02.01.2014 -

Immer wieder kommt es zu neuen Fragestellungen im Zusammenhang mit Betriebsübergängen, die von der Rechtsprechung zu lösen sind. So hatte sich das Bundesarbeitsgericht nun mit der Problematik auseinanderzusetzen, wie Arbeitnehmer bei einem Betriebsteilübergang zugeordnet werden, dem übergegangenen Betriebsteil oder dem verbleibenden Betrieb (BAG, Urteil v. 24.01.2013 – 8 AZR 706/11). Die ausführliche Entscheidung des BAG befasst sich auch mit vielen anderen rechtlichen Fragen, so dass wir uns an dieser Stelle allein auf die hier interessierende Frage der Zuordnung der Arbeitnehmer beschränken.

I. Problemstellung

Ein Betriebsübergang nach § 613a BGB kommt nicht nur für den gesamten Betrieb in Frage, sondern die Vorschrift greift ausdrücklich auch für Betriebsteile, soweit diese abgrenzbar sind. Die Rechtsprechung fordert hier eine selbständig abtrennbare organisatorische Einheit, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wird. Das Merkmal des Teilzwecks dient zur Abgrenzung der organisatorischen Einheit. Im Teilbetrieb müssen keine andersartigen Zwecke als im übrigen Betrieb verfolgt werden. Liegt ein solcher Betriebsteil vor, sind die dort beschäftigten Arbeitnehmer diesem Betriebsteil zuzuordnen. Es gibt aber immer wieder Fälle, in denen Mitarbeiter nicht eindeutig zuzuordnen sind, z.B. weil sie für verschiedene Betriebsteile tätig sind oder aber übergreifende Arbeiten ausüben. Damit stellt sich die relevante Frage, wie diese Mitarbeiter zu behandeln sind und welchem Betrieb bzw. Betriebsteil sie zuzuordnen sind.

II. Einbindung in Strukturen

Das Bundesarbeitsgericht fordert zunächst die tatsächliche Eingliederungin den maßgeblichen Betriebsteil. Der Mitarbeiter muss dort also seine Arbeiten verrichten und für den jeweiligen Teilzweck tätig sein. Damit ist es nicht ausreichend, wenn er Tätigkeiten lediglich für den übertragenen Teil verrichtet, ohne in dessen Struktur eingebunden zu sein.

III. Vertragliche Vereinbarungen nicht maßgeblich

Vereinbarungen zwischen Betriebsveräußerer und Betriebserwerber sind hingegen nicht ausschlaggebend. Vertragliche Vereinbarungen berühren nicht die erforderliche tatsächliche Eingliederung. Gleiches gilt für die Ausübung des Direktionsrechts in diesem Zusammenhang, nur um für den Betriebsübergang die Mitarbeiter zuzuordnen. Das Bundesarbeitsgericht lässt diese einseitigen Maßnahmen nicht genügen.

IV. Übereinstimmende Zuordnungsentscheidung zulässig

Möglich ist aber die zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber getroffene übereinstimmende Zuordnungsentscheidung. Der Wille der Beteiligten ist stets beachtlich, sofern der Arbeitnehmer selbst eingebunden ist.

Abzustellen ist ferner auch auf objektive Kriterien, also auf den Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers.

Fazit:

Das Bundesarbeitsgericht stellt damit allein auf die tatsächlichen Verhältnisse ab. Vereinbarungen anlässlich des Betriebsübergangs zwischen Betriebserwerber und Betriebsveräußerer können diese tatsächlichen Verhältnisse nicht mehr abändern. Dies würde eine Umgehung darstellen. Anders dürfte es zu beurteilen sein, wenn Mitarbeiter längere Zeit vor einem Betriebsübergang durch Ausübung des Direktionsrechts bestimmten Betriebsteilen zugeordnet werden und sie dann dort tatsächlich auch ihre Arbeit verrichten. Dann sind sie dort auch tatsächlich eingegliedert und wenn es später zu einem Betriebsübergang kommt, bleiben sie diesem Betriebsteil zugeordnet. Zulässig sind schließlich Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, denn die übereinstimmenden Willensentscheidungen der Arbeitsvertragsparteien sind zu beachten.

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