04.02.2015 -

Die Ankündigung einer Erkrankung für den Fall, dass der Arbeitgeber einem bestimmten Verlangen des Arbeitnehmers nicht entsprechen sollte, kann die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Insoweit kommt es immer wieder zu neuen Fallkonstellationen, mit denen sich die Rechtsprechung befassen muss. Das Landesarbeitsgericht Köln hatte nun einen solchen Fall zu entscheiden (29.01.2014 – 5 Sa 631/13). Trotz Ankündigung einer Arbeitsunfähigkeit wurde hier die fristlose Kündigung für unwirksam erachtet. Wir möchten die wesentlichen Grundsätze an diesem Fall nochmals zusammenfassen.

Der Fall:

Die klagende Arbeitnehmerin ist bei dem beklagten Arbeitgeber seit Juli 2005 in Teilzeit beschäftigt. Im Oktober 2012 war sie arbeitsunfähig erkrankt. Ende Oktober nahm sie wieder ihre Arbeit auf.

Im November 2012 erkrankte eine Kollegin aus der Registratur längerfristig. Die Vorgesetzte trug der Klägerin daraufhin auf, die Arbeiten am Arbeitsplatz der erkrankten Kollegin durchzuführen. Die Klägerin machte geltend, sie habe Schmerzen im Arm, die sie an der Arbeit in der Registratur hindern würden. Die Vorgesetzte hielt ihr entgegen, dass von ihrer Dienstfähigkeit auszugehen sei, solange sie sich im Dienst befände. Die Klägerin soll daraufhin mit den Worten reagiert haben: „Dir ist schon klar, dass ich mich dann krankschreiben lasse?

Die Klägerin arbeitete daraufhin noch zwei Tage in der Registratur und ging dann zum Arzt, der ihr eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum vom 27. November bis zum 14. Dezember 2012 ausstellte.

Die Arbeitgeberin kündigte daraufhin fristlos wegen Ankündigung einer zukünftigen Erkrankung. Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben.

Die Entscheidung:

Das Landesarbeitsgericht Köln hat sich der Entscheidung des Arbeitsgerichts angeschlossen.

I. Ankündigung einer Krankschreibung als fristloser Kündigungsgrund

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bereits die Ankündigung einer zukünftigen, im Zeitpunkt der Ankündigung nicht bestehenden Erkrankung durch den Arbeitnehmer für den Fall, dass der Arbeitgeber einem Verlangen des Arbeitnehmers nicht entsprechen sollte, ohne Rücksicht auf eine später tatsächlich auftretende Krankheit an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abzugeben.

Der Arbeitnehmer darf dem Arbeitgeber keine ungerechtfertigten Nachteile androhen. Versucht der Arbeitnehmer, einen ihm nicht zustehenden Vorteil durch eine unzulässige Drohung zu erreichen, so verletzt er bereits hierdurch seine arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht. Diese verbietet es, die andere Seite unzulässig unter Druck zu setzen.

Die Pflichtwidrigkeit liegt in erster Linie darin, dass der Arbeitnehmer mit einer solchen Erklärung zum Ausdruck bringt, er sei notfalls bereit, seine Rechte aus dem Entgeltfortzahlungsrecht zu missbrauchen, um sich einen unberechtigten Vorteil zu verschaffen. Dadurch wird das Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit und Loyalität des Arbeitnehmers in schwerwiegender Weise beeinträchtigt, so dass in einer solchen Erklärung regelmäßig auch ohne vorausgehende Abmahnung ein die außerordentliche Kündigung an sich rechtfertigender verhaltensbedingter Grund zur Kündigung liegt. Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer später (zufällig) tatsächlich erkrankt oder nicht.

II. Bereits objektiv erkrankte Arbeitnehmer

Ein krankheitsbedingt arbeitsunfähiger Arbeitnehmer ist nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet und der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, diese zu verlangen. Dies gilt nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Köln auch dann, wenn der Arbeitnehmer bislang trotz bereits bestehender Erkrankung – ggf. überobligatorisch – dem Arbeitgeber seine Arbeitsleistung angeboten haben sollte. Weist etwa ein objektiv erkrankter Arbeitnehmer den Arbeitgeber nach Ablehnung eines kurzfristig gestellten Urlaubsgesuchs darauf hin, „dann sei er eben krank“, schließt dies zwar eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers nicht von vornherein aus. Auch in diesem Fall setzt der Arbeitnehmer die Krankheit gegenüber dem Arbeitgeber als „Druckmittel“ ein, um den Arbeitgeber zu einem gewünschten Verhalten zu veranlassen. War der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Ankündigung eines künftigen, krankheitsbedingten Fehlens aber bereits objektiv erkrankt, wiegt die damit verbundene Pflichtverletzung nicht so schwer, dass bereits fristlos gekündigt werden könnte.

III. Darlegungs- und Beweislast

Bei Kündigungen trifft allein den Kündigenden, also den Arbeitgeber, die volle Darlegungs- und Beweislast. Dies gilt auch für diejenigen Tatsachen, die einen vom Gekündigten behaupteten Rechtfertigungsgrund ausschließen. Somit hat der Arbeitgeber nicht nur die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlen des Arbeitnehmers. Er muss auch darlegen und ggf. beweisen, dass der Arbeitnehmer unentschuldigt gefehlt hat und die vom Arbeitnehmer behauptete Erkrankung nicht vorlag.

Dies war im vorliegenden Fall dem Arbeitgeber nicht möglich. Die Arbeitnehmerin konnte darauf verweisen, dass sie bereits im Oktober arbeitsunfähig erkrankt war. Aus dem vorgelegten Attest wurde deutlich, dass die Klägerin „seit Anfang Oktober 2012 unter den unten aufgeführten Diagnosen leidet“. Dass sie zwischendurch arbeitsfähig gewesen war, war insoweit irrelevant.

Hinweis für die Praxis:

Die Entscheidung macht einmal mehr deutlich, dass die bloße Androhung einer Erkrankung für eine fristlose Kündigung noch nicht ausreichend ist und sich für den Arbeitgeber immer Restrisiken ergeben. Kann nämlich der Arbeitnehmer nachweisen, dass er bereits objektiv zum Zeitpunkt der unberechtigten Androhung erkrankt war, schließt dies eine spätere fristlose Kündigung aus. Das Landesarbeitsgericht Köln hat eine solche Äußerung „als unglücklich und ungeschickt“ bezeichnet, nicht aber als pflichtwidrig. Für den Arbeitgeber verbleiben also stets Prozessrisiken, die sich bei Ausspruch der Kündigung noch nicht sicher abschätzen lassen. In der Praxis sollte daher der Ausspruch einer fristlosen Kündigung wohl überlegt werden und im Zweifel ist das mildere Mittel der Abmahnung zu wählen.

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