Zum Fall:

Der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm lag eine Sachverhaltskonstellation zugrunde, die bei Bauträgermodellen nicht selten anzutreffen sein dürfte. Eine Bauträger-GmbH realisiert ein Bauprojekt mit sechs Eigentumswohnungen. Zur tatsächlichen Ausführung der einzelnen Gewerke erteilt die Bauträger-GmbH entsprechende Aufträge an diverse Bauunternehmen. U.a. wird ein Auftrag zur Erstellung eines Wärmedämm-Verbund-Systems gegenüber der späteren Klägerin beauftragt. Auf die erste Abschlagsrechnung der Klägerin wird seitens des Bauträgers gezahlt, auf die zweite Abschlagsrechnung hingegen nicht. Der Bauträger meldet Insolvenz an. Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat der Bauträger bereits sämtliche Eigentumswohnungen an verschiedene Erwerber verkauft und von diesen Kaufpreiszahlungen nach Baufortschritt gem. der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) erhalten.

Die Klägerin nimmt nunmehr den Geschäftsführer der insolventen Bauträger-GmbH persönlich in Anspruch und begründet dessen Haftung mit einer „Baugeldveruntreuung“. Die Klägerin ist der Ansicht, der Geschäftsführer des Bauträgers habe die Kaufpreisraten der Erwerber vorrangig zur Befriedigung der klägerischen Werklohnansprüche verwenden müssen.

Zur Entscheidung:

Mit seiner Entscheidung vom 16.09.2014 – 21 U 86/14 – hat das Oberlandesgericht Hamm das vorinstanzliche Urteil des Landgerichtes Essen  bestätigt und klargestellt,

  • dass Kaufpreiszahlungen nach MaBV von Erwerbern einer Eigentumswohnung an einen Bauträger Baugeld nach dem Bauforderungssicherungsgesetz darstellen, damit vorrangig zur Befriedigung u.a. der beauftragten (Nach-)unternehmen zu verwenden sind

 und

  • dass der Geschäftsführer einer Bauträger GmbH im Falle eines Verstoßes gegen diese aus dem Bauforderungssicherungsgesetz folgenden Verwendungspflichten für das empfangene Baugeld dem jeweiligen Gläubiger gegenüber persönlich haften kann.

Zur Begründung:

Zur Begründung seiner Entscheidung führt das Oberlandesgericht Hamm aus:

1.

Nach § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 des Bauforderungssicherungsgesetzes sind Geldbeträge u.a. dann Baugeld, wenn sie zum Zweck der Bestreitung der Kosten eines Baus in der Weise gewährt werden, dass die Übertragung eines Eigentums an dem Grundstück erst nach gänzlicher oder teilweiser Herstellung des Baus erfolgen soll. Ob ein Betrag zum Zwecke der Bestreitung der Kosten eines Baus gewährt wurde, ist nach der gesetzlichen Vermutung in Abs. 3 S. 2 des Bauforderungssicherungsgesetzes insbesondere dann anzunehmen, bei Beträgen, deren Auszahlung nach Baufortschritt erfolgt, ohne dass eine nähere Bestimmung des Verwendungszweckes vorzuliegen braucht.

Diese gesetzliche Vermutung sei vorliegend erfüllt. Denn der Bauträger erhalte Zahlungen von den jeweiligen Käufern aufgrund der MaBV. Die MaBV sehe wiederum vor, dass Zahlungen eben nach Baufortschritt getätigt würden. Im Ergebnis sei daher die gesetzliche Vermutung in § 1 Abs. 3 S. 2 des Bauforderungssicherungsgesetzes zum Vorliegen von Baugeld erfüllt.

2.

Das klagende Bauunternehmen müsse lediglich darlegen, dass es eine (Werklohn-) Forderung in Höhe des Baugeldes habe und das Baugeld nicht mehr zur Verfügung stehe. Demgegenüber sei sodann der Bauträger (!) dafür darlegungs- und insbesondere beweisbelastet, dass die von den Erwerbern entgegengenommenen Zahlungen entsprechend dem Bauforderungssicherungsgesetz zur Befriedigung der an der Herstellung des Baus aufgrund eines Werk-, Dienst- oder Kaufvertrages Beteiligten verwendet wurden. Kurz: Der Bauträger muss die ordnungsgemäße Verwendung des Baugeldes substantiiert darlegen. 

3.

Der gesetzliche Vertreter – hier der Geschäftsführer der Bauträger GmbH – haftet dann persönlich, wenn er während seiner Amtszeit vorsätzlich Baugelder zweckwidrig – d.h. entgegen den Vorgaben des BauFordSiG – verwendet hat und deshalb die Werklohnforderung der Klägerin nicht erfüllt wird / wurde.

Für die Annahme eines vorsätzlichen Handelns des Geschäftsführers lässt das Oberlandesgericht Hamm, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, einen bedingten Vorsatz genügen. D.h., es reicht aus, dass der Geschäftsführer wusste, dass das empfangene Geld Baugeld war, wobei dieser Nachweis wiederum von dem auf Schadensersatz klagenden Bauunternehmer geführt werden müsse. An diesem Nachweis dürften indessen nicht allzu hohe Anforderungen zu stellen sein. Denn das Oberlandesgericht Hamm stellt weiter fest, dass ein in der Baubranche tätiger Unternehmer wissen muss, dass sowohl bei größeren Bauvorhaben als auch bei der Errichtung von Einfamilienhäusern durch einzelne Familien, die Finanzierung regelmäßig durch grundpfandrechtlich abgesicherte Fremdmittel erfolge, was wiederum der Baugelddefinition in § 1 Abs. 3 des Bauforderungssicherungsgesetzes entspricht. Ebenso müsse davon ausgegangen werden, dass auf Seiten des Geschäftsführers einer Bauträger GmbH Kenntnis darüber vorliege, dass es sich bei den Kaufpreisforderungen gegenüber den jeweiligen Käufern um Geldbeträge handelt, die von den Käufern der Eigentumswohnungen auch für die Herstellung des Baues bzw. eine damit im Zusammenhang stehende Leistung gezahlt werden (und nicht nur für den reinen Grundstückserwerb).

Fazit:

Die  Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm stellt für die Praxis klar, dass von Erwerbern an den Bauträger geleistete Kaufpreis(raten)zahlungen Baugeld i.S. des Bauforderungssicherungsgesetzes darstellen.  Folglich sind diese Beträge vorrangig zur gilt für die Verwendung dieser Gelder die Vorgaben des Bauforderungssicherungsgesetzes zu beachten. Insbesondere der oder die Geschäftsführer einer Bauträger-GmbH sind gut beraten, wenn sie die Verwendung von erhaltenen Kaufpreiszahlungen sorgfältig prüfen, wollen sie nicht Gefahr laufen, ggf. persönlich in Haftung und Anspruch genommen zu werden.

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