20.12.2015 -

Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG zulässig, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Eine Projektbefristung kann in diesem Sinne die Befristung rechtfertigen. Allerdings müssen dazu mehrere Anforderungen erfüllt sein. Das Bundesarbeitsgericht hat in einem aktuellen Urteil seine Rechtsprechung weiter präzisiert (BAG, Urteil v. 24.09.2014 – 7 AZR 987/12). Wir verzichten auf die Darstellung des speziellen und schwer verständlichen Sachverhaltes und beschränken uns im Folgenden auf die Wiedergabe der Kernaussagen des 7. Senats.

I. Sachgrund des vorrübergehenden betrieblichen Bedarfs

Ein sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Dieser Sachgrund ist von der regelmäßig gegebenen Unsicherheit über die künftige Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs eines Unternehmens zu unterscheiden. Die allgemeine Unsicherheit über die zukünftig bestehende Beschäftigungsmöglichkeit rechtfertigt die Befristung nicht. Eine solche Unsicherheit gehört zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers, das er nicht durch Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages auf den Arbeitnehmer abwälzen darf. Es reicht demnach nicht aus, dass sich lediglich unbestimmt abzeichnet, aufgrund welcher Abläufe eine Tätigkeit des Arbeitnehmers in der Zukunft entbehrlich sein könnte. Vielmehr muss im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten sein, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers kein Bedarf an der Arbeitsleistung mehr besteht.

Hinweis für die Praxis:

Der Arbeitgeber kann also seine üblichen Tätigkeiten nicht in kleine Projekte aufteilen und damit den lediglich vorübergehenden betrieblichen Bedarf rechtfertigen. Zudem muss er bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages eine Prognose erstellen, dass nach Ablauf der Befristung kein Bedarf an der Arbeitsleistung mehr besteht. Die Prognose ist ein Teil des Sachgrundes für die Befristung. Der Arbeitgeber hat diese im Prozess darzulegen.

II. Projektbefristung und Abgrenzung gegenüber Daueraufgaben

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann sich der Arbeitgeber auf eine Projektbefristung (vorübergehender betrieblicher Bedarf) nur dann berufen, wenn es sich bei den im Rahmen des Projekts zu bewältigenden Aufgaben um eine auf vorübergehende Dauer angelegte und gegenüber den Daueraufgaben des Arbeitgebers abgrenzbare Zusatzaufgabe handelt. Dies ist nicht der Fall bei Tätigkeiten, die der Arbeitgeber im Rahmen des von ihm verfolgten Betriebszwecks dauerhaft wahrnimmt oder zu deren Durchführung er verpflichtet ist. Für das Vorliegen eines Projekts spricht es regelmäßig, wenn dem Arbeitgeber für die Durchführung der im Projekt verfolgten Tätigkeiten von einem Dritten finanzielle Mittel oder sonstige Sachleistungen zur Verfügung gestellt werden.

III. Keine synchrone Beschäftigung für gesamte Laufzeit des Projekts

Nicht erforderlich ist, dass der befristete Vertrag für die gesamte Laufzeit des Projekts geschlossen wird. Das bloße Zurückbleiben der Vertragslaufzeit hinter der voraussichtlichen Dauer des Forschungsvorhabens stellt den sachlichen Grund für die Befristung nicht in Frage. Dies ist erst dann der Fall, wenn die Vertragslaufzeit derart hinter der voraussichtlichen Dauer des Befristungsgrundes zurückbleibt, dass eine sinnvolle, dem Sachgrund der Befristung entsprechende Mitarbeit des Arbeitnehmers nicht mehr möglich erscheint.

IV. Wesentlicher Teil der Arbeitszeit

Ein anerkennenswertes Interesse des Arbeitgebers am Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages zur Durchführung eines Projekts setzt hingegen voraus, dass der projektbedingt vorübergehende Bedarf einer Arbeitsleistung ausschlaggebend für den Abschluss des Arbeitsvertrages ist. Ist daher bei Vertragsabschluss die Prognose gerechtfertigt, dass die Arbeit an einem Projekt den wesentlichen Teil der Arbeitszeit beanspruchen wird, schadet es nicht, wenn bereits feststeht oder absehbar ist, dass der Arbeitnehmer nicht ausschließlich projektbezogene Tätigkeiten ausüben wird. Ist hingegen bereits bei Vertragsschluss absehbar, dass die Beschäftigung des Arbeitnehmers mit projektbezogenen Aufgaben nicht den wesentlichen Teil der Arbeitszeit in Anspruch nehmen wird, besteht kein anerkennenswertes Interesse des Arbeitgebers am Abschluss eines nur befristeten Arbeitsvertrages.

V. Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend

Für die Wirksamkeit einer Befristung sind grundsätzlich die Umstände im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend. Spätere Abweichungen können lediglich eine indizielle Bedeutung dafür haben, dass der Sachgrund für die Befristung bei Vertragsschluss in Wahrheit nicht vorlag, sondern lediglich vorgeschoben ist. Wird die Prognose durch die spätere Entwicklung bestätigt, besteht eine ausreichende Vermutung dafür, dass sie hinreichend fundiert erstellt worden ist.

Fazit:

Die Projektbefristung kann die Befristung eines Arbeitsvertrages nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 rechtfertigen. Es muss sich aber gegenüber den Daueraufgaben des Arbeitgebers um abgrenzbare Zusatzaufgaben handeln. Nur wenn die dargestellten Kriterien umfänglich erfüllt sind, ist die Befristung wirksam. Die Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts müssen dazu genau beachtet werden.

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