16.10.2014 -

Der Bundesgerichtshof hat gestern erstmals die in Rechtsprechung und juristischer Fachliteratur kontrovers diskutierte Frage entschieden, ob Honorarärzte als Wahlärzte ihre Leistungen gegenüber dem Patienten liquidieren dürfen. Die Entscheidung fiel zu Lasten der Honorarärzte aus.

Problemaufriss:

In den letzten Jahren ist die Beschäftigung von Honorarärzten verstärkt in den rechtlichen Fokus gelangt. Unter Honorarärzten (synonym wird auch der Begriff des Kooperationsarztes verwandt) wird dabei der Arzt verstanden, der für das Krankenhaus Leistungen erbringt, ohne bei diesem angestellt zu sein und nicht als Konsiliararzt oder Belegarzt tätig wird.

Mit der Änderung von § 2 Abs. 1 KHEntgG zum 01.01.2013 hatte der Gesetzgeber zunächst bejahend auf die umstrittene Frage reagiert, ob die von einem Honorararzt erbrachten Leistungen überhaupt von dem Krankenhaus abgerechnet werden können.

Während der Gesetzestext in § 2 Abs. 1 KHEntgG nun die „ärztliche Behandlung, auch durch nicht festangestellte Ärztinnen und Ärzte“ als Krankenhausleistung definiert wird, wurde die Regelung zu wahlärztlichen Leistungen in § 17 KHEntgG von dem Gesetzgeber nicht geändert.

§ 17 Abs. 1 und  3 KHEntgG (Hervorhebung durch den Autor) lautet:

(1) Neben den Entgelten für die voll- und teilstationäre Behandlung dürfen andere als die allgemeinen Krankenhausleistungen als Wahlleistungen gesondert berechnet werden, wenn die allgemeinen Krankenhausleistungen durch die Wahlleistungen nicht beeinträchtigt werden und die gesonderte Berechnung mit dem Krankenhaus vereinbart ist. […]

(3) Eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen erstreckt sich auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten angestellten oder beamteten Ärzte des Krankenhauses, soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses; darauf ist in der Vereinbarung hinzuweisen.

Es stellte sich daher die Frage, ob die Formulierung „angestellte oder beamtete Ärzte“ einer Abrechnung wahlärztlicher Leistungen durch Honorarärzte generell entgegenstünde.

Der Fall:

Ein niedergelassener Facharzt für Neurochirurgie versorgte die von ihm ambulant versorgten Patienten auch operativ nach stationärer Aufnahme im Krankenhaus. Hierzu schloss er mit einem Krankenhausträger einen Kooperationsvertrag, wonach er die operativen Leistungen für das Krankenhaus erbrachte.

Mit den Patienten schloss sowohl das Krankenhaus eine Vereinbarung über die Erbringung von wahlärztlichen Leistungen, als auch der Arzt mit dem Patienten eine gesonderte individuelle Vereinbarung über die persönliche Erbringung der operativen Leistung ab.

Nach der Operation rechneten das Krankenhaus die allgemeine Krankenhausleistung und der Arzt seine wahlärztlichen Leistungen gegenüber dem jeweiligen Patienten ab.

Die private Krankenkasse eines Patienten vertrat die oben dargestellte Auffassung, dass der Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung unzulässig gewesen sei, da es sich bei dem Arzt weder um einen Angestellten des Krankenhauses noch einen beamteten Arzt handele.

Sie ließ sich eventuell bestehende Honorarrückzahlungsansprüche des Patienten (ihres Versicherungsnehmers) abtreten und klagte auf Honorarrückzahlung gegen den Arzt. Die Vorinstanzen gaben der Klage statt.

Die Entscheidung:

Der BGH bestätigte die Urteile der Vorinstanzen. Bislang liegt die Entscheidung nur als Pressemitteilung vor. Danach lässt sie sich in den drei wesentlichen Sätzen zusammenfassen.

  • § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG lege den Kreis der zur Wahlleistung berechtigten Ärzte abschließend fest.
  • Es handele sich um eine dem Schutz des Privatpatienten dienende zwingende preisrechtliche Norm.
  • Da es sich um eine zwingende preisrechtliche Norm handele, könne davon auch nicht zu Lasten des Patienten durch eine individuelle Vergütungsabrede abgewichen werden.

Fazit:

Die ausführliche Begründung des Urteils bleibt abzuwarten, bevor die Folgen der Entscheidung abschließend beurteilt werden können. Klar ist aber bereits, dass der BGH sich umfassend mit der Problematik beschäftigt hat und der Abrechnung von wahlärztlichen Leistungen durch Honorarärzte eine generelle Absage erteilt hat. Auch der teilweise eingeschlagene Ausweg, den § 17 Abs. 3 KHEntgG mittels einer individuellen Vereinbarung zwischen Arzt und Patient zu umgehen, ist nach der Entscheidung voraussichtlich verbaut.

Unabhängig der Veröffentlichung der Entscheidungsgründe wird die Entscheidung hohe Wellen schlagen. Eine Vielzahl von Honorararzt- und Kooperationsverträgen werden überarbeitet werden müssen. Es wird sich zeigen, welchen Anteil die Wahlleistungsvergütung an dem Abschluss der alten Verträge tatsächlich hatte.

Interessant wird auch sein, ob der Gesetzgeber an dieser Stelle tätig wird oder seine Intention in der Entscheidung bestätigt sieht.

Für die Honorarärzte bleibt mit Spannung abzuwarten, ob die privaten Krankenkassen nun einen großen Honorarrückforderungsfeldzug starten oder lediglich zukünftig den Ausgleich entsprechender Abrechnungen ablehnen.

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