31.05.2015 -

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass von einem Zahnarzt durchgeführte Zahnaufhellungen (sogenannte Bleaching), die zur Beseitigung behandlungsbedingter Zahnverdunklungen vorgenommen werden, steuerfreie Heilbehandlungen sind.

Der Fall (verkürzt):

Die Klägerin, eine zahnärztliche Gemeinschaftspraxis in der Gesellschaftsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die von den Zahnärzten A und B betrieben wird, erbrachte in den Streitjahren 2005 und 2007 zahnärztliche Leistungen. Im Anschluss an bestimmte medizinisch indizierte zahnärztliche Behandlungen (z.B. Wurzelkanalbehandlungen) wurde bei einigen Patienten eine Zahnaufhellung an den zuvor behandelten Zähnen durchgeführt. Für die Leistungen der Zahnaufhellung berechnete die Klägerin den betroffenen Patienten im Streitjahr 2005 ein Entgelt von 286,00 € und im Streitjahr 2007 von 226,00 €, ohne Umsatzsteuer gesondert in Rechnung zu stellen. In den Umsatzsteuererklärungen behandelte sie diese Leistungen als steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (UStG). Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging der Beklagte, das Finanzamt, davon aus, dass die Klägerin mit der Zahnaufhellung umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbracht habe und erließ am 27. April 2010 entsprechend geänderte Steuerbescheide. Die dagegen gerichteten Einsprüche hatten keinen Erfolg. Demgegenüber gab das Finanzgericht der Klage statt. Hiergegen wandte sich das Finanzamt mit der Revision.

Die Entscheidung:

Der BFH wies die Revision mit folgender Begründung zurück:

Die Steuerbefreiung sei nicht auf solche Leistungen beschränkt, die unmittelbar der Diagnose, Behandlung oder Heilung einer Krankheit oder Verletzung dienen. Sie erfasse auch Leistungen, die erst als Folge solcher Behandlungen erforderlich werden, seien sie auch ästhetischer Natur (Folgebehandlung). So verhalte es sich, wenn die medizinische Maßnahme dazu diene, die negativen Folgen der Vorbehandlung zu beseitigen. Dies stehe im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH, wonach eine therapeutische Zweckbestimmtheit einer Leistung nicht in einem besonders engen Sinne zu verstehen sei. Nach diesen Maßstäben habe das Finanzgericht die Steuerfreiheit der Leistungen der Klägerin zutreffend bejaht. Die Klägerin habe mit den Zahnbehandlungen steuerfreie sonstige Leistungen erbracht. Diese Zahnbehandlungen, die jeweils eine Verdunklung des behandelten Zahnes zur Folge hatten, seien medizinisch indiziert gewesen. Als Heilbehandlung seien diese zahnärztlichen Leistungen deshalb nach § 4 Nr. 14 S. 1 UStG steuerfrei.

Die als Folge dieser Zahnbehandlungen notwendig gewordenen Zahnaufhellungsbehandlungen – als ästhetischer Eingriff – seien ebenfalls nach § 4 Nr. 14 S. 1 UStG steuerfrei. Der Eingriff ästhetischer Natur war im Streitfall medizinisch erforderlich. Zwar habe die Zahnaufhellungsbehandlung im Streitfall ausschließlich eine optische Veränderung des Zahnes (Aufhellung) zur Folge. Gleichwohl sei der Eingriff nicht zu rein kosmetischen Zwecken erfolgt. Vielmehr dienten die Zahnaufhellungen dazu, die infolge der Vorschädigung eingetretene Verdunklung der Zähne zu behandeln, so das Gericht. Damit habe die jeweilige Zahnaufhellungsbehandlung in einem sachlichen Zusammenhang mit den vorherigen Behandlungen, weil sie deren negative Auswirkungen (Verdunklung) zu beseitigen bezweckten.

Für die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 S. 1 UStG sei zudem unerheblich, dass die Zahnaufhellungsleistungen von der Klägerin als GbR erbracht worden seien. Da die Steuerbefreiung personenbezogen sei und nur davon abhängt, dass es sich um ärztliche oder arztähnliche Leistungen handelt, die – wie im Streitfall – von Personen erbracht werden, die die erforderlichen beruflichen Befähigungsnachweise besitzen, komme es nicht auf die Rechtsform an, unter der die Heilbehandlungsleistungen erbracht werden.

Hinweis für die Praxis:

Nach § 4 Nr. 14a Umsatzsteuergesetz (UStG) sind Heilbehandlungen des Zahnarztes steuerfrei. Dazu gehören auch ästhetische Behandlungen, wenn diese Leistungen dazu dienen, Krankheiten oder Gesundheitsstörungen zu diagnostizieren, zu behandeln oder zu heilen. Steuerbefreit ist auch eine medizinische Maßnahme ästhetischer Natur zur Beseitigung negativer Folgen einer Vorbehandlung.

Fazit:

Der BFH hatte bereits entschieden, dass auch ästhetische Behandlungen unter den Begriff Heilbehandlungen fallen, wenn diese Leistungen dazu dienen, Krankheiten oder Gesundheitsstörungen zu diagnostizieren, zu behandeln oder zu heilen oder die Gesundheit zu schützen, aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen (Urteil v. 04.12.2014 – VR 33/12). Mit dieser Entscheidung führt der BFH seine Rechtsprechung fort und schafft damit Rechtsklarheit.

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