20.08.2014

Die Bedeutung des Protokolls einer Gesellschafterversammlung ist erheblich. Einen exemplarischen Fall zeigt das OLG Naumburg mit Urteil vom 21. November 2013 – 1 U 105/13. Gegenstand des Urteils des OLG Naumburg war eine Entscheidung in einem einstweiligen Verfügungsverfahren eines Gesellschafters als Verfügungskläger gegen die GmbH sowie den Mitgesellschafter als Verfügungsbeklagte. Der Verfügungskläger begehrte die Anweisung gegenüber der GmbH als Verfügungsbeklagter zu 1), dem Mitgesellschafter und Geschäftsführer der GmbH – als Verfügungsbeklagtem zu 2) -, die weitere Tätigkeit als Geschäftsführer bis zu einer endgültigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu untersagen. Der Verfügungskläger behauptete, dass der Verfügungsbeklagte zu 2) gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen habe, indem er ein Konkurrenzunternehmen gründete, auf das er stückweise das Unternehmen der GmbH (Verfügungsbeklagte zu 1) übertrug. Der Verfügungskläger hatte in der ersten Instanz keinen Erfolg. Das Landgericht lehnte den Verfügungsantrag ab. Im Berufungsrechtszug gab das OLG Naumburg dem Verfügungskläger recht und erließ die begehrte Verfügung. Die Einzelheiten sollen in dieser Urteilsanmerkung allerdings nicht besprochen werden.

Gegenstand dieser Urteilsbesprechung sind vielmehr die exemplarischen Ausführungen des OLG Naumburg zu der Bedeutung des Protokolls einer Gesellschafterversammlung. Der Verfügungsbeklagte zu 2) verteidigte sich im Wesentlichen damit, dass angeblich der Verfügungskläger sowie der Verfügungsbeklagte zu 2) einen Gesellschafterbeschluss gefasst haben sollen, aufgrund dessen ihm – dem Verfügungsbeklagten zu 2) – gestattet sei, das Unternehmen der GmbH auf die von ihm gegründete Gesellschaft zu übertragen und die GmbH damit faktisch zu liquidieren. Zum Beweis seiner Behauptung legte der Verfügungsbeklagte zu 2) ein Protokoll einer Gesellschafterversammlung vor, von dem er behauptete, dass sowohl der Verfügungskläger als auch er – der Verfügungsbeklagte zu 2) – dieses Protokoll unterschrieben haben sollen. Der Verfügungskläger bestritt seine Unterschrift.

Das Landgericht legte für seine Entscheidung das Protokoll der Gesellschafterversammlung zugrunde und lehnte den Antrag des Verfügungsklägers unter Hinweis auf den entgegenstehenden (vermeintlichen) Gesellschafterbeschluss ab. Das OLG Naumburg klärte die Rechtslage auf. Das Protokoll ist eine sog. Privaturkunde. Gem. § 416 ZPO bietet eine Privaturkunde vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern stammen, wenn die Aussteller die Urkunde persönlich unterschrieben oder mittels notariell beglaubigtem Handzeichen unterzeichnet haben. Unterschreiben demnach alle Gesellschafter das Protokoll einer Gesellschafterversammlung, beweist die Urkunde, dass die Gesellschafter den im Protokoll enthaltenen Beschluss gefasst haben.

Der Verfügungskläger in dem Verfahren des OLG Naumburg hat nunmehr allerdings bestritten, dass die Unterschrift von ihm stamme. Damit hat der Verfügungskläger die Beweiskraft der „Urkunde“ beseitigt. Es war nunmehr Sache der Verfügungsbeklagten zu 1) (der GmbH) oder des Verfügungsbeklagten zu 2) (des anderen Gesellschafters), die Unterschrift des Verfügungsklägers unter dem Protokoll zu beweisen. In einem einstweiligen Verfügungsverfahren kann ein solcher Beweis nur durch präsente Beweismittel – z.B. andere Urkunden, präsente Zeugen, eidesstattliche Versicherung – geführt werden. Diesen Beweis haben die Verfügungsbeklagten nicht führen können. Es war daher prozessual fehlerhaft, dass sich das Landgericht auf eine vermeintlich echte Urkunde „Protokollierung der Gesellschafterversammlung“ berufen hat.

Fazit:

Das Verfahren des OLG Naumburg zeigt idealtypisch, welche Bedeutung die Protokollierung von Gesellschafterversammlungen hat. Ein von allen Gesellschaftern unterzeichnetes Protokoll beweist die in dem Protokoll enthaltenen Erklärungen der Gesellschafter. Sollte ein Gesellschafter nach Abgabe der Erklärung und Unterzeichnung des Protokolls sich nicht mehr an seine Erklärungen halten wollen (oder diese vergessen haben), wird der Beweis durch das von allen Gesellschaftern unterzeichnete Protokoll geführt. Das Protokoll kann auch in einstweiligen Verfügungsverfahren verwendet werden.

Schwieriger ist die Rechtslage, wenn das Protokoll nicht von allen Gesellschaftern unterzeichnet ist, sondern von einem Versammlungsleiter, z.B. dem dafür nach dem Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Gesellschafter oder einem Dritten – etwa dem Fremdgeschäftsführer. Das Protokoll kann dann nicht mehr als Urkundenbeweis für die von den Gesellschaftern abgegebenen Erklärungen herangezogen werden. Aussteller der Urkunde ist nämlich dann der Versammlungsleiter, der die Willenserklärung der Gesellschafter protokolliert, aber eben nicht mehr die Gesellschafter selbst. Ein solches Protokoll dürfte allerdings dann in den Urkundenbeweis „hineinwachsen“, wenn das Protokoll – wie üblich – den Gesellschaftern zur Kenntnisnahme übersandt wird mit der Bitte, Einwände gegen das Protokoll in einer bestimmten Frist mitzuteilen. Häufig enthalten Gesellschaftsverträge auch entsprechende Regelungen. Sollte dann ein Gesellschafter, der nachweislich das Protokoll erhalten hat, nicht innerhalb der vom Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Frist der Protokollierung widersprechen, können das Protokoll sowie der Übersendungsnachweis (üblicherweise der Rückschein) zum Gegenstand eines Urkundenbeweises gemacht werden, auch in einem einstweiligen Verfügungsverfahren. Es wäre dann Sache des widersprechenden Gesellschafters nachzuweisen, dass Willenserklärungen unzutreffend protokolliert worden sind, er das Protokoll nicht erhalten oder ihm ausdrücklich widersprochen hat.

Bei streitigen Gesellschafterversammlungen ist zudem zu empfehlen, dass notfalls jede „Partei“ ein eigenes Protokoll erstellt, dieses unterzeichnet und in Umlauf bringt sowie dem Protokoll der „Gegenseite“ förmlich widerspricht. Welcher Beschluss dann in der Gesellschafterversammlung wirksam gefasst wurde, ist dann Gegenstand von Anfechtungs- und Beschlussfeststellungsklagen. Durch die gegensätzliche Protokollierung wird allerdings verhindert, dass eine Partei einen bestimmten Beschlussinhalt behaupten und zum Gegenstand einstweiliger Verfügungsverfahren machen kann.

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