12.11.2013 -

In der Praxis kommt es immer wieder zur Übernahme von Weiterbildungskosten durch den Arbeitgeber. Dieser erwartet im Gegenzug vom Arbeitnehmer, dass dieser im Anschluss an die Weiterbildung für eine gewisse Zeit das Arbeitsverhältnis nicht kündigt. Für den Fall der vorherigen Kündigung durch den Arbeitnehmer wird mitunter vor der Weiterbildung eine Vereinbarung über die zumindest anteilige Rückzahlung der Weiterbildungskosten getroffen. Die Wirksamkeit solcher Rückzahlungsklauseln war bereits des Öfteren Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Auch in diesem Fall war zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer streitig, ob der Arbeitnehmer aufgrund seiner vorzeitigen Kündigung anteilig die Weiterkosten zurückzahlen muss. Dies hat das Bundesarbeitsgericht wegen Intransparenz der Rückzahlungsklausel abgelehnt (BAG, Urteil v. 06.08.2013 – 9 AZR 442/12).

Der Fall:

Bei der Klägerin, die Krankenhäuser betreibt, beschäftigte den Beklagten bis zum 31. Dezember 2010 als Gesundheits- und Krankenpfleger. Der Beklagte bewarb sich erfolgreich bei der Klägerin um eine Weiterbildung zum Fach- und Gesundheitspfleger in der Psychiatrie. Die Parteien vereinbarten daraufhin eine „Nebenabrede zum Arbeitsvertrag“, welche die Klägerin in dieser Form auch bei anderen von ihr angebotenen Weiterbildungsmaßnahmen verwendete. Die Nebenabrede enthielt unter anderem die folgenden Regelungen:

(1) Im Rahmen der nachfolgend genannten Weiterbildung ‚Fachpflege Psychiatrie’ wird die Arbeitgeberin den Mitarbeiter für den Besuch des Lehrgangs freistellen und die Lehrgangsgebühren übernehmen.

(2)Der Mitarbeiter verpflichtet sich, die der Arbeitgeberin entstandenen Aufwendungen für die Weiterbildung, einschließlich der Lohnfortzahlungskosten – wie nachfolgend beschrieben – zu ersetzen, wenn das Arbeitsverhältnis auf Wunsch des Angestellten oder aus einem von ihm zu vertretenden Grunde endet. Ausgenommen ist die Kündigung bzw. der Auflösungsvertrag aufgrund einer Schwangerschaft oder Niederkunft in den letzten drei Monaten. Endet das Arbeitsverhältnis wie oben beschrieben, dann sind

– im ersten Jahr nach Abschluss des Lehrgangs die gesamten Aufwendungen,

– im zweiten Jahr nach Abschluss des Lehrgangs zwei Drittel der Aufwendungen,

– im dritten Jahr nach Abschluss des Lehrgangs ein Drittel der Aufwendungen zurückzuzahlen.

Der Beklagte nahm an der zweijährigen Weiterbildungsmaßnahme bis zum 7. Mai 2008 teil. Er kündigte schließlich das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2010. Die Klägerin forderte ihn daraufhin auf, ein Drittel der von ihr für seine Weiterbildung aufgewandten Kosten in Höhe von 9.346,28 € zu ersetzen. Nachdem der Beklagte dieser Forderung nicht nachkam, erhob die Klägerin Klage und verlangte zuletzt 6.212,94 € vom Beklagten. Die in der ersten Instanz noch erfolgreiche Klage wurde in der zweiten Instanz abgewiesen.

Die Entscheidung:

Im Revisionsverfahren hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der Weiterbildungskosten hat, da die vereinbarte Klausel wegen Intransparenz und Benachteiligung des Beklagten unwirksam ist.

Bestimmbarkeit der zurückzuzahlenden Kosten im Zeitpunkt des Vertragsschlusses

Weil die Klägerin diese Nebenabrede auch bei anderen Weiterbildungsmaßnahmen verwendete, handelte es sich dabei um eine allgemeine Geschäftsbedingung, die besonderen gesetzlichen Anforderungen genügen muss. Sie muss insbesondere transparent, also bestimmt genug sein, damit der Vertragspartner, hier der Arbeitnehmer, erkennen kann, welche Rechtsfolgen damit verbunden sind. Insbesondere dürfen für den Arbeitgeber als Verwender dieser Klauseln keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen.

Die Klausel der Klägerin genügte diesen Anforderungen nicht, da sie vermeidbare Spielräume bei der Bestimmung der vom Arbeitnehmer zu erstattenden Kosten enthielt. Dies betraf sowohl die Angabe, welche Kosten gemeint waren, als auch in welcher Höhe sie hätten anfallen können. So war beispielsweise unklar, ob die Rückzahlungsverpflichtung auf die Netto- oder die Bruttosumme gerichtet war und ob neben den reinen Lehrgangsgebühren auch Fahrt-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten hätten erstattet werden müssen. Dabei wäre es in diesem Fall der Klägerin möglich gewesen, die Kosten genauer zu beziffern. Eine von ihr „überschlägig“ durchgeführte Berechnung vor Antritt der Ausbildungsmaßnahme genügte nicht, da schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Kosten so genau wie möglich zu bezeichnen sind und nicht erst später.

Auch aus den in diesem Fall anwendbaren Sonderregelungen nach SR 2a BAT-KF aF ergab sich kein Anspruch der Klägerin, da deren Voraussetzungen nicht vorlagen.

Hinweis für die Praxis:

Diese Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts überrascht nicht, denn sie bestätigt die bisherige Rechtsprechung. Sie macht deutlich, dass es das Risiko des Verwenders von allgemeinen Geschäftsbedingungen (hier in Person der Arbeitgeberin) ist, wenn diese nicht bestimmt genug und damit unwirksam sind. Für die Praxis ist daher zu empfehlen, Rückzahlungsvereinbarungen nicht schon im Arbeitsvertrag, sondern erst konkret für die jeweilige Weiterbildung zu vereinbaren. Dabei sind die Kosten, die im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer zurückgezahlt werden müssen, so genau wie möglich aufzuführen. Das umfasst insbesondere die einzelnen Posten, deren jeweilige Höhe und die Angabe, ob es sich dabei um einen Brutto- oder Nettobetrag handelt. Von einer lediglich überschlägigen Berechnung ist vor dem Hintergrund dieser Entscheidung abzuraten.

Verfasser: Daniel Apelt (Rechtsanwalt, Büro Bonn)

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