22.09.2014 -

Befristungsabreden sind nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz bekanntlich nur dann wirksam, wenn sie schriftlich verfasst werden, § 14 Abs. 4 TzBfG. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat nun klargestellt, dass die bloße Unterschrift unter eine Dienstwagenregelung, die als Anlage dem Hauptvertrag angehängt wird, diesem Schriftformerfordernis nicht genügt (LAG Düsseldorf, Urteil v. 18.09.2013 – 12 Sa 602/13).

Das Landesarbeitsgericht gibt wichtige Hinweise über die Befristungspraxis, die unbedingt einzuhalten sind. Wir nehmen daher die Entscheidung zum Anlass, um auf die wesentlichen Erfordernisse aufmerksam zu machen.

Der Fall (verkürzt):

Die Parteien des Rechtsstreits streiten u.a. über die Wirksamkeit einer Befristungsabrede.

Der klagende Arbeitnehmer war auf der Grundlage eines Anstellungsvertrages seit dem 1. Juli 2011 bei dem beklagten Arbeitgeber tätig. Der Vertrag bestand aus einem Hauptteil, der mit „Anstellungsvertrag“ überschrieben war, der Anlage 1 „Stellenbeschreibung“, der Anlage 2 „Zielvereinbarung“, der Anlage 3 „Datenschutz“ und der Anlage 4 „Dienstwagenvereinbarung“. In dem Hauptteil heißt es u.a.:

§ 2 Beginn und Dauer der Tätigkeit

Das Anstellungsverhältnis beginnt am 1. Juli 2011. Der Anstellungsvertrag wird für die Dauer von 1,5 Jahren fest abgeschlossen. (…) erfolgt keine Verlängerung endet der Anstellungsvertrag automatisch mit Ablauf der Befristung zum 31. Dezember 2012.

§ 5 Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der Befristung zum 31. Dezember 2012. (…)

Der Hauptteil „Anstellungsvertrag“ enthielt auf der letzten Seite nach dem Text eine Zeile für die Unterschriften des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers. Dies hatte aber nur der Arbeitgeber unterzeichnet. Der Arbeitnehmer hatte auf der letzten Seite des Hauptteils weder ein Datum eingesetzt noch unterzeichnet.

Die Anlage 4 „Dienstwagenvereinbarung“ hatten hingegen sowohl der Kläger als auch der Arbeitgeber, vertreten durch beide Geschäftsführer, auf den dafür vorgesehenen Unterschriftenzeilen unterzeichnet. Die Anlagen 1, 2 und 3 waren sämtlich nicht unterzeichnet.

Mit Schreiben vom 28. Juni 2012 teilte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit, dass sein Arbeitsverhältnis nicht über den 31. Dezember 2012 hinaus verlängert werde. Das Arbeitsverhältnis ende deshalb mit Ablauf des 31. Dezember 2012.

Der Kläger hat fristgerecht mit Befristungsklage vom 10. Januar 2013 Feststellung beantragt, dass das zwischen ihm und der Beklagten begründete Arbeitsverhältnis nicht durch die in § 2 des Anstellungsvertrages enthaltene Befristungsabrede zum 31. Dezember 2012 geendet hat. Er hat gerügt, der befristete Arbeitsvertrag sei formunwirksam. Seine Unterschrift unter der Anlage 4 reiche unter Berücksichtigung der Zwecke des Formerfordernisses in § 14 Abs. 4 TzBfG nicht aus, um die Schriftform zu wahren, zumal im Anstellungsvertrag eine Unterschriftenzeile vorgesehen war.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Befristung sei zwar formunwirksam. Es verstoße jedoch gegen Treu und Glauben, wenn der Kläger sich darauf berufe.

Die Entscheidung:

Im Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht die Entscheidung des Arbeitsgerichts abgeändert und die Befristung für unwirksam erklärt.

I. Schriftformerfordernis

Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf nach § 14 Abs. 4 TzBfG zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Diese vorgeschriebene Schriftform erfordert nach § 126 Abs. 1 BGB, dass die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet wird. Bei einer Befristungsabrede müssen also die Parteien regelmäßig auf derselben Urkunde unterzeichnen. Nur wenn über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen werden, genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet (§ 126 Abs. 2 S. 2 BGB).

