06.07.2014 -

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass kein Anspruch gegen den Betreiber eines Bewertungsportals auf Auskunft über Anmeldedaten eines Nutzers besteht, auch wenn dieser persönlichkeitsverletzende Inhalte postet.

Der Fall (verkürzt):

 

Der Kläger, ein frei praktizierender Arzt, machte einen Auskunftsanspruch gegen die Beklagte geltend. Diese ist Betreiberin eines Internetportals (www.sanego.de), das Bewertungen von Ärzten ermöglicht. Im November 2011 entdeckte der Kläger auf der Internetseite der Beklagten eine Bewertung, in der über ihn verschiedene unwahre Behauptungen aufgestellt wurden. So hatte ein Nutzer unter anderem behauptet, dass der Arzt Patientenakten in den Behandlungsräumen in Wäschekörben gelagert habe und die Patienten hätten drei Stunden im Wartezimmer ausharren müssen. Im Juni 2012 wurden weitere, den Kläger betreffende Bewertungen mit unwahren Tatsachenbehauptungen veröffentlicht. Auf sein Verlangen hin wurden die Bewertungen jeweils von der Beklagten gelöscht. Am 4. Juli 2012 erschien dann erneut eine Bewertung mit den von dem Kläger bereits beanstandeten Inhalten.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Unterlassung der Verbreitung der vom Kläger beanstandeten Behauptungen und zur Auskunft über Name und Anschrift des Verfassers der Bewertung vom 4. Juli 2012 verurteilt. Auch das Oberlandesgericht hat einen Auskunftsanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen der bei ihr hinterlegten Anmeldedaten des Verletzers bejaht. Mit der Revision verfolgte die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Die Entscheidung:

 

Der Bundesgerichtshof hat die Klage auf Auskunftserteilung schließlich abgewiesen. Die Begründung der Richter wird in der Pressemitteilung des BGH wie folgt zusammengefasst:

 

Der Betreiber eines Internetportals sei in Ermangelung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im Sinne des § 12 Abs. 2 Telemediengesetz (TMG) grundsätzlich nicht befugt, ohne Einwilligung des Nutzers dessen personenbezogene Daten zur Erfüllung eines Auskunftsanspruchs wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung an den Betroffenen zu übermitteln. Nach dem Gebot der engen Zweckbindung des § 12 Abs. 2 TMG dürfen für die Bereitstellung von Telemedien erhobene personenbezogene Daten für andere Zwecke nur verwendet werden, soweit eine Rechtsvorschrift dies erlaubt oder der Nutzer – was hier nicht in Rede stand – eingewilligt hat; so das Gericht. Ein Verwenden im Sinne des § 12 Abs. 2 TMG stelle auch eine Übermittlung an Dritte dar. Eine Erlaubnis durch Rechtsvorschrift komme außerhalb des Telemediengesetzes nach dem Gesetzeswortlaut lediglich dann in Betracht, wenn sich eine solche Vorschrift ausdrücklich auf Telemedien beziehe. Eine solche Vorschrift habe der Gesetzgeber bisher – bewusst – nicht geschaffen. Dem durch persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalte einer Internetseite Betroffenen könne allerdings ein Unterlassungsanspruch gegen den Diensteanbieter zustehen. Darüber hinaus dürfe der Diensteanbieter nach § 14 Abs. 2, § 15 Abs. 5 Satz 4 TMG auf Anordnung der zuständigen Stellen im Einzelfall Auskunft über Bestands-, Nutzungs- und Abrechnungsdaten erteilen, soweit dies u. a. für Zwecke der Strafverfolgung erforderlich ist.

 

Hinweis für die Praxis:

 

Trotz der Entscheidung müssen Ärzte aber keine Rufschädigungen hinnehmen. Sie können sich gegen unwahre Tatsachenbehauptungen mit einem Unterlassungsanspruch zur Wehr setzen. Der betroffene Arzt kann sich dazu zunächst an den Betreiber des Bewertungsportals wenden und ihn darauf aufmerksam machen,  dass eine Bewertung unwahre Tatsachenbehauptungen enthält. Dieser ist verpflichtet die Vorwürfe zu prüfen und ggf. die Beiträge zu löschen. Der einzige Weg, um an die Daten des Nutzers selbst zu gelangen, führt über eine Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Verleumdung oder übler Nachrede. Der Betreiber darf nämlich gegenüber den Strafverfolgungsbehörden Auskunft über die Anmeldedaten erteilen. Ein Rechtsanwalt kann die Daten dann im Wege der Akteneinsicht in Erfahrung bringen.

 

Fazit:

 

Der BGH hat mit seinem Grundsatzurteil die Anonymität im Internet gestärkt. Für die in ihrem Persönlichkeitsrecht Verletzten dürfte dies unbefriedigend sein. Die Richter mussten aber zwischen den gesetzlichen Vorgaben, die eine anonyme Bewertung erlauben und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen abwägen. Angesichts der eindeutigen Gesetzeslage fiel die Abwägung zu Gunsten der Betreiberin des Internetportals aus.

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