26.02.2003 -

Am 01.01.2003 sind das Erste und Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Hartz I und II) in wesentlichen Teilen in Kraft getreten, nachdem im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag noch Änderungen an den ursprünglichen Gesetzentwürfen vorgenommen worden waren.

1.             Erstes Gesetz für moderne Dienstleistungen

a)  Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsrechts

         Nach § 3 Nr. 3 AÜG kann die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung oder deren Verlängerung nunmehr versagt werden, wenn Leiharbeitnehmern für die Zeit der Überlassung an ein fremdes Unternehmen nicht die im wesentlichen gleichen Arbeitsbedingungen (einschließlich des Arbeitsentgelts) wie einem vergleichbaren  Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb gewährt werden. Entgegenstehende Vereinbarungen sind nur auf der Grundlage eines Tarifvertrages möglich. Eine Ausnahme wird vom Gesetz im übrigen dann zugelassen, wenn der verliehene Arbeitnehmer zuvor arbeitslos war. Dann kann der Verleiher für die Dauer von 6 Wochen die Nettovergütung auf das zuletzt bezogene Arbeitslosengeld beschränken.

         Tragen die zwischen dem verleihenden Unternehmen und dem Leiharbeitnehmer geschlossenen Vereinbarungen der Vorschrift des § 3 Nr. 3 AÜG nicht Rechnung, sind die getroffenen Absprachen unwirksam.

         Die neue gesetzliche Regelung ist aufgrund einer Übergangsregelung grundsätzlich erst auf Leiharbeitsverhältnisse anzuwenden, die nach dem 31.12.2003 begründet werden. Sie läßt es nur noch zu, dass Verleiher ihre Dienste  zu den gleichen Bedingungen wie die Entleiherunternehmen anbieten, was ihnen die notwendige, insbesondere auch wirtschaftliche Flexibilität raubt. Es ist daher auch kaum zu erwarten, dass die Neuerungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) tatsächlich dazu beitragen werden, durch Zeit- und Leiharbeit neue Arbeitsplätze zu schaffen.

b)  Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG)

Bislang war es möglich, mit einem Arbeitnehmer, der bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 58. Lebensjahr vollendet hatte, ein befristetes Arbeitsverhältnis abzuschießen, ohne die zeitliche Begrenzung sachlich rechtfertigen zu müssen Die Altersgrenze ist nunmehr auf das 52. Lebensjahr herabgesetzt worden.

c)  Frühzeitige Arbeitssuche

Der neu geschaffene § 37b Sozialgesetzbuch (SGB) III, der erst zum 01.07.2003 in Kraft tritt, verpflichtet nunmehr jeden  Mitarbeiter, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts seines Arbeitsverhältnisses beim Arbeitsamt arbeitssuchend zu melden. Ein Verstoß gegen die Meldepflicht führt zur Minderung seines Arbeitslosengeldes. 

d)  Arbeitslosenversicherungsrechtlichen Neuerungen

Dem Arbeitslosen droht unter bestimmten Voraussetzungen das Ruhen seines Arbeitslosengeldes (Sperrzeit). Insbesondere wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis selbst gelöst oder durch vertragswidriges Verhalten Anlass für die Beendigung gegeben hat,  muss er mit einer solchen Sanktion rechnen. Hieran hat sich auch im Rahmen der gesetzlichen Neureglung nichts geändert.

Allerdings ist die Sperrzeitreglung nun differenzierter ausgestaltet als bisher. Das starre „Alles-oder-Nichts-Prinzip“, nämlich eine 12-wöchige Sperrzeit oder keine, ist zugunsten gefächerter, nach verschiedenen Sachverhalten geordneter Sperrzeiten aufgegeben worden, die in ihrer Dauer von 3 über 6  bis zu 12 Wochen reichen können.

Die Zumutbarkeit für die Annahme einer anderweitigen Beschäftigung ist insoweit verschärft worden, als sich der Arbeitslose nun in stärkerem Maße umzugsbereit zeigen muss.

e)  Personal-Service-Agenturen

Jedes Arbeitsamt hat jetzt für die Einrichtung mindestens einer Personal-Service-Agentur zu sorgen, die insbesondere eine Arbeitnehmerüberlassung zur Vermittlung von Arbeitslosen in Arbeit durchführen sowie Beschäftigte in verleihfreien Zeiten qualifizieren soll.

2.             Zweites Gesetz für moderne Dienstleistungen

a)   Minijobs

Die Neuregelung der Mini-Jobs tritt wegen Umstellungs- und Programmierbedarf für die Arbeitgeber, die Sozialversicherung und die Steuerbehörden erst zum 01.04.2003 in Kraft.