Das Formerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG hat dabei Klarstellungs- Beweis- und Warnfunktion und soll größtmögliche Rechtssicherheit gewährleisten. Dem Arbeitnehmer soll deutlich vor Augen geführt werden, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Vereinbarung eines befristeten Arbeitsvertrages zu einem bestimmten Zeitpunkt automatisch enden wird und daher keine dauerhafte Existenzgrundlage bilden kann. Außerdem dient das Schriftformerfordernis einer Erleichterung der Beweisführung. Dadurch soll unnötiger Streit über das Vorliegen und den Inhalt einer Befristungsabrede vermieden werden.

II. Bezug auf Anlagen nicht ausreichend!

Dieser Klarstellungs- Beweis- und Warnfunktion wird eine Unterschrift allein unter einer Anlage nicht gerecht. Der Hauptvertrag sah ausdrücklich Unterschriften beider Vertragspartner (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) vor. Unterzeichnet hatte aber nur die Arbeitgeberseite. Schon dadurch kam der Wille, der Vertrag solle von beiden Seiten unterzeichnet werden, zum Ausdruck. Genau diesem Ziel dient das Schriftformerfordernis. Aus der Tatsache, dass auch die Anlagen zusätzlich unterzeichnet werden sollen, folgt nichts anderes. Mit der Unterschrift unter eine Anlage, von mehreren, wird nicht das Schriftformerfordernis für den Hauptvertrag abgelöst bzw. ersetzt. Es hätte dann schon einer besonderen Verweisungstechnik oder gegenseitiger Bezugnahme bedurft, um aus der bloßen Unterschrift unter eine Anlage gleichzeitig den Willen abzuleiten, dass damit auch eine Unterzeichnung des Hauptvertrages gewollt ist.

III. Verstoß gegen Treu und Glauben?

Die Berufung auf einen Formmangel kann ausnahmsweise gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen. Grundsätzlich ist die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Form jedoch zu beachten. Wenn die Formvorschriften nicht ausgehöhlt werden sollen, kann ein Formmangel nur ausnahmsweise nach § 242 BGB als unbeachtlich angesehen werden. Ausnahmsweise kann die Berufung auf die fehlende Schriftform treuwidrig sein, wenn der Vertragspartner trotz des Formmangels auf die Gültigkeit des Vertrages vertrauen durfte und die den Formmangel geltend machende Vertragspartei sich dadurch zu ihrem vorhergehenden Verhalten in Widerspruch setzt. Es verstößt aber grundsätzlich nicht gegen Treu und Glauben, wenn eine Partei sich nachträglich auf die Unwirksamkeit einer von ihr abgegebenen Willenserklärung beruft oder ein unter ihrer Beteiligung zu Stande gekommenes Rechtsgeschäft angreift. Widersprüchliches Verhalten ist erst dann rechtsmissbräuchlich, wenn dadurch für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen.

An diesen Voraussetzungen mangelte es hier. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben hat das Landesarbeitsgericht daher zutreffend abgelehnt.

III. Nichtverlängerungsmitteilung als Kündigung?

Das Landesarbeitsgericht hat schließlich noch die Frage aufgeworfen, ob aus der Nichtverlängerungsmitteilung vom 28. Juni 2012, wonach der Arbeitgeber mitgeteilt hat, dass über das Befristungsende 31. Dezember 2012 hinaus keine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses mehr erfolge, eine Kündigung abgeleitet werden könne. Diese Frage hat es jedoch verneint. Zwischen der Nichtverlängerungsmitteilung und einer Kündigung muss klar unterschieden werden. Mit der Nichtverlängerungsmitteilung bringt der Arbeitgeber nur seine Rechtsansicht zum Ausdruck, dass das Arbeitsverhältnis zum vereinbarten Termin endet und er den Arbeitnehmer nicht über diesen Termin hinaus beschäftigen werde. Von diesem Standpunkt aus bedarf es keiner Kündigung. Damit kann dem Arbeitgeber auch kein rechtsgeschäftlicher Wille für eine Kündigung unterstellt werden. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die Befristung zwischen den Parteien streitig geworden ist und der Arbeitgeber ausdrücklich und vorsorglich eine Kündigung ausspricht.

Fazit:

Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG ist sehr ernst zu nehmen. Beide Vertragsparteien müssen auf derselben Vertragsurkunde (= Arbeitsvertrag) am Ende unterzeichnen. Die Befristungsabrede selbst ist nur wirksam, wenn das Schriftformerfordernis eingehalten wird. Die Unterschrift unter andere Dokumente oder Anlagen zum Arbeitsvertrag reicht nicht aus. Alle Risiken gehen hier zu Lasten des Arbeitgebers. In Zweifelsfällen sollte man auf mehreren Dokumenten unterschreiben, um so das Schriftformerfordernis in jedem Fall zu wahren.

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