25.01.2015 -

Diskriminierungen im Bewerbungsverfahren können nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu Entschädigungsansprüchen der abgewiesenen Bewerber führen. Wie verhält es sich aber, wenn der zukünftige Arbeitgeber ein Personalberatungsunternehmen zwischenschaltet? Das Bundesarbeitsgericht hatte sich nun mit dieser Frage zu befassen und hat unmissverständlich klargestellt, dass nur der potentielle künftige Arbeitgeber diskriminieren kann und sich nur gegen diesen gerichtliche Entschädigungsansprüche zu richten haben (23.01.2014 – 8 AZR 118/13).

Der Fall:

Mitte September 2011 wurde in einem Online-Stellenportal eine Stelle für „Personalvermittler (m/w) für unsere Niederlassung B.“ ausgeschrieben. Gemäß der Stellenausschreibung sollte die Bewerbung per E-Mail oder per Post an ein Personalberatungsunternehmen gesandt werden. Hinsichtlich etwaiger „Kontaktinformationen für Bewerber“ wurde am Ende der Stellenausschreibung der künftige Arbeitgeber mit Adresse genannt.

Auf die Stelle bewarb sich der hier klagende Bewerber per E-Mail. Daraufhin erklärte das Personalberatungsunternehmen per E-Mail die Absage.

Für den Bewerber bestellten sich daraufhin seine späteren Prozessbevollmächtigten und verlangten eine Entschädigung wegen Diskriminierung nach dem AGG in Höhe von mindestens 16.000,00 €. Nachdem außergerichtlich der Anspruch abgelehnt wurde, wurde eine Entschädigungsklage beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht.

Im Verfahren richtete sich auch die Entschädigungsklage nicht gegen den potentiellen künftigen Arbeitgeber, sondern gegen die das Bewerbungsverfahren betreibende Personalberatungsfirma. Diese berief sich im Verfahren darauf, der Kläger habe die falsche Gesellschaft verklagt. Eine Umstellung seiner Klage nahm der Kläger im Verfahren dann nicht vor.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die arbeitsgerichtliche Entscheidung bestätigt.

Die Entscheidung:

Im Revisionsverfahren hat sich das Bundesarbeitsgericht den Vorinstanzen angeschlossen.

I. Arbeitgeber im Sinne des AGG

Im Falle einer Diskriminierung kann der abgewiesene Bewerber nach § 15 Abs. 2 AGG eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Bei erfolglosen Bewerbungen ist der Entschädigungsanspruch regelmäßig auf drei Bruttomonatsgehälter beschränkt, wenn der Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht hätte eingestellt werden müssen, was hier der Fall war. Der Entschädigungsanspruch richtet sich gegen den Arbeitgeber. Nach § 6 Abs. 2 S. 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer u.a. Arbeitnehmer beschäftigt. Arbeitgeber ist auch derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet oder nachsucht.

Hinweis für die Praxis:

Damit ist für die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG der potentielle Arbeitgeber nach § 6 Abs. 2 S. 1 AGG, der die Stelle ausgeschrieben und Bewerbungen dafür erbeten hat, der richtige Anspruchsgegner.

II. Personalberatungsunternehmen nicht maßgeblich

Die Vorschriften des AGG begründen hingegen keine Ansprüche gegen Personalberatungsunternehmen. Dies gilt selbst dann, wenn der Personalvermittler die endgültige Auswahl in alleiniger Verantwortung durchführt. So lag der Fall hier. Das Stellenausschreibungsverfahren wurde von einem Personalberatungsunternehmen für den künftigen Arbeitgeber durchgeführt. Der Entschädigungsanspruch wurde aber nur gegen das Personalberatungsunternehmen gerichtet und nicht gegen den potentiellen Arbeitgeber.

Hinweis für die Praxis:

Im vorliegenden Fall waren damit alle Fristen nach § 15 Abs. 4 AGG bzw. § 61b ArbGG abgelaufen. Nach Ablauf dieser Fristen können keine Entschädigungsansprüche mehr geltend gemacht werden. Allerdings beginnt die zweimonatige Frist des § 15 Abs. 4 AGG zur Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs erst dann zu laufen, wenn der Bewerber von der Ablehnung Kenntnis erlangt, wozu nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch gehört, wer ihn als Arbeitgeber abgelehnt hat. Im Falle von Entschädigungsansprüchen sind also die Fristen genau zu prüfen und aus Arbeitgebersicht sollte man darauf achten, an wen der Entschädigungsanspruch adressiert ist.

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