02.11.2014

Das OLG Naumburg hat sich mit Urteil vom 23.01.2014 – 2 U 57/13 – mit Fragen beschäftigt, die bei Gesellschaften häufig auftauchen: In welchem Umfang darf ein Geschäftsführer Leistungen, die er an sich als Geschäftsführer schuldet, durch Dienstvertrag auf Dritte übertragen. Sowie: Bei welchen „In-sich-Geschäften“ macht sich ein Geschäftsführer schadensersatzpflichtig. Der Entscheidung des OLG Naumburg lag folgender Sachverhalt – verkürzt – zugrunde:

Die Klägerin ist eine GmbH. Sie erwarb aus einer Insolvenz einen Hotelbetrieb. An der Klägerin waren der Beklagte mit einer Minderheitsbeteiligung sowie ein anderer Gesellschafter mehrheitlich beteiligt. Der Beklagte war Geschäftsführer der Klägerin. Er war von dem sogenannten Verbot des Selbstkontrahierens befreit, er konnte demnach als Geschäftsführer in Namen der GmbH Verträge mit sich selbst oder mit einem Dritten abschließen, deren Vertreter er ebenfalls war – insbesondere anderen Kapitalgesellschaften. Der Beklagte vereinbarte als Geschäftsführer der Klägerin einen Vertrag mit einer M-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagte war. Gegenstand dieses Vertrages war eine „Dienstleistung Projektbegleitung“. Die M-GmbH schuldete der Klägerin eine Untersuchung und Analyse der aktuellen Betriebsführung des Hotels der Klägerin, eine Potenzialanalyse des Standortes, eine Wirtschaftlichkeitsberechnung des beabsichtigten Wellnessbetriebes und schließlich eine Optimierung der vorhandenen Planungen. Als Gegenleistung hatte die Klägerin eine monatliche Pauschale in Höhe von 9.700,00 € sowie eine zusätzliche jährliche Einmalzahlung in Höhe von 25.000,00 € zu erbringen sowie Spesen zu ersetzen.

Weiterhin schloss der Beklagte als Geschäftsführer der Klägerin mit einer L-GmbH einen weiteren Vertrag. Der Beklagte war auch an dieser L-GmbH zu 50 % beteiligt und ihr alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer. Gegenstand dieses Vertrages war die Aufnahme der Klägerin als Mitglied in dem „The L Hotels & Resorts“ sowie die Nutzung einer Qualitätsmarke. Auch hierfür hatte die Klägerin eine Pauschale zu zahlen.

Beide Verträge waren auf fünf Jahre befristet.

Der Beklagte veranlasste als Geschäftsführer Zahlungen der Klägerin in Höhe von jeweils 3.500,00 € an die M- sowie die L-GmbH. Der Beklagte wurde im Anschluss als Geschäftsführer abberufen.

Die Klägerin verlangte Rückzahlung der insgesamt 7.000,00 €, die der Beklagte an die M- und L-GmbH geleistet hat.

Das Landgericht hat der Klage zugesprochen. Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg.

Die Anspruchsgrundlage für den Schadensersatzanspruch der Klägerin – GmbH – gegen den Beklagten – ehemaligen Geschäftsführer – ergibt sich aus § 43 Abs. 2 GmbHG. Danach haftet der Geschäftsführer einer GmbH persönlich für Vermögensschäden, wenn und soweit er in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes außer Acht gelassen hat. Es entspricht der „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ eine interne Zuständigkeitsregelung zu beachten. In diesem Fall ist „interne Zuständigkeitsregelung“ die „Kompetenz“ der Gesellschafterversammlung zum Abschluss des Anstellungsvertrages. Es ist seit langem anerkannt, dass nur die Gesellschafterversammlung einer GmbH das Recht hat, den Anstellungsantrag mit dem Geschäftsführer zu verhandeln und die Gesellschaft zu vertreten. Der Geschäftsführer oder auch ein anderer Geschäftsführer alleine sind hierzu nicht befugt.