Die Entgeltgrenze für Geringfügigbeschäftigte wird dann von 325,00 € auf 400,00 € monatlich angehoben. Die bislang geltende zeitliche Grenze von 15 Wochenstunden entfällt. Der Arbeitgeber hat für geringfügig Beschäftigte ab dem 01.04.2003 Pauschalabgaben in Höhe von insgesamt 25 % zu entrichten. Davon entfallen auf die Rentenversicherung 12 %, auf die Krankenversicherung 11 % – mit einer Aufstockungsoption für Arbeitnehmer – sowie eine Pauschalsteuer mit Abgeltungswirkung in Höhe von 2 % (einschließlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag). Die Pauschalbeiträge und die Pauschalsteuer sollen an eine gemeinsame Stelle abgeführt werden. Aufgabe dieser Einzugsstelle ist es, die den Sozialversicherungsträgern und der Finanzverwaltung zustehenden Teilbeträge zu verteilen.

Bei Minijobs in Privathaushalten betragen die Pauschalabgaben des Arbeitgebers zukünftig 12 %. Hiervon entfallen jeweils 5 % auf die Renten- und die Krankenversicherung sowie 2 % auf eine Pauschalsteuer (einschließlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag). Auch hier sollen Pauschalbeiträge und Steuern an eine Einzugsstelle abgeführt werden.

Haushaltsdienstleistungen sollen künftig steuerlich in unterschiedlicher Höhe gefördert werden: Für Aufwendungen eines privaten Haushaltes bei Minijobs in Höhe von 10 %, höchstens 510,00 €; für sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse in privaten Haushalten in Höhe von 12 %, höchstens 2.400,00 €; für den Einkauf von Haushaltsdienstleistungen durch einen privaten Haushalt (z.B. Dienstleistungsagenturen) in Höhe von 20 % (höchstens 600,00 €).

Wie nach bisherigem Recht sollen geringfügige Beschäftigungen sowohl im gewerblichen als auch im Privathaushalt zusammengerechnet werden. Dies führt zur Versicherungspflicht bei Überschreitung des Grenzwertes von 400,00 €; bei zusammengerechneten Entgelten zwischen 400,00 und 800,00 € gilt allerdings eine Sonderregelung für die sogenannte Gleitzone. Versicherungspflichtige Hauptbeschäftigungen werden mit geringfügigen Beschäftigungen zusammengerechnet. Eine Nebenbeschäftigung bis zu 400,00 € soll allerdings anrechnungsfrei bleiben.

Die sogenannte Gleitzone wird oberhalb von 400,00 € bis zur Grenze von 800,00 € eingeführt. Oberhalb von Arbeitsentgelten von 400,00 € besteht danach Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. Hier setzt der volle Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung für das gesamte Arbeitsentgelt ein. Für Arbeitsentgelte zwischen 400,00 und 800,00 € steigt der vom Arbeitnehmer für das gesamte Arbeitsentgelt zu zahlende Anteil linear bis zum vollen Arbeitnehmeranteil an. Ab einem Arbeitsentgelt von 400,01 € erfolgt eine individuelle Besteuerung.

 

Sollte eine Nebenbeschäftigung mit 400,01 bis 800,00 € neben einer versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung von mehr als 800,00 € ausgeübt werden, so gelten die Regelungen für die Gleitzone für die Nebenbeschäftigung nicht; hier werden Beiträge auf das zusammengerechnete Entgelt erhoben.

b)      Ich-AG

Mit dem neuen § 421 l SGB III wird Arbeitnehmern, die durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, ein monatlicher Existenzgründungszuschuss bis zu 3 Jahren gewährt und jeweils längstens für 1 Jahr bewilligt. Der Zuschuss für die Ich-AG beträgt im ersten Jahr nach Beendigung der Arbeitslosigkeit monatlich 600,00 €, im zweiten Jahr monatlich 360,00 € und im dritten Jahr monatlich 240,00 €. Überschreitet das Arbeitseinkommen im Jahr 25.000,00 €, so kann nach Ablauf des bewilligten Zeitraums der Zuschuss nicht mehr erbracht werden, d.h. er entfällt für die Zukunft.

Die Förderung nach § 421 l SGB III ist bis zum 31.12.2005 befristet. Ab dem 01.01.2006 ist diese Regelung nur noch anzuwenden, wenn der Anspruch auf Förderung vor diesem Tag bestanden hat.

Nach § 7 Abs. 4 SGB IV wird für Personen, die einen Existenzgründungszuschuss beantragen, widerlegbar – für die Dauer des Zuschusses sogar unwiderlegbar – vermutet, dass sie in dieser Tätigkeit als Selbständige tätig sind. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass Existenzgründer bei Bezug eines Zuschusses nach § 421 l SGB III als Selbständige der gesetzlichen Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterliegen (§ 2 S. 1 Nr. 10 SGB VI).

c)  Scheinselbständigkeit

Die Regelung zur Scheinselbständigkeit im Übrigen, wonach unter bestimmten Voraussetzungen vermutet wird, dass eine abhängige Beschäftigung vorliegt, sollen mit dem 01.04.2003 aufgehoben werden.

 

Verfasserin: Rechtsanwältin Ebba Herfs-Röttgen, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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