Immer wieder wird in Nachlasssachen darüber gestritten, ob handschriftlich verfasste Dokumente  wirksame Testamente darstellen oder nicht. Zwar fordert das Gesetz für nicht notarielle Testamente lediglich, dass sie komplett handschriftlich verfasst und unterschrieben sind, so dass ein Testament grundsätzlich auch auf einem Bierdeckel verfasst werden könnte. Erforderlich ist allerdings immer, dass das Schriftstück den ernsthaften Testierwillen des Verfassers erkennen lässt. Das ist der Grund, warum die meisten handschriftlichen Testamente mit Formulierungen wie „Mein letzter Wille“ o.ä. beginnen. Fehlt eine solche Formulierung, muss der ernsthafte Testierwille aus anderen Umständen geschlossen werden.

Das OLG Hamm hat hierzu kürzlich entschieden, dass einige Stichwörter, festgehalten auf einem ausgeschnittenen Zettel und einem gefalteten Stück Pergamentpapier, einen ernsthaften Testierwillen der Verfasserin nicht mit hinreichender Sicherheit erkennen lassen.

Der Fall:

In Folge des Todes der Erblasserin im Jahr 2013 erhielt deren Tochter einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge. Weitere Erben waren die vier Kinder des vorverstorbenen Sohns (J) der Erblasserin.

Im April 2014 reichten die Enkel zwei Schriftstücke ein, bei denen es sich ihrer Auffassung nach um Testamente der Erblasserin handelte. Das erste Schriftstück war ein kleiner, ausgeschnittener Zettel mit den handschriftlich fixierten Worten: „Tesemt/Haus/Das für J. “ Darunter befanden sich die Jahreszahl 1986 und der Schriftzug der Erblasserin. Das zusammengefaltete, butterbrotpapierähnlich beschaffene zweite Schriftstück enthielt die gleichen Worte.

Daraufhin zog das Nachlassgericht den zunächst erteilten Erbschein wieder ein. Ein Enkelsohn beantragte im Anschluss die Erteilung eines Erbscheins, der ihn und seine drei Geschwister als Erben zu je ¼ ausweisen sollte. Er vertrat dabei den Standpunkt, dass es sich bei den Schriftstücken um zwei wirksame Testamente handele, die seinen vorverstorbenen Vater, zum Alleinerben bestimmen würden. Die Tochter der Erblasserin trat diesem Erbscheinantrag entgegen.

Der Erbscheinantrag des Enkelsohns wurde zunächst vom Nachlassgericht zurückgewiesen. Die Sache wurde dem OLG Hamm schließlich zur Entscheidung vorgelegt.

Die Entscheidung:

Das OLG Hamm bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts, den Erbscheinsantrag des Enkelsohns zurückzuweisen.

Unabhängig von der tatsächlichen Urheberschaft der beiden Schriftstücke kann nach Meinung des Senats nicht mit der für § 2247 BGB erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass ein entsprechender Testierwille der Erblasserin bestand:

Damit ein Testament wirksam ist, muss der Testierende zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments ernstlich eine rechtsverbindliche Anordnung für seinen Todesfall treffen wollen. Vorliegend ergeben sich Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Testierwillens schon aus den ungewöhnlichen Schreibmaterialien, von denen die Erblasserin Gebrauch gemacht hat, in dem sie sich nicht eines Blattes im üblichem DIN A 4 oder 5 Format bediente. Auch die stichwortartige Gestaltung des Inhalts mit der grob falschen Überschrift „Tesemt“ lässt es fraglich erscheinen, ob die Erblasserin, die der deutschen Sprache hinreichend mächtig war, ein wirksames Testament errichten wollte oder ob es sich hierbei nicht nur um einige flüchtige Notizen handelt. Auch deren Aufbewahrung in einer Schatulle zwischen anderen unwichtigen Papieren, unter Anderem leeren, gebrauchten Briefumschlägen, spricht dafür, dass es sich bei den Zetteln eher um schlichte Vorüberlegungen handelt.

Da somit ein ernstlicher Testierwille nicht ohne Zweifel festgestellt werden kann, sind die Schriftstücke keine wirksamen Testamente nach § 2247 BGB, sodass die Beschwerde erfolglos blieb.

Hinweis für die Praxis:

Ein Testament kann an formalen Kriterien scheitern. Wer daher ein wirksames Testament errichten möchte, sollte darauf achten, dass dessen äußere und inhaltliche Gestaltung keine Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Testierwillens erregen. Deshalb sollte auf die Wahl einer geeigneten Überschrift („Mein letzter Wille“), die Verwendung vollständiger Sätze statt bloßer Stichworte und die Auswahl geeigneten Papiers ebenso geachtet werden wie auf den für Dokumente solcher Bedeutung angemessenen Aufbewahrungsort.

Dieser Artikel entstand unter Mitwirkung von Frau stud. iur. Marnie Hahn, derzeit Praktikantin in unserem Bonner Büro. 

 

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