25.06.2014 -

Eine Freistellung kommt in der arbeitsrechtlichen Praxis regelmäßig vor, meistens wenn bereits eine Kündigung ausgesprochen wurde. In diesen Fällen stellt sich die Frage, wie mit noch offenen Urlaubsansprüchen des Arbeitnehmers umzugehen ist. Mit Urteil vom 16.07.2013 – 9 AZR 50/12 – hat sich das BAG mit dieser Frage auseinandergesetzt; zusätzlich gibt das BAG noch Hinweise, ob und vor allem auch wie eine Verrechnung mit Zwischenverdiensten erfolgen kann.

Fall:

Die Parteien schlossen im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses im Jahre 2008 einen Vergleich dahingehend, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2009 enden sollte. Mitte 2009 stellte der beklagte Arbeitgeber den Kläger mit folgender Formulierung frei:

„Hiermit stelle ich Sie ab 01.07.2009 unwiderruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Noch bestehende Resturlaubsansprüche werden von Ihnen in der Zeit der unwiderruflichen Freistellung in Natur eingebracht.“

 

Der Arbeitnehmer hielt die Freistellung für unwirksam und klagte auf Urlaubsabgeltung.

 

Entscheidung:

Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos. Der Resturlaubsanspruch wurde mit der Freistellungserklärung wirksam auf die Freistellungszeit angerechnet und damit gem. § 362 Abs. 1 BGB erfüllt. Ein Abgeltungsanspruch gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG konnte nicht mehr entstehen

Zunächst stellte das BAG fest, dass es unerheblich sei, ob der Arbeitgeber die genauen Tage des Urlaubs festgelegt habe. Dies sei keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Verrechnung, da die Festlegung bei einer unwiderruflichen Freistellung dem Arbeitnehmer überlassen sei. Einer nicht näher bestimmten Urlaubsfestlegung könne der Arbeitnehmer nämlich regelmäßig entnehmen, dass der Arbeitgeber es ihm überlasse, die zeitliche Lage seines Urlaubs innerhalb des Freistellungszeitraums festzulegen.

Desweiteren machte das BAG noch zwei interessante Anmerkungen:

Eine genaue zeitliche Festlegung des Urlaubszeitraums sei nur notwendig, wenn für den Arbeitnehmer ein wirtschaftliches Interesse bestehe. Dies sei vor allem dann der Fall, wenn dem Arbeitgeber die Möglichkeit verbleiben solle, einen möglichen Zwischenverdienst des Arbeitnehmers gem. § 615 S. 2 BGB auf die Vergütung für den Freistellungszeitraum anzurechnen. Deshalb obläge es dem Arbeitgeber in solch einem Fall, entweder den anrechnungsfreien Urlaubszeitraum konkret zu benennen, die Reihenfolge der Zeiträume zweifelsfrei festzulegen oder dem Arbeitnehmer auf andere Weise mitzuteilen, ob und innerhalb welcher Zeiträume die Anrechnungsvorschrift des § 615 Satz 2 BGB nicht zur Anwendung kommen solle. Wenn die Freistellungserklärung keine genaue Festlegung des Urlaubszeitraums enthalte, müsse man deshalb von einem Verzicht der Anrechnungsmöglichkeit nach § 615 Satz 2 BGB ausgehen.

Die zweite Besonderheit ist, dass das BAG davon ausgeht, dass auch eine unwirksame Freistellung zur Verrechnung der Urlaubstage führe. Rechtsfolge einer unwirksamen Freistellung sei nämlich lediglich die Möglichkeit des Arbeitnehmers, einen Beschäftigungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen.

Fazit:

Die Freistellung nach einer Kündigung bietet für den Arbeitgeber oftmals erhebliche Vorteile. So kann er vor allem verhindern, dass der gekündigte Arbeitnehmer das Betriebsklima belastet oder vertrauliche Betriebsinterna nach außen trägt, insbesondere bei Führungskräften. Durch die Entscheidung führt das BAG seine bisherige Rechtsprechung konsequent fort, indem es von einer Anrechnungsmöglichkeit von Urlaubsansprüchen in Kombination mit einer unwiderruflichen Freistellung ausgeht. Möchte der Arbeitgeber einen möglichen Zwischenverdienst anrechnen, muss die Freistellungserklärung allerdings konkret den Urlaubszeitraum festlegen. Bei einer widerruflichen Freistellung kommt eine Verrechnung mit Urlaubsansprüchen grundsätzlich nicht in Betracht.

 

RA Fabian Dülk

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