26.05.2014 -

Kündigungsberechtigt ist der Arbeitgeber, also die Geschäftsführung bzw. das vertretungsberechtigte Organ einer Gesellschaft. Alle anderen Personen benötigen eine Vollmacht. Wird der Kündigung eine Originalvollmacht nicht beigefügt, kann eine Kündigung nach § 174 BGB unverzüglich zurückgewiesen werden. Dies führt zur Unwirksamkeit der Kündigung! Diese oft unbekannte Vorschrift führt in der Praxis immer wieder zu bösen Überraschungen. Das Landesarbeitsgericht Köln hat dies in einer aktuellen Entscheidung erneut bestätigt (LAG Köln, Urteil v. 13.08.2013 – 11 Sa 1099/12). Die wichtige Entscheidung möchten wir für die Praxis hier vorstellen.

Der Fall (verkürzt):

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung. Der klagende Arbeitnehmer ist bereits seit Juli 1989 bei dem beklagten Unternehmen, das sich mit Abbruch- und Erdarbeiten befasst, als Kraftfahrer beschäftigt.

Das Unternehmen hat drei Geschäftsführer. Nach der Satzung der GmbH besteht Gesamtvertretung, § 35 Abs. 2 GmbHG.

Das Kündigungsschreiben war nur von einem der drei Geschäftsführer unterschrieben. Es wurde am 26. März 2012 zugestellt. Der Anwalt des Klägers wies mit Schreiben vom 29. März 2012 die Kündigung „gem. § 174 BGB“ zurück.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigung für unwirksam erklärt.

Die Entscheidung:

Im Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht die Kündigung u.a. deshalb für unwirksam erklärt, weil das Kündigungsschreiben unverzüglich nach § 174 BGB wirksam zurückgewiesen wurde.

I. Zurückweisung nach § 174 BGB

Kündigungen können nach § 174 BGB zurückgewiesen werden, wenn nicht das vertretungsberechtigte Organ selbst kündigt, sondern lediglich ein Bevollmächtigter die Kündigung ausspricht. In diesem Fall muss der Bevollmächtigte zwingend die Vollmacht der Kündigungserklärung beifügen. Wird dies unterlassen, kann der Kündigungsempfänger die Kündigung nach § 174 BGB unverzüglich zurückweisen. Die Zurückweisung ist dann unverzüglich, wenn sie regelmäßig innerhalb einer Woche nachweisbar gegenüber dem Arbeitgeber erfolgt. Kommt es zu einer wirksamen und fristgerechten Zurückweisung ist die ausgesprochene Kündigung endgültig unwirksam! Die Kündigung muss erneut ausgesprochen werden, sofern nicht wichtige Fristen bereits abgelaufen sind.

Aber: Die Zurückweisung ist dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber (= Arbeitgeber) den anderen (= Arbeitnehmer) von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte. Ein solches Inkenntnissetzen liegt dann vor, wenn der Arbeitgeber einen bestimmten Mitarbeiter in eine Position berufen hat, mit der regelmäßig das Kündigungsrecht verbunden ist. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Arbeitgeber eine Person zum Personalleiter berufen hat und dieser Personalleiter auch das Recht hat, Kündigungen auszusprechen und dies auch praktiziert. In einem solchen Fall muss der Personalleiter nicht immer wieder neu eine Vollmacht vorlegen.

Hinweis für die Praxis:

Wird eine Kündigung wegen fehlender Vollmacht nach § 174 BGB zurückgewiesen, kann auch diese Zurückweisung selbst wiederum dann von dem Empfänger (= Arbeitgeber) ebenfalls nach § 174 BGB zurückgewiesen werden, wenn nicht der Arbeitnehmer und Kündigungsempfänger selbst die Kündigung zurückweist, sondern sein bevollmächtigter Anwalt. Die Kündigungszurückweisung selbst ist nämlich ebenfalls ein Rechtsgeschäft, das man zurückweisen kann. Voraussetzung ist also, dass der Zurückweisende ebenfalls eine Originalvollmacht beifügt. Die Vorlage einer Faxvollmacht reicht nicht aus! Dies gilt für jeden Fall der Zurückweisung. Wird also eine Kündigung von einem Rechtsanwalt zurückgewiesen, ist darauf zu achten, ob diese Zurückweisung im Original und unverzüglich erfolgt ist. Andernfalls sollte man ebenfalls nochmals vorsorglich als Arbeitgeber die Zurückweisung zurückweisen.

II. Besonderheiten bei organschaftlicher Gesamtvertretung

Das Recht zur Zurückweisung nach § 174 BGB besteht nicht bei gesetzlicher bzw. organschaftlicher Vertretung. Kündigt also der Geschäftsführer als Organ einer Gesellschaft kann seine Kündigung nicht wegen fehlender Vollmacht zurückgewiesen werden. Er benötigt schlicht keine Vollmacht, da er gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft ist.

Aber: Dies gilt dann nicht, wenn im Fall organschaftlicher Gesamtvertretungsmacht ein einzelnes Organmitglied durch die übrigen Organmitglieder zur Alleinvertretung ermächtigt wird. In einem solchen Fall besteht nämlich unter den Geschäftsführern ein gegenseitiger Bevollmächtigungsfall. Auf diesen speziellen Fall wendet die Rechtsprechung dann wiederum § 174 BGB analog an. Mit anderen Worten: Sieht der Gesellschaftsvertrag Gesamtvertretung vor, also müssen z.B. immer zwei Geschäftsführer gemeinsam unterzeichnen, reicht die Unterschrift nur eines Geschäftsführers nicht aus. Der andere Geschäftsführer muss dann diesen zweiten Geschäftsführer bevollmächtigen und es muss bei Ausspruch einer Kündigung auch in einem solchen Fall zusätzlich eine Vollmacht vorgelegt werden. Dies ist in der Praxis nahezu nicht bekannt und führt immer wieder zu bösen Überraschungen.

Fazit:

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln deckt sich mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und ist rechtlich zutreffend. Sie macht aber deutlich, welche Tücken beim Ausspruch von Kündigungen zu beachten sind. Bei gesellschaftsrechtlicher Gesamtvertretung mehrerer Geschäftsführer müssen alle Geschäftsführer gemeinsam unterzeichnen. Andernfalls ist die Kündigung nach § 174 BGB unwirksam!

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