31.01.2016 -

Nach den Vorfällen bei einem Medikamententest in Frankreich stehen klinische Arzneimittelprüfungen im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Derzeit untersuchen die französischen Behörden den Zwischenfall in Rennes. Dort war es bei der klinischen Prüfung eines neuen Arzneimittels zu schweren Zentralnervensystem-Schäden bei insgesamt sechs Studienteilnehmern gekommen. Ein Teilnehmer ist inzwischen an den Folgen verstorben.

Arzneimittelentwicklung

Bevor ein Arzneimittel in Deutschland auf den Markt kommt, muss es ein striktes mehrstufiges Zulassungsverfahren durchlaufen und bestehen. Eine wichtige Rolle übernimmt dabei das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Sämtliche Probandinnen und Probanden müssen über den Ablauf der Studie und mögliche Risiken aufgeklärt werden. Sie müssen ihrer Teilnahme zustimmen und können ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Voraussetzung für die Teilnahme ist, dass sie geschäftsfähig sind und die Bedeutung der Studie erfassen können. Ausgeschlossen oder nur eingeschränkt teilnahmefähig sind psychisch kranke Menschen oder Minderjährige.

Präklinische Entwicklung

Zunächst wird im Rahmen eines präklinischen Entwicklungsprogramms eine Substanz auf mögliche schädliche Wirkungen getestet. Insbesondere wird untersucht, ob die Substanz giftig ist, Krebs auslöst oder Gene verändert. Für diese Tests wird die Substanz an Zellkulturen und später auch in Tierversuchen getestet.

Genehmigung von klinischen Studien

Die Erprobung einer Substanz an Menschen findet in sogenannte klinischen Studien/Prüfungen statt. Der pharmazeutische Unternehmer (Sponsor) kann diese Studien entweder selbst durchführen oder ein Auftragsforschungsinstitut (Clinical Research Organisation) damit beauftragen. Bevor eine klinische Studie stattfinden darf, muss sie von der zuständigen Bundesoberbehörde genehmigt werden. Je nach der Substanz, die getestet werden soll, sind dafür das BfArM oder das Paul-Ehrlich-Institut zuständig. Darüber hinaus muss die jeweils zuständige Ethikkommission der Studie zustimmen.

Um die Genehmigung für eine klinische Studie zu erhalten, muss der pharmazeutische Unternehmer der Behörde die Ergebnisse der präklinischen Studien vorlegen. Außerdem muss er für jede klinische Studie einen ausführlichen Prüfplan erstellen, der ebenfalls genehmigt werden muss. Darin steht unter anderem, an welchen Personengruppen die Substanz erprobt werden soll und in welchen Fällen die Studie abgebrochen werden muss. Der Prüfplan legt auch fest, nach welchen Kriterien die Wirksamkeit und Sicherheit des Stoffes bewertet werden soll.

Das Arzneimittelgesetz und die Europäische Arzneimittelgesetzgebung fordern von allen an klinischen Prüfungen beteiligten Institutionen und Personen die Einhaltung der sog. „guten klinischen Praxis“ (GCP). Die gute klinische Praxis hat zum Ziel, dass die erhobenen Daten zuverlässig und vertrauenswürdig sind und dass die Rechte und das Wohlergehen der Studienteilnehmer jederzeit geschützt und sichergestellt sind. Bei Verdacht, dass relevante GCP-Verstöße vorliegen, wird eine GCP-Inspektion der entsprechenden klinischen Prüfung veranlasst.

Studienphasen

Die klinischen Studien vor der Zulassung eines Arzneimittels sind in mehrere Phasen unterteilt:

Phase I (gesunde Probanden): meist weniger als 100 Teilnehmer pro Studie,

Phase II (kleinere Patientenstudien): 50 bis 500 Patienten pro Studie,

Phase III (große Patientenstudien): 100 bis mehrere 1000 Patienten pro Studie

In der Phase I wird der Stoff meist an gesunden Probandinnen und Probanden getestet. Dabei will man herausfinden, ob sich der Stoff im Körper eines Menschen so verhält, wie es aus den Ergebnissen der präklinischen Prüfungen abgeleitet wurde. Darüber hinaus wird untersucht, ob unerwünschte Wirkungen auftreten und wie der Stoff vertragen wird. Wenn alle Ergebnisse dafür sprechen, dass weitere Studien als unbedenklich und sinnvoll anzusehen sind, schließt sich die nächste Phase der klinischen Studie an.

Anhand der Ergebnisse aus Phase I wird die Darreichungsform (z.B. Tablette, Inhalat, Infusion o.ä.) für die weiteren Studienphasen festgelegt. Die Dosierung wird im Anschluss an die Phase I bestimmt. In der Phase II erhalten zum ersten Mal Patientinnen und Patienten das Mittel. Untersucht wird dabei, ob es auch so wirkt, wie der Hersteller es vorgesehen hat. Um das nachzuweisen, findet ein Vergleich mit einem Placebo oder der herkömmlichen Behandlung statt (sog. kontrollierte Studien). Es wird auch geprüft, ob das Mittel Nebenwirkungen verursacht. Diese müssen im Vergleich zu seinem Nutzen vertretbar sein. Schließlich wird auch die optimale Dosierung festgelegt. Die Ziele der klinischen Studie in Phase III unterscheiden sich nicht wesentlich von denen der Phase II. Das Mittel wird darin an einer großen Zahl (mehrere 100 bis mehrere 1000) von Patientinnen und Patienten erprobt. Die Forscher wollen damit herausfinden, ob sich die Ergebnisse aus den vorangegangenen Studien auch auf eine große Gruppe unterschiedlicher Patientinnen und Patienten übertragen lassen. Durch die große Patientengruppe lassen sich außerdem weitere Aussagen zu Neben- und Wechselwirkungen des Mittels treffen.

Wenn alle Studien erfolgreich beendet wurden, kann der pharmazeutische Unternehmer eine Zulassung für das Arzneimittel beantragen.

Fazit

Die Entwicklung eines neuen Arzneimittels ist bezogen auf die Probanden- und Patientensicherheit ein hochgradig regulierter Prozess. Klinische Prüfungen sind essentielle Voraussetzung für die Entwicklung neuer Arzneimittel. Strikte EU-Leitlinien stellen sicher, dass klinische Prüfungen so sicher wie möglich durchgeführt werden. In den mehr als 10.000 klinischen Prüfungen, die in den letzten 11 Jahren vom BfArM genehmigt wurden, hat das BfArM keinen einzigen schwerwiegenden Zwischenfall dieser Art und Schwere beobachtet.

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • Top-Kanzlei für Medizin­recht (Behand­ler­seite)
    (WirtschaftsWoche 2023, 2022, 2021, 2020)

  • TOP-Wirtschafts­kanzlei Deutsch­lands im Bereich Gesundheit & Pharmazie
    (FOCUS SPEZIAL 2022, 2021, 2020 - 2013)

  • Top-Anwalt (Wolf Constantin Bartha) für Medizinrecht
    (WirtschaftsWoche 2023, 2022, 2021, 2020)

  • „Eine der besten Wirtschaftskanzleien für Gesundheit und Pharmazie„
    (brand eins Ausgabe 23/2022, 20/2021, 16/2020)

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