Die M-GmbH verpflichtete sich in dem Vertrag zu betriebswirtschaftlichen Leistungen, insbesondere der Untersuchung und Analyse der aktuellen Betriebsführung sowie zukünftigen Geschäftsfeldern, zu Wirtschaftlichkeitsberechnungen und Verbesserungsmöglichkeiten. Der Beklagte schuldete diese Leistungen als Geschäftsführer der Klägerin. Ein Geschäftsführer einer GmbH könne nach OLG Naumburg nicht originäre Geschäftsführungstätigkeiten durch einen Dienstleistungsertrag auf einen Dritten übertragen, ohne die Zustimmung der Gesellschafterversammlung eingeholt zu haben. Bei wirtschaftlicher Betrachtung erbringt die M-GmbH die Geschäftsführungsleistung des Beklagten. Damit hat der Beklagte in das Recht der Gesellschafterversammlung eingegriffen, die Person des Geschäftsführers sowie den Umfang der Tätigkeit des Geschäftsführers zu bestimmen.

Bei dem Vertrag mit der L-GmbH handelte es sich zwar nicht um die Auslagerung originärer Geschäftsführungstätigkeiten, sondern um ein „normales“ Geschäft – die Anbindung an ein „Konzept“ eines Dritten. Dieser Vertrag sei von der Geschäftsführungsbefugnis des Geschäftsführers abgedeckt. Dies gelte nicht, wenn der Geschäftsführer zugleich an dem Auftragnehmer beteiligt sei und diesen sogar als alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer vertrete. In diesem Fall ergibt sich aus der Treuepflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin, dass er keine Verträge zu deren Nachteil schließt. Einen solchen Nachteil sah das OLG Naumburg alleine schon in der Bindungsdauer von fünf Jahren. Die Vertretungsmacht des Beklagten war aufgrund der Treuepflicht gegenüber der Klägerin beschränkt. Der Beklagte hätte ebenfalls die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einholen müssen. Dagegen verstieß der Beklagte, sodass er sich der Klägerin gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht hat.

Fazit:

Die Entscheidung des OLG Naumburg ist richtig und einleuchtend. Ein Geschäftsführer kann originäre Tätigkeiten, insbesondere betriebswirtschaftliche Leistungen, nicht vollständig mit einem Dienstvertrag auf eine dritte Gesellschaft übertragen und dadurch sein eigenes Amt „entleeren“. Es ist sicherlich möglich, dass originäre Geschäftsführerleistungen mit einem Dienstvertrag auf Dritte übertragen werden. Notwendig hierfür ist aber die Zustimmung des „richtigen“ Organs – dies ist die Gesellschafterversammlung. Ebenfalls vorsichtig sollten Geschäftsführer bei Verträgen mit Gesellschaften sein, an denen sie beteiligt sind oder die sie als Geschäftsführer vertreten. Selbst wenn Geschäftsführer von dem Verbot des „In-sich-Geschäftes“ befreit sind, müssen sie die weitere Begrenzung der Vertretungsmacht durch die Treuepflicht als Geschäftsführer/Gesellschafter gegenüber der GmbH beachten. Wird die Zustimmung der Gesellschafterversammlung nicht eingeholt, droht ein Schadensersatzanspruch gegenüber der Gesellschaft. Ob darüber hinaus der Vertrag mit dem Dritten unwirksam ist, bleibt eine Frage des Einzelfalles.

Das OLG Naumburg hatte nur über den Schadensersatzanspruch gegen den Geschäftsführer zu entscheiden. Neben dem Schadensersatzanspruch kommen zusätzlich die Abberufung, selbst eine Abberufung aus wichtigem Grund, in Betracht sowie eine fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages. In besonders krassen Fällen könnte eine solche Eigenmächtigkeit sogar den Ausschluss als Gesellschafter aus der Gesellschaft rechtfertigen.

Autor

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