03.03.2015 -

Das Bundesjustizministerium hat nun seinen angekündigten Referentenentwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen vorgelegt. Der Entwurf sieht die Einführung eines neuen Tatbestands der „Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen“ (§ 299a StGB-E) vor. Bereits am 15.01.2015 hatte Bayern einen eigenen Gesetzentwurf (BR Drs. 16/15) in den Bundesrat eingebracht.

Der neue § 299a lautet:

„(1) Wer als Angehöriger eines Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug, der Verordnung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial

1. einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge oder

2. in sonstiger Weise seine Berufsausübungspflichten verletze,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer einem Angehörigen eines Heilberufs im Sinne des Absatzes 1 im Zusammenhang mit dessen Berufsausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug, der Verordnung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial

1. ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge oder

2. in sonstiger Weise Berufsausübungspflichten verletze.“

Problemaufriss:

Nach der Entscheidung des Großen Senats des Bundesgerichtshofs vom 29. März 2012 (GSSt 2/11) handeln niedergelassene, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassene Ärzte bei Wahrnehmung der ihnen in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben weder als Amtsträger noch als Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen (§ 299 StGB), sodass die Korruptionstatbestände des Strafgesetzbuchs für niedergelassene Vertragsärzte grundsätzlich nicht anwendbar sind. Der vorliegende Gesetzentwurf soll diese Strafbarkeitslücken schließen.

Der Entwurf:

Der Tatbestand erfasst – im Gegensatz zum bayerischen Entwurf – nicht nur die akademischen Heilberufe (Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten), sondern auch die sogenannte Gesundheitsfachberufe (wie z.B. Gesundheits-und Krankenpfleger, Ergotherapeuten, Logopäden und Physiotherapeuten). Letztlich werden sämtliche Angehörige von Heilberufen, die für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordern, in den Straftatbestand einbezogen.

Die Neuregelung soll vor allem Prämienzahlungen von Pharmaunternehmen an Ärzte, mit denen das Verschreibungsverhalten zugunsten eines bestimmten Präparats beeinflusst werden soll, Zuwendungen für die Zuführung von Patienten oder von Untersuchungsmaterial (beispielsweise an eine Klinik, an ein Sanitätshaus oder an ein Labor) sowie Fälle, in denen unter Umgehung der geltenden Preisvorgaben auf Bezugs- und Abgabeentscheidungen von Apothekern eingewirkt wird, um unlautere Wettbewerbsvorteile zu erlangen, unter Strafe stellen.

Nach der Gesetzesbegründung ist hierbei von einem weiten Vorteilsbegriff auszugehen. Darunter fallen z.B. Einladungen zu Kongressen, die Einräumung von Gewinnbeteiligungen sowie die Teilnahme an vergüteten Anwendungsbeobachtungen. Eine Geringwertigkeitsgrenze ist zwar nicht vorgesehen. Bei geringfügigen und allgemein üblichen Werbegeschenken oder bei kleineren Präsenten von Patienten, denen die objektive Eignung fehlt, konkrete heilberufliche Entscheidungen zu beeinflussen, ist jedoch von einer sozialadäquaten Zuwendung auszugehen, die den Tatbestand der Vorschrift nicht erfüllt.

Das bloße Annehmen eines Vorteils erfüllt den Tatbestand allerdings nicht. Vielmehr muss eine konkrete Unrechtsvereinbarung vorliegen, d.h. der Vorteil muss als Gegenleistung für eine konkrete Bevorzugung im Wettbewerb oder eine konkrete Verletzung der Berufsausübungspflichten angeboten, versprochen oder gewährt werden. Dagegen ist es nicht ausreichend, dass mit der Zuwendung nur das allgemeine „Wohlwollen“ des Nehmers erkauft werden soll.

Weiterhin soll die Strafverschärfung des § 300 StGB (Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren) auf § 299a StGB-E ausgedehnt werden. Sie greift bei gewerbsmäßigem Handeln oder beim Vorliegen eines Vorteils großen Ausmaßes ein. Ferner soll sich nach dem Referentenentwurf auch strafschärfend auswirken, wenn der Patient in die Gefahr einer erheblichen Gesundheitsgefährdung gebracht wird.

Die Tat soll nur auf Antrag oder falls ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht, verfolgt werden. Antragsberechtigt sind nach dem Entwurf die Verletzten, d.h. in den Fällen der Bevorzugung im Wettbewerb die benachteiligten Mitbewerber. Auch Patienten sind zur Strafantragsstellung berechtigt, wenn bei der Behandlung heilberufliche Entscheidungen von unlauteren Zuwendungen beeinflusst werden. Weiter sind nach der vorgeschlagenen Regelung auch rechtsfähige Berufsverbände von Mitbewerbern, die gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen sowie private Kranken- und Pflegeversicherungsunternehmen antragsberechtigt.

Fazit:

Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzentwurf in der jetzigen Fassung umgesetzt wird. In jedem Falle sollten sich die Betroffenen frühzeitig auf die Neuregelung einstellen. Denn im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Apothekern und anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen wird künftig das Strafrecht eine größere Rolle als bislang spielen. Vor diesem Hintergrund werden Honorar- und Beraterverträge, Beteiligungsmodelle sowie das sog. Pharmamarketing auch im Lichte des neuen § 299a StGB zu prüfen sein. In Zweifelsfällen sollten Ärzte und Angehörige anderer Heilberufe daher auf die Annahme und Gewährung von Vorteilen verzichten, um jeglichen Anschein einer unlauteren Beeinflussung zu vermeiden.

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