18.02.2016 -

Der Betriebsrat hat bekanntlich nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bei dem Betrieb von technischen Einrichtungen, die eine Verhaltens- und/oder Leistungskontrolle der Arbeitnehmer ermöglichen, umfassend mitzubestimmen. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat klargestellt, dass ein Mitbestimmungsrecht hingegen nicht besteht, wenn der Arbeitgeber eine Facebook-Seite betreibt (LAG Düsseldorf, Beschluss v. 12.01.2015 – 9 TaBV 51/14). Die Entscheidung ist durchaus von grundsätzlicher Bedeutung und soll daher hier besprochen werden.

Der Fall:

Die Arbeitgeberin nimmt in fünf Transfusionszentren Blutspenden entgegen. Konzernweit werden ca. 1.300 Arbeitnehmer beschäftigt. Es besteht ein Konzernbetriebsrat.

Die Arbeitgeberin eröffnete im April 2013 bei der Internetplatform Facebook verschiedene Seiten. Im Rahmen dieses Auftritts wird es Facebook-Nutzern ermöglicht, Kommentare (sogenannte Postings) abzugeben, die dann auf einer virtuellen Pinnwand eingestellt werden und von allen Facebook-Nutzern angesehen bzw. weiter kommentiert werden können. Dazu gehört auch die Kennzeichnung mit einem „Gefällt mir“, einem sogenannten „like“. Die Arbeitgeberin legt bei den von ihr durchgeführten Spendenterminen Flugblätter aus, die die Spender auf den Facebook-Auftritt hinweisen.

Die Facebook-Seite wird von einer Gruppe von etwa zehn Mitarbeitern betreut. Sie befassen sich neben der allgemeinen Pflege der Seite insbesondere mit der Einstellung von Informationen und der Kommentierung von Postings. Dazu können sich diese Mitarbeiter auf die Seite aufschalten. Erforderlich ist hierzu ein Administratorenzugang. Die Arbeitgeberin hat die ursprüngliche Verfahrensweise mit individuellen Administratorenkennungen geändert und die Mitarbeiter angewiesen, nur noch eine zentrale Administratorenkennung zu verwenden.

Der Konzernbetriebsrat hat seine Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG geltend gemacht und die Arbeitgeberin aufgefordert, die Facebook-Seite vollständig abzuschalten. Dies hat die Arbeitgeberin abgelehnt.

Dem Antrag des Konzernbetriebsrats, die Arbeitgeberin zu verpflichten, bei der Internetplatform Facebook die von der Arbeitgeberin betriebene Seite abzumelden, hat das Arbeitsgericht in 1. Instanz entsprochen.

Die Entscheidung:

Im Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hingegen jedwede Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats abgelehnt.

I. Keine Leistungs- oder Verhaltenskontrolle

Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 u.a. mitzubestimmen bei der Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Überwachung im Sinne der Vorschrift ist ein Vorgang, durch den Informationen über das Verhalten oder die Leistung des Arbeitnehmers erhoben und aufgezeichnet werden, um sie auch späterer Wahrnehmung zugänglich zu machen. Die Informationen müssen auf technische Weise ermittelt und dokumentiert werden, so dass sie zumindest für eine gewisse Dauer verfügbar bleiben und vom Arbeitgeber herangezogen werden können. Die Überwachung muss durch die technische Einrichtung selbst bewirkt werden.

Hier fehlt es aber an der notwendigen Leistungs- oder Verhaltenskontrolle durch die technische Einrichtung Facebook. Facebook selbst bietet keinerlei Überwachungstätigkeit für die Arbeitgeberin. Die Mitarbeiter werden also selbst nicht durch die technische Einrichtung von Facebook in der Blutspendeeinrichtung überwacht. Es ist lediglich so, dass Blutspender auf der Facebook-Seite Nachrichten mit diversen Inhalten hinterlassen können. Allein, dass ein negativer personenbezogener Kommentar durch den Blutspender verfasst und auf der Facebook-Seite gepostet wird, führt aber nicht dazu, dass eine technische Einrichtung einen Überwachungsvorgang auslöst. Facebook kennt den Mitarbeiter gar nicht. Es fehlt damit an jedweder Leistungs- und Verhaltenskontrolle durch die technische Einrichtung im Hinblick auf die Mitarbeiter.

II. Überwachung der Administratoren?

In Betracht käme allenfalls ein Mitbestimmungsrecht im Hinblick auf die Administratoren, die die Facebook-Seite pflegen und die Postings bearbeiten. Dann müsste aber nachvollzogen werden können, welcher Mitarbeiter wann welche Nachricht oder welchen Kommentar auf der Facebook-Seite veröffentlicht hat. Erst dann wäre erkennbar, mit welchem Zugriffsrecht welcher Beitrag wann veröffentlicht worden ist. Hieraus könnten unmittelbar Erkenntnisse über das Arbeitsverhalten des betroffenen Mitarbeiters gewonnen werden.

Damit hängt das Eingreifen des Mitbestimmungsrechts aber in jedem Fall davon ab, dass eine bestimmte Kennung mit einem konkreten Mitarbeiter in Verbindung gebracht werden kann. Das war und ist hier nicht der Fall. Die Arbeitgeberin unterhält einen Pool von etwa zehn Mitarbeitern, die mit der Pflege der Seite befasst sind und über Administratorenrechte verfügen. Alle zehn Mitarbeiter nutzen aber das allgemeine Kennwort. Eine Individualisierung der Zugriffe ist daher nicht möglich. Für das Eingreifen des Mitbestimmungsrechts reicht es nicht aus, dass Kontrolldaten nur einer Gruppe von Arbeitnehmern zugeordnet werden können. Eine Identifizierung der Mitarbeiter ist hier aber ausgeschlossen. Dies reicht für ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nicht aus.

Fazit:

Der Betrieb einer Facebook-Seite durch ein Unternehmen unterliegt generell nicht der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Die Mitarbeiter des Unternehmens werden durch Facebook nicht kontrolliert. In Betracht kommt allenfalls eine Mitbestimmung im Hinblick auf die Mitarbeiter, die die Facebook-Seite inhaltlich pflegen. Bei einer Gruppe von Mitarbeitern wäre dies aber nur möglich, wenn jeder Mitarbeiter über einen individualisierten Administratorenzugang verfügen würde. Dies war im vorliegenden Fall nicht gegeben, so dass auch insoweit eine Mitbestimmung für diese Arbeitnehmergruppe nicht in Betracht kam.

Das Verfahren ist in der Rechtsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht zu dem Az. 1 ABR 7/15 anhängig, bislang aber noch nicht terminiert.

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