20.10.2014 -

Bei einer durch den Arbeitgeber veranlassten Kündigungserklärung staffelt sich die Kündigungsfrist je nach Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers von einem Monat bis zu sieben Monaten zum Ende eines Kalendermonats (§ 622 Abs. 2 S. 1 BGB).

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich jüngst mit der Wirksamkeit dieser Vorschrift aus europarechtlicher Sicht auseinanderzusetzen (Verstoß gegen RL 2000/78/EG) und zu entscheiden, ob die Staffelung der Kündigungsfristen in Abhängigkeit der Betriebszugehörigkeit eine (mittelbare) Altersdiskriminierung jüngerer Arbeitnehmer darstellt.

Im Ergebnis wog das Bundesarbeitsgericht die Betriebstreue der Mitarbeiter auf der einen Seite mit der mittelbaren Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer auf der anderen Seite gegeneinander ab und entschied sich gegen eine europarechtswidrige Diskriminierung jüngerer Arbeitnehmer. Die durch die Staffelung der Kündigungsfristen einhergehende Ungleichbehandlung zum Schutz von langjährigen betriebstreuen und damit typischerweise älteren Arbeitnehmern sei angemessen und erforderlich.

Der Fall:

Die Beklagte ist Betreiberin eines Golfplatzes. Das Kündigungsschutzgesetz findet in dem Betrieb keine Anwendung. Die Klägerin war weniger als fünf Jahre als Aushilfe beschäftigt. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2011 sprach die Beklagte gegenüber der Klägerin die ordentliche Kündigung zum 31. Januar 2012 aus.

Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage die Feststellung des Bestands des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Juli 2012 (Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Ende des Kalendermonats). Sie vertrat die Ansicht, dass die Staffelung der Kündigungsfrist in § 622 Abs. 2 BGB altersdiskriminierend sei und deshalb nicht zu ihren Lasten angewendet werden dürfe. Die Staffelung unter Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit begünstige ältere Arbeitnehmer, da eine langjährige Beschäftigung naturgemäß an das Alter gekoppelt sei und damit automatisch jüngere Arbeitnehmer diskriminiere.

Die vor dem Bundesarbeitsgericht eingelegte Revision der Klägerin wurde wegen Unbegründetheit zurückgewiesen.

Die Entscheidung:

Zwar stellte der 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts klar, dass die Staffelung der Kündigungsfristen unter Berücksichtigung der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu einer mittelbaren Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer führe. Jedoch sei die faktische Ungleichbehandlung nicht nur sinnvoll, sondern auch zum Erreichen des damit bezweckten Ziels eines verstärkten Kündigungsschutzes für betriebstreue Mitarbeiter angemessen und erforderlich. Eine konkrete Begründung bleibt den noch nicht veröffentlichten Entscheidungsbegründungen vorenthalten.

Die Vorinstanz (LAG Hessen, Urteil v. 13.05.2013 – 7 Sa 511/12) rechtfertigte eine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG mit folgenden Argumenten:

• Der höhere, zeitlich limitierte Kündigungsschutz durch die Staffelung entspräche dem allgemeinen Prinzip des verstärkten Bestandsschutzes.

• Ein Arbeitnehmer träfe bei einer längeren Betriebszugehörigkeit zunehmend langfristige Dispositionen, wie z.B. die persönliche Gestaltung der Wohnsituation unter Einsatz höherer finanzieller Mittel. Je länger die Betriebszugehörigkeit sei, desto eher hätten die Vertragsparteien mit dem Verlust gewachsener Beziehungen sowohl in sozialer als auch in finanzieller Hinsicht zu kämpfen, was mit einer Erschwerung bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz einhergehe.

Hinweis für die Praxis:

Das Bundesarbeitsgericht bestätigt die Wirksamkeit der gesetzlichen Regelungen zu den Kündigungsfristen. Während die Kündigungsfristen für Arbeitgeber nach der Staffelung im Sinne des § 622 Abs. 2 BGB nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers gekürzt werden können, hat der Arbeitgeber bei der Vertragsgestaltung der Kündigungsfrist für Arbeitnehmer einen Gestaltungsspielraum. Es ist nämlich zulässig, arbeitsvertraglich die gleichen Fristen für die arbeitnehmerseitige Kündigung durch eine sogenannte Gleichbehandlungsabrede vorzusehen. Hierin liegt kein Verstoß gegen §622 Abs. 5 BGB.

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