09.12.2014 -

Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass die elektronische Gesundheitskarte mit Lichtbild und Datenchip die Versicherten nicht in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt.

Bereits mit der Gesundheitsreform 2004 hatte der Gesetzgeber die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) beschlossen. Sie ersetzt die bisherige Krankenversichertenkarte, die nur noch bis Ende des Jahres 2014 gültig ist. Auf der elektronischen Gesundheitskarte sind bisher nur die sog. Stammdaten des Versicherten gespeichert (Name, Geburtsdatum, Anschrift und Versichertenstatus). Auf der Vorderseite der eGK ist ein Foto des Versicherten abgebildet. Lediglich Kinder unter 15 Jahren und Versicherte, die an der Erstellung eines Fotos nicht mitwirken können, erhalten eine elektronische Gesundheitskarte ohne Bild. Künftig sollen auf der Karte auch medizinische Daten gespeichert werden, die für die Behandlung nötig sind, sofern der Patient dies wünscht.

Der Fall (verkürzt):

Der Kläger hatte sich geweigert, seiner Krankenkasse ein Lichtbild für die eGK zu schicken. Denn er fürchte den Missbrauch seiner persönlichen Daten. Er selbst habe keinerlei Einfluss darauf, wer diese Daten wie verwende. Der Versicherte scheiterte in den Vorinstanzen mit seinem Anliegen, eine Gesundheitskarte ohne Passbild nutzen zu können. Er sah sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, da nicht nachverfolgt werden könne, wer die hochsensiblen Daten abrufe und verarbeite.

Die Entscheidung:

Der Senat wies die Revision des Klägers zurück. Die Entscheidung liegt bislang nur als Terminbericht (Nr. 51/14) vor:

Zu Recht haben die beklagte Krankenkasse und die Vorinstanzen einen Anspruch des Klägers verneint, ihm anstelle der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) eine Nachweisberechtigung entsprechend der bisher gültigen Krankenversichertenkarte ohne Lichtbild und eGK-Chip zur Verfügung zu stellen. Die Gesetzesnormen sehen keine den Kläger erfassenden Ausnahmereglungen vor. Sie verletzen nicht sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Die eGK sei in ihrer gegenwärtigen Gestalt und ihren gegenwärtigen und zukünftigen Pflichtangaben und Pflichtanwendungen durch überwiegende Allgemeininteressen gerechtfertigt. Die eGK verbessere den Schutz vor missbräuchlicher Inanspruchnahme von Krankenkassen-Leistungen und fördere auch im Übrigen die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung. Die freiwilligen, vom Einverständnis des Betroffenen abhängigen Anwendungen der eGK begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Recht schütze bereits die betroffenen Daten vor unbefugtem Zugriff Dritter und vor missbräuchlicher Nutzung. Dass die Datensicherheit faktisch unzulänglich sei, lasse sich nicht feststellen. Die Telematikinfrastruktur sei noch im Teststadium.

Hinweis für die Praxis:

Die alte Chipkarte gilt ab Januar 2015 für GKV-Versicherte nicht mehr als gültiger Nachweis, um Leistungen in Anspruch zu nehmen. Sie wird dann auch von Praxisverwaltungssoftware nicht mehr akzeptiert. Dies gilt unabhängig vom aufgedruckten Gültigkeitsdatum, d.h. Karten mit einem längeren Gültigkeitsdatum dürfen ebenfalls nicht mehr verwendet werden. Die Krankenversichertenkarte ist ab Januar nur noch für Versicherte sog. sonstiger Kostenträger (z.B. Heilfürsorge) sowie im Rahmen der Privatversicherung zulässig. Für Patienten die entweder noch keine eGK haben oder aber fälschlicherweise noch die alte Karte verwenden, obwohl sie bereits über eine Gesundheitskarte verfügen, gilt Folgendes:

Kann der Patient keine eGK oder Ersatzbescheinigung seiner Krankenkasse vorlegen und die Behandlung ist nicht verschiebbar, muss der Patient bis zum Ende des Quartals eine gültige Karte oder eine gültige Ersatzbescheinigung (sog. papiergebundener Anspruchsnachweis) seiner Krankenkasse nachreichen. Frühestens nach Ablauf von zehn Tagen kann der Arzt eine Privatvergütung für die Behandlung verlangen. Legt der Patient bis zum Ende des Quartals seine eGK oder eine Ersatzbescheinigung der Krankenkasse vor, die zum Zeitpunkt der Behandlung gültig war, kann der Arzt die Behandlung wie gewohnt als Kassenleistung abrechnen. Hat der Arzt bereits eine Privatvergütung für die Behandlung erhoben, muss er dem Patienten das Geld zurückerstatten. Der Arzt kann seinen Patienten während dieser Zeit Arznei-, Verbands-, Heil- und Hilfsmittel privat verordnen. Er vermerkt dazu auf dem Rezeptformular „ohne Versicherungsnachweis“ anstelle des Kassennamens. Der Patient muss die Kosten in diesem Fall selbst tragen. Bei Notfallbehandlungen, in denen keine eGK vorgelegt werden kann, darf der Arzt ausnahmsweise das Ersatzverfahren anwenden, um die Leistungen abzurechnen. Das Ersatzverfahren kommt in Betracht, wenn die Gesundheitskarte nicht verwendet werden kann. Dies ist u.a. dann der Fall, wenn der Versicherte die Krankenkasse oder die Versichertenart gewechselt hat, aber noch die alte Karte vorlegt, die Karte, das Kartenterminal oder der Drucker defekt ist oder für Hausbesuche kein mobiles Kartenlesegerät zur Verfügung steht und keine in der Praxis vorgefertigten Formulare verwendet werden können.

Für Zahnärzte gilt Ähnliches:

Kann der Versicherte bei der ersten Vorstellung im Quartal keine gültige eGK bzw. einen Versicherungsnachweis über eine bestehende Mitgliedschaft vorlegen oder ergeben sich aus der Überprüfung der Identität des Versicherten offensichtliche Unstimmigkeiten, kann der Vertragszahnarzt eine Privatvergütung für die Behandlung verlangen. Wird die eGK oder die Anspruchsberechtigung innerhalb einer Frist von zehn Tagen nach der ersten Inanspruchnahme vorgelegt, so muss die entrichtete Vergütung zurückgezahlt werden.

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