26.07.2015 -

Der Vertragsarztsenat des BSG befasste sich zum einen mit den Anforderungen gem. § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV an die Aufnahme der Tätigkeit eines MVZ innerhalb von drei Monaten nach Erteilung der Zulassung sowie den Voraussetzungen, unter denen eine Pflichtverletzung die Entziehung der Zulassung rechtfertigt.

§ 19 Abs. 3 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) lautet:

„(3) Wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, endet die Zulassung.“

Problemaufriss:

In der Praxis stellt sich gelegentlich das Problem, dass nach dem Beschluss des Zulassungsausschusses unerwartete bzw. nicht steuerbare Ereignisse eintreten, die die Praxisaufnahme verhindern. Die Ursachen sind vielfältig und liegen häufig im tatsächlichen Bereich (z.B. das Auftreten einer Krankheit, Verzögerungen bei der Fertigstellung der Praxisräumlichkeiten etc.). Um die Beendigung abzuwenden wird zum Teil geraten, beim Zulassungsausschuss eine Verlängerung der Frist zu beantragen, obwohl diese Möglichkeit nur in § 19 Abs. 2 Ärzte-ZV vorgesehen ist oder das Ruhen der Zulassung zu beantragen.

Der Fall (verkürzt):

Im vorliegenden Fall wurde das Gebäude, in dem ein MVZ betrieben werden sollte, nicht rechtzeitig fertiggestellt. Deshalb haben die Ärzte, die zugunsten einer Anstellung im MVZ auf ihre Zulassungen verzichteten, ihre Tätigkeit zunächst in den alten Praxisräumen fortgesetzt. Sie rechneten gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung aber schon unter der Betriebsnummer des MVZ ab, obwohl für dieses noch gar kein Gebäude vorhanden war. Dessen Räumlichkeiten waren erst eineinhalb Jahre später bezugsfertig. Der Zulassungsausschuss erhielt Kenntnis hiervon und entzog dem MVZ die Zulassung. Der Widerspruch der betroffenen Ärzte und auch die Klage vor dem Sozialgericht Freiburg blieben erfolglos. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg war dagegen der Auffassung, dass das MVZ seine Tätigkeit nur „am falschen Ort aufgenommen“ habe. Dieser Umstand wiege aber nicht so schwer, dass er die Entziehung der Zulassung rechtfertige.

Die Entscheidung:

Bislang liegt die Entscheidung des BSG nur als Terminbericht (Nr. 25/2015) vor. Darin heißt es wie folgt:

„Die Revision des beklagten Berufungsausschusses hat Erfolg. Entgegen der Auffassung des LSG endete die Zulassung der Klägerin, weil diese ihre Tätigkeit nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen hat. Die Ärzte, die zuvor auf ihre Zulassung verzichtet hatten, um als angestellte Ärzte im MVZ tätig zu werden, haben ihre Tätigkeit am Ort ihrer bisherigen Praxis fortgeführt, weil das Gebäude, in dem das MVZ betrieben werden sollte, noch nicht errichtet war. Damit hat die Klägerin ihre Tätigkeit als MVZ nicht nur am falschen Ort, sondern in den ersten ca. eineinhalb Jahren überhaupt nicht aufgenommen. Die Existenz eines MVZ setzt jedenfalls das Vorhandensein einer räumlich und sachlich abgrenzbaren Einheit voraus. Daran fehlte es hier vollständig.

Wenn die Zulassung nicht bereits kraft Gesetzes geendet hätte, hätte die Klägerin diese im Übrigen durch die hilfsweise verfügte Entziehung verloren. Die Klägerin hat den Zulassungsausschuss durch wiederholt unwahre Angaben über die Aufnahme der Tätigkeit des MVZ getäuscht und Leistungen unter der Betriebsnummer des nicht existierenden MVZ gegenüber der zu 1) beigeladenen KÄV abgerechnet. Darin liegt eine gröbliche Verletzung von Pflichten, die die Vertrauensbasis gegenüber den Zulassungsgremien, gegenüber der Beigeladenen zu 1) und gegenüber den Krankenkassen zerstört und die deshalb zur Entziehung der Zulassung berechtigt.“

Hinweis für die Praxis:

Bei § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV handelt es sich um einen gesetzlichen Beendigungsgrund. Die Dreimonatsfrist gilt unabhängig von der Art der Zulassung. Auf die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit stellt die Rechtsprechung auch bei einer Berufsausübungsgemeinschaft ab. Dabei wird eine vertragsärztliche Tätigkeit erst dann ausgeübt, wenn der Vertragsarzt die Gesamtheit seiner Pflichten im Wesentlichen erfüllt.

Fazit:

Zwar mag die Rechtsfolge unbefriedigend sein, der Wortlaut des § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV ist insoweit allerdings eindeutig. Die Entscheidung des BSG sowie die Vorgaben zur Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit sind daher zwingend bei der Gründung eines MVZ zu beachten. Sobald die ausformulierten Entscheidungsgründe vorliegen, werden wir erneut berichten.

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