25.04.2016

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen, die darauf gerichtet war, die Abstammung eines nichtehelich geborenen Kindes zu klären.

Der Fall:

Die Beschwerdeführerin wurde 1950 nichtehelich geboren. Bereits 1955 versuchte sie erfolgslos, die Abstammung vom vermeintlichen Vater gerichtlich feststellen zu lassen, der ihr von der Mutter genannt worden war und auch die Geburt beim Standesamt angemeldet hatte – ohne jedoch die Vaterschaft anzuerkennen.

Im Jahr 2009 forderte sie den vermeintlichen Vater erneut zur Klärung der Vaterschaft auf. Dieser weigerte sich aufgrund des Urteils aus dem Jahr 1955 allerdings.

Vor dem Amtsgericht Borken versuchte sie im Folgenden, die Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung gem. § 1598a BGB zu erreichen. Ihr Antrag wurde mit dem Hinweis abgelehnt, dass eine Abstammungsuntersuchung nur durchgeführt werden kann, wenn die in Anspruch genommene Person der rechtliche Vater sei. Auch die Beschwerde zum Oberlandesgericht Hamm blieb ohne Erfolg.

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts. § 1598a BGB sei verfassungs- und menschenrechtskonform so auszulegen, dass auch der mutmaßliche Vater in Anspruch genommen werden könne.

Die Entscheidung:

Dieser Ansicht hat sich der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts nicht angeschlossen und die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen.

Zwar habe die Beschwerdeführerin einen Anspruch auf Kenntnis der eigenen Abstammung aus ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Dieser Anspruch müsse jedoch mit den grundrechtlich geschützten Rechten des mutmaßlichen Vaters abgewogen werden, insbesondere seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und seinem Recht auf körperliche Unversehrtheit.

Diese Abwägung falle zu Lasten der Beschwerdeführerin aus. Es gebe keinen Grund, den Personenkreis des § 1598a BGB zu erweitern. Hierdurch würde man die Tür für Abstammungsuntersuchungen „ins Blaue hinein“ öffnen. Außerdem bestehe hierzu keine Notwendigkeit, da die Abstammung durch die Feststellung der Vaterschaft gem. § 1600d BGB geklärt werden könne, wonach der Mann als Vater vermutet wird, der zum maßgeblichen Zeitpunkt eine intime Beziehung mit der Kindesmutter führte. Die Beschwerdeführerin befinde sich nur in der misslichen Lage, dass eine Vaterschaft im Jahr 1955 rechtskräftig ausgeschlossen wurde. Dies ändere aber nichts an der Tatsache, dass § 1598a BGB verfassungs- und menschenrechtskonform sei.

Das Fazit:

Für die anwaltliche Praxis zwar weniger von Bedeutung, zeigt die Entscheidung doch, dass Abstammungsfragen immer noch für Aufsehen sorgen können.

Die Entscheidungsgründe des Bundesverfassungsgerichts sind derweil weder aus rechtlicher noch aus gesellschaftlicher Sicht zu beanstanden.

Die Erweiterung des Personenkreises bei der Abstammungsuntersuchung auf jede Person, die Vater sein könnte, wäre aus gesellschaftlicher Sicht nicht vertretbar. Außerdem besteht aufgrund des § 1600d BGB hierzu auch keine Notwendigkeit. Bei ausreichend konkreten Umständen – so wie in diesem Fall – kann die Vaterschaft gemäß § 1600d BGB gerichtlich festgestellt werden. Der Beschwerdeführerin standen im Jahr 1955 nur leider nicht die als Folge des medizinischen Fortschritts heute deutlich besseren Möglichkeiten zur Verfügung. Das heißt aber nicht, dass sie erneut ein gerichtliches Verfahren betreiben kann.

 

Dieser Beitrag ist entstanden unter Mitwirkung von Nikolaus J. Plitzko, Mag. iur., Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Autorin

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