Immer wieder kommt es im Erbfall zu Problemen rund um die Besteuerung von Wertpapierdepots. Eine für die Inhaber von börsennotierten Fondsanteilen, vor allem für die Anteilsinhaber offener Immobilienfonds, relevante Problematik hat nun das Finanzgericht Münster entschieden – leider zum Nachteil der Anleger.
Der Sachverhalt:
Der Kläger war von der Erblasserin in ihrem notariellen Testament als Erbe zu 40 % eingesetzt worden. Die Erblasserin hatte Testamentsvollstreckung angeordnet. Zum Nachlass gehörte u.a. ein Wertpapierdepot bei einer Bank, in dem sich u.a. Investmentfonds-Anteile befanden.
Der Testamentsvollstrecker fügte der Erbschaftsteuererklärung eine Wertpapierübersicht der Bank vom 16.2.2013 bei, in welcher der jeweilige Rücknahmepreis der Anlagegesellschaft vom 15.2.2013 beziffert war. Das Finanzamt übernahm diese Werte im Rahmen der Erbschaftsteuer.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Begründung, der für das Wertpapierdepot angesetzte Kurswert sei überhöht. Die Rücknahme der Anteile war nämlich von der Anlagegesellschaft ausgesetzt worden, so dass die Anteile nur über die Börse verkäuflich waren. An der Börse waren die Tagesschlusskurse aber wegen „Panikabschlägen“ deutlich geringer als der Rücknahmepreis gewesen.
Die Bank hatte gegenüber dem Finanzamt auf Nachfrage mitgeteilt, die Börsenkurse seien nur eine Momentaufnahme. Im Laufe der Auflösung des Fonds sei durchaus der Rücknahmepreis zu erreichen.
Der Kläger begehrte eine Herabsetzung der Erbschaftsteuer unter Berücksichtigung des Tagesschlusskurses der Anteile am 15.2.2013.
Die Entscheidung des Gerichts:
Das Finanzgericht Münster wies die Klage ab. Die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) wurde allerdings zugelassen.
Nach § 11 Abs. 4 Bewertungsgesetz (BewG) in der im Streitjahr 2013 geltenden Fassung sind Wertpapiere, die Rechte der Anleger (Anteilinhaber) gegen eine Kapitalgesellschaft oder einen sonstigen Fonds verbriefen (Anteilscheine), mit dem Rücknahmepreis anzusetzen. Für eine hiervon abweichende Bewertung gibt das BewG keine Rechtsgrundlage.
Dass die an der Stuttgarter Börse gehandelten Fondsanteile am Stichtag einen geringeren Kurs erzielt hatten als den Rücknahmepreis, war deswegen für Zwecke der Erbschaftsteuerfestsetzung unbeachtlich.
Eine Auslegung gegen den Wortlaut des Gesetzes war nach Auffassung des Senats nicht geboten, auch wenn der Tagesschlusskurs wie im vorliegenden Fall niedriger war als der Rücknahmepreis. Die Schließung des Fonds führte nicht dazu, dass die Wertpapiere mit dem Börsenkurs nach
§ 11 Abs. 1 BewG oder mit dem gemeinen Wert nach § 11 Abs. 2 BewG zu bewerten war. Denn
§ 11 Abs. 4 BewG sieht eine Ausnahme vom Ansatz der Anteile mit dem Rücknahmepreis nicht vor.
Auch die durch Gesetz vom 18.12.2013 geänderte Fassung des § 11 Abs. 4 BewG führte zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch nach der Neufassung von § 11 Abs. 4 BewG sind Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen i.S.d. Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.
Hinweis für die Praxis:
Bei Investmentfonds kam es in der Vergangenheit immer wieder vor, dass die Anteilsrücknahme ausgesetzt werden musste, weil zu viele Anleger gleichzeitig Liquidität abzogen. Dies betraf vor allem offene Immobilienfonds (z.B. KanAm Grundinvest, SEB Immoinvest, Degi Europa, Degi International etc.), weil diese anders als z.B. Aktienfonds nicht in der Lage sind, zeitnah Liquidität durch Verkauf ihrer Investments zu schaffen. Zum Schutz der Gesellschaft und auch der übrigen Anleger sah § 81 Investmentgesetz (InvG) a.F. ebenso wie der nun geltende § 257 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) vor, dass die Anteilsrücknahme für eine gewisse Zeit – bis zu 36 Monate – ausgesetzt werden kann. Das bedeutet für Anleger natürlich eine erhebliche Einschränkung ihrer Liquidität. In dieser Zeit ist ein Verkauf dann nur über die Börse möglich – mit erheblichen Kursabschlägen.
Richtig ist natürlich, dass im Rahmen einer geordneten Abwicklung des Fonds der „innere Wert“ noch erreicht werden kann, weshalb die Entscheidung des Gesetzgebers und ihm folgend des FG Münster nachvollziehbar ist, auf den Rücknahmepreis abzustellen.
Zwingend ist diese Argumentation des Finanzgerichts allerdings nicht. Ebenso gut lässt sich vertreten, dass der von der Fondsgesellschaft trotz Aussetzung der Anteilsrücknahme laufend mitgeteilte „Rücknahmepreis“ eben nicht einen wirklichen Rücknahmepreis darstellt, weil eine Rücknahme ja nicht stattfindet. Es handelt sich also nur um die Mitteilung eines theoretischen Wertes der Beteiligung.
Man könnte sich auch die Frage stellen, ob eine Unterschreitung des Rücknahmepreises im Rahmen der Abwicklung des Investmentvermögens nicht wenigstens zur nachträglichen Feststellung eines niedrigeren Wertes führen müsste.
Betroffene Erben, die Anteile an Investmentfonds im Nachlass vorfinden, deren Anteilsrücknahme im Zeitpunkt des Erbfalls ausgesetzt ist, sollten daher bis zu einer Entscheidung des BFH Einspruch gegen den Erbschaftsteuerbescheid einlegen, wenn dort die Anteile mit dem Rücknahmepreis bewertet sind.
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