16.09.2015 -

Die Universität Köln darf eine mit der Bayer Pharma AG geschlossene Forschungsvereinbarung geheim halten. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Münster mit Urteil vom 18.08.2015 entschieden.

§ 2 Abs. 3 Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen lautet:

Für Forschungseinrichtungen, Hochschulen und Prüfungseinrichtungen gilt dieses Gesetz nur, soweit sie nicht im Bereich von Forschung, Lehre, Leistungsbeurteilungen und Prüfungen tätig werden.“

Der Fall (verkürzt):

Der Kläger hatte von der Universität Köln unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) verlangt, eine Rahmenvereinbarung mit dem Pharmaunternehmen herauszugeben, in der es um die gemeinsame Auswahl und Durchführung von pharmazeutischen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben auf den Gebieten der Kardiologie, der Onkologie, der Augenheilkunde, der Neurologie, der Psychiatrie und der Kinderheilkunde sowie um die Einrichtung eines Graduiertenkollegs für „Pharmakologie und Therapieforschung“ ging. Das Verwaltungsgericht Köln wies die Klage ab.

Die Entscheidung:

Der 15. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen hat die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln bestätigt. In der mündlichen Urteilsbegründung hieß es u.a.:

Die streitige Rahmenvereinbarung falle in den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 3 IFG NRW. Diese Bestimmung nehme die Tätigkeit von Hochschulen im Bereich Forschung und Lehre von Informationsansprüchen nach dem Informationsfreiheitsgesetz NRW aus. Die Vorschrift solle verhindern, dass es durch einen Informationszugang zu einer Gefährdung der Grundrechtspositionen von Wissenschaft und Forschung komme. Deshalb sei der Begriff „Forschung und Lehre“ in § 2 Abs. 3 IFG NRW ebenso weitreichend zu verstehen wie derjenige der Wissenschaftsfreiheit des Grundgesetzes. Er schließe sowohl die wissenschaftliche Erkenntnisgewinnung durch Forschung im engeren Sinn als auch unmittelbar wissenschaftsrelevante Angelegenheiten wie z.B. Drittmittelverträge und ähnliche organisatorische Vorkehrungen für Forschungsvorhaben ein. Zu den letztgenannten Angelegenheiten zähle auch die streitgegenständliche Rahmenvereinbarung. An der Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 3 IFG NRW bestünden keine Bedenken. Der Gesetzgeber habe bei der Ausgestaltung der Informationsfreiheit gerade auch im Verhältnis zur Wissenschaftsfreiheit einen weiten Gestaltungsspielraum. Diesen habe er verfassungskonform ausgefüllt.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen kann Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

(Quelle: Pressemitteilung des OVG Münster v. 18. August 2015)

Hinweis für die Praxis:

§ 2 Abs. 3 IFG NRW stellt klar, dass das Informationsrecht nicht gegenüber Forschung und Lehre greift. Durch den Zugang zu amtlichen Informationen soll es insbesondere nicht dazu kommen, dass die Grundrechtspositionen von Wissenschaft und Forschung gefährdet werden. Bislang war jedoch umstritten, ob die Ausnahme für den Bereich der Forschung auch den Abschluss eines Kooperationsvertrages einer Universität mit einem Unternehmen erfasst.

Mit dem Recht des Informationszugangs kann neben den öffentlichen Belangen aber auch der Schutz privater Interessen kollidieren, so dass hieraus ein legitimer Grund zur Verweigerung des Informationszugangs entstehen kann. Der Informationsanspruch eines Dritten bedeutet etwa für die Unternehmensgeheimnisse bzw. das Knowhow eines Unternehmens ein immanentes Risiko, da ohne ausreichende Schutzgewähr Wettbewerber oder andere eine Ausforschung der Unternehmensgeheimnisse bewirken könnten. Dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen dient § 8 IFG NRW. Danach ist ein Antrag auf Informationszugang daher abzulehnen, soweit durch die Übermittlung der Information ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart wird und dadurch ein wirtschaftlicher Schaden entstehen würde.

Fazit:

Vorliegend kam es auf die Frage, ob das Bekanntwerden des Vertrags die Freiheit von Wissenschaft und Forschung beeinträchtige oder ob die Allgemeinheit ein überwiegendes Interesse an der Veröffentlichung habe, nicht an. Entscheidend war nur, ob die Regelungen der Rahmenvereinbarung dem Bereich der Forschung unterfallen. Das hat das Gericht bejaht und damit für Rechtsklarheit gesorgt. Überdies dürfte das Pharmaunternehmen – soweit es um die wirtschaftliche Verwertung der Forschungsergebnisse geht – auch ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung haben. Insoweit stünde der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen dem allgemeinen Informationszugangsanspruch entgegen, weil dem Unternehmen durch die Übermittlung der Information ein nicht unerheblicher wirtschaftlicher Schaden entstehen könnte (vgl. § 8 IFG NRW). Sobald die ausformulierten Entscheidungsgründe vorliegen, werden wir erneut berichten.

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