10.11.2014

Das OLG Koblenz hatte sich mit Urteil vom 15. Juli 2014 – 3 U 1462/12 – mit einer Frage beschäftigt, die häufig auftritt: Wie kann bei einer „zweigliedrigen“ Gesellschaft ein Gesellschafter ausgeschlossen werden? Eine „zweigliedrige“ Gesellschaft ist eine Gesellschaft, die nur aus zwei Gesellschaftern besteht. Bei einer Personengesellschaft (GbR, oHG, KG) ist eine „Ein-Mann-Gesellschaft“ nicht möglich ist. Es kann daher nicht lediglich eine Person Gesellschafter einer Personengesellschaft sein, im Gegensatz zu der GmbH. Soll daher bei einer zweigliedrigen Personengesellschaft ein Gesellschafter ausgeschlossen werden, muss geklärt werden, was mit der „Gesellschaft“ passiert. Einen exemplarischen Fall behandelte das OLG Koblenz.

Der Kläger gründete mit einem anderen Gesellschafter eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts.  Dieser andere Gesellschafter fiel während des Verfahrens in Insolvenz, sodass das Gericht ihn als „Schuldner“ bezeichnete. Der Gesellschaftsvertrag der GbR enthielt eine so genannte Fortsetzungsklausel. Danach sollte die Gesellschaft durch die übrigen Gesellschafter fortgeführt werden, wenn ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet.

Es kam zu Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern. Der Schuldner hat das Vertrauensverhältnis der Gesellschafter erheblich zerrüttet, indem er den Kläger aus der Führung der Gesellschaft ausschloss, keine ordnungsgemäßen Abrechnungen erstellte und aufgrund seiner eigenen Geschäftsführungstätigkeit zuließ, dass der Kläger von Gläubigern der GbR in Anspruch genommen worden ist.

Der Kläger kündigte fristlos das Gesellschaftsverhältnis mit dem Schuldner und erklärte die Übernahme des Vermögens der Gesellschaft unter Ausschluss des Schuldners.

Der Schuldner trat der Kündigung, dem Ausschluss sowie der Übernahme des Gesellschaftsvermögens durch den Kläger entgegen.

Der Kläger erhob daraufhin Feststellungsklage gegenüber dem Schuldner, dass die Gesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet war und er das Vermögen der Gesellschaft übernommen habe. Dem Schuldner stünde ein Abfindungsanspruch zu. Der Schuldner beantragte Klageabweisung. Nach Insolvenz übernahm der Insolvenzverwalter die Parteirolle des Schuldners.

Die Klage hatte in beiden Instanzen Erfolg. Das OLG Koblenz wies zunächst darauf hin, dass bei einer zweigliedrigen GbR eine Ausschließung eines Gesellschafters unter Fortbestand der Gesellschaft nicht möglich sei. Einem Gesellschafter stehe aber die Möglichkeit offen, das Gesellschaftsverhältnis fristlos zu kündigen und gegenüber dem anderen Gesellschafter zu erklären, das Gesellschaftsvermögen zu übernehmen. Voraussetzung sei allerdings, dass der Gesellschaftsvertrag eine so genannte Fortsetzungsklausel enthalte, wonach das Gesellschaftsverhältnis bei Ausscheiden eines Gesellschafters, unter den übrigen Gesellschaftern fortgeführt werde.

Diese Voraussetzungen lagen vor. Der Gesellschaftsvertrag enthielt eine solche Fortsetzungsklausel. Der Kläger hat neben der fristlosen Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses die Übernahme des Gesellschaftsvermögens erklärt.

Das OLG Koblenz bestätigte auch die Auffassung des Landgerichts, dass die Handlungen des Schuldners einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darstellen würden. Die fristlose Kündigung, verbunden mit der Übernahme des Gesellschaftsvermögens unter Ausschluss des anderen Gesellschafters, sei nur das äußerste Mittel. Es müsse ein wichtiger Grund vorliegen, der eine Fortführung der Gesellschaft zwischen den Gesellschaftern ausschließe. Dieser wichtige Grund bestand in den eigenmächtigen Handlungen des Schuldners.

Fazit:

Gesellschafter einer zweigliedrigen Personengesellschaft müssen bei der fristlosen Kündigung/dem Ausschluss des anderen Gesellschafters gewisse Regularien beachten. Sie haben aber auch ein Wahlrecht, wie sie die Auseinandersetzung der Gesellschaft betreiben wollen. Sollte der Gesellschaftsvertrag eine Fortsetzungsklausel enthalten, kann ein Gesellschafter die fristlose Kündigung erklären und durch Erklärung gegenüber dem anderen Gesellschafter das Gesellschaftsvermögen übernehmen. Der Vorteil dieser „Übernahmeerklärung“ besteht darin, dass das Vermögen der Gesellschaft durch diese Erklärung in das Vermögen des letztverbleibenden Gesellschafters übergeht. Der „ausgeschlossene“ Gesellschafter hat dann „nur“ den Abfindungsanspruch. Der ausschließende Gesellschafter hat bei der Klärung dieses Abfindungsanspruches eine deutlich bessere Position. Voraussetzung ist allerdings immer, dass der verbleibende Gesellschafter die Übernahme erklärt. Unterlässt er dies, kann sich der andere Gesellschafter darauf berufen, dass der kündigende Gesellschafter nicht die Übernahme des Gesellschaftsvermögens wollte, sondern die Auseinandersetzung der Gesellschaft. Dies kann sinnvoll sein; muss es aber nicht. Gesellschafter müssen hierauf achten.

Sollte ein Gesellschaftsvertrag eine Fortsetzungsklausel nicht enthalten, steht dieser Weg den Gesellschaftern nicht offen. Sie müssen dann das Gesellschaftsverhältnis fristlos kündigen.  Gleiches gilt für den Fall, wenn der kündigende Gesellschafter die Übernahme des Gesellschaftsvermögens nicht erklärt. Die Gesellschaft wird dann nach den Regeln des Gesellschaftsvertrages oder – falls der Gesellschaftsvertrag keine Regelungen enthält – nach den gesetzlichen Regeln auseinandergesetzt. Der wesentliche Unterschied zu der Kündigung mit Übernahmeerklärung besteht darin, dass beide Personen Gesellschafter der Liquidationsgesellschaft bleiben und gemeinsam das Gesellschaftsvermögen auseinandersetzen müssen. Die Spannungen zwischen den Gesellschaftern werden daher in die Abwicklungsgesellschaft übertragen.

Wer dies vermeiden möchte, sollte seinen Gesellschaftsvertrag überprüfen, ob dieser eine Fortsetzungsklausel enthält. Sollten Gesellschaftsverträge die Fortsetzungsklausel nicht enthalten, sollte diese in die Verträge aufgenommen werden.

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