriften des TzBfG sind auf die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen nicht – auch nicht entsprechend – anwendbar.

II. Inhalt der AGB-Kontrolle

Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Es bedarf einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen. Es ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Zu berücksichtigen sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände.

III. Sachgrund aber von Bedeutung!

Das BAG unterscheidet zwar sehr streng zwischen der AGB-Kontrolle und der Sachgrundkontrolle, weist aber immer wieder auf Folgendes hin: Liegt der Befristung einer Arbeitszeiterhöhung ein Sachverhalt zugrunde, der die Befristung eines Arbeitsvertrages insgesamt mit einem Sachgrund i.S.v. § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG rechtfertigen könnte, überwiegt in aller Regel das Interesse der Arbeitgebers an der nur befristeten Erhöhung der Arbeitszeit das Interesse des Arbeitnehmers an der unbefristeten Vereinbarung des Arbeitszeitumfangs. Dies ergibt sich nach Auffassung des BAG aus den im TzBfG zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertungsmaßstäben.

Hinweis für die Praxis:

Wir können der Praxis nur empfehlen, die Befristung von Arbeitsbedingungen nur dann zu vereinbaren, wenn diese Befristung auch tatsächlich eine Befristung des gesamten Arbeitsvertrages rechtfertigen würde. In allen anderen Fällen verbleiben Unsicherheiten. Im Übrigen ist darauf zu achten, ob nicht ein spezieller Sachverhalt nach § 9 TzBfG vorliegt, also ein Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit. In einem solchen Fall könnte selbst ein vorliegender sachlicher Grund nicht für die Befristung ausreichen.

IV. Besonderheiten bei der Erhöhung der Arbeitszeit in einem erheblichen Umfang

Wird die Arbeitszeit befristet sogar in einem erheblichen Umfang erhöht, verlangt das Bundesarbeitsgericht nunmehr immer (!) einen sachlichen Grund. Dies folge aus der dem TzBfG zugrunde liegenden Wertung, dass der unbefristete Vertrag der Normalfall und der befristete Vertrag die Ausnahme sei. Dies gelte dann auch für die Vereinbarung des Umfangs der Arbeitszeit. Das schützenswerte Interesse des Arbeitnehmers an der unbefristeten Vereinbarung des Umfangs seiner Arbeitszeit werde umso mehr beeinträchtigt desto größer der Umfang der vorübergehenden Arbeitszeitsaufstockung sei. Bei einer solchen Vertragsgestaltung könne der Arbeitnehmer seinen Lebensstandard nicht mehr mit weitgehender Sicherheit kalkulieren und sich an einem etwa gleichbleibenden Einkommen ausrichten. Bei einem erheblichen Umfang könne man der Sache nach eine befristete Aufstockung der Arbeitszeit kaum noch vom Abschluss eines zusätzlichen befristeten Arbeitsvertrages unterscheiden; letzterer unterfalle aber ohnehin unmittelbar der Befristungskontrolle nach dem TzBfG.

Hinweis für die Praxis:

Das Bundesarbeitsgericht ist hier sehr streng und auch etwas inkonsequent. Einerseits wird deutlich daran festgehalten, dass die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen nicht dem TzBfG unterfalle, sondern sich allein nach den §§ 305 ff. BGB richte. Andererseits wird nun aber dennoch bei einer befristeten Arbeitszeiterhöhung in einem erheblichen Umfang ein Sachgrund gerade nach dem TzBfG gefordert. Die Angemessenheitskontrolle nach dem BGB ist aber weniger streng, so dass hier verbleibender Spielraum abgeschnitten wird. Unklar ist auch, wann ein solcher erheblicher Umfang bejaht wird. Klare Kriterien hat das BAG hierzu nicht aufgestellt. Es bleibt daher bei der schon oben ausgesprochenen Empfehlung, die Befristung von Arbeitsbedingungen regelmäßig nur dann zu vereinbaren, wenn die Befristung auch einer strengen Sachgrundkontrolle nach dem TzBfG standhalten wird.

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sprechblasen

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Kontakt aufnehmen