Das OVG befasste sich im vorliegenden Fall mit der berufsrechtlichen Zulässigkeit eines Vorschussverlangens auf Arzthonorar.
Problemaufriss:
Es ist umstritten, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die GOÄ ein Vorschussverlangen eines Arztes zulässt. Das Spektrum der hierzu vertretenen Auffassungen reicht von der Einschätzung, jedes Verlangen eines Vorschusses sei unzulässig über die vermittelnde Ansicht, es komme auf das Vorliegen besonderer Voraussetzungen wie etwa das Bestehen berechtigter Zweifel an der Leistungsfähig- oder -willigkeit des Patienten an bis hin zu der Auffassung, ein Arzt dürfe von seinen Privatpatienten jederzeit für alle Behandlungsmaßnahmen einen Vorschuss verlangen
Der Fall (verkürzt):
Der Antragsteller ist als Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie tätig. Mit anwaltlichem Schreiben vom 18.10.2010 beschwerte sich eine Patientin des Antragstellers bei der zuständigen Ärztekammer (Antragsgegnerin) über diesen. Der Antragsteller habe sie am 26.04.2010 wegen einer Brustvergrößerung und Bruststraffung operiert. Am 05.03.2010 habe er ihr einen Kostenvoranschlag übersandt. Dieser habe in keiner Weise den Vorgaben des § 12 GOÄ entsprochen. Es seien pauschal Honorare festgesetzt worden, ohne die einzelnen Punkte zu erläutern. Weiter habe der Ast. verlangt, dass der gesamte Betrag eine Woche vor der Operation an ihn gezahlt werde, ansonsten werde er die Operation nicht durchführen. Deshalb habe sie am 19.04.2010 den gesamten Betrag in Höhe von 7.260,00 € überwiesen.
Nach Anhörung des Antragstellers wies die Antragsgegnerin diesen darauf hin, dass nach den übersandten Unterlagen bisher keine ordnungsgemäße Rechnung gem. GOÄ erstellt worden sei. So fehle schon in formaler Hinsicht die Bezeichnung als Rechnung, die Angabe des Datums der Rechnung und der Name der Patientin. Außerdem sei das Verlangen einer Vorauszahlung des gesamten Honorars vor Durchführung der Operation berufsrechtlich zu beanstanden. Der Antragsteller nahm mit Schreiben vom 06.09.2011 dahin Stellung, Vorkasse sei in seinem Bereich absolut üblich und weder von der GOÄ noch der Berufsordnung ausgeschlossen. Wie die erstellte Rechnung zeige, sei er auch nicht ungerechtfertigt bereichert. Am 01.02.2012 beschloss der Vorstand der Antragsgegnerin, dem Antragsteller eine Rüge mit Ordnungsgeld in Höhe von 1.000,00 € zu erteilen, die unter dem 14.02.2012 erging. Dagegen stellte der Antragsteller am 01.03.2012 einen Antrag auf gerichtliche Überprüfung gestellt.
Die Entscheidung:
Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, der Antragsteller habe mit dem Vorauszahlungsverlangen seine Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung und zur angemessenen Honorarforderung verletzt.
Es sei zwar fraglich, dass ein Vorschussverlangen eines Arztes in jedem Fall einen berufsrechtlich relevanten Verstoß gegen die Berufspflichten begründet.
Jedenfalls stelle die vom Antragsteller gewählte Vorgehensweise, die Vorauszahlung der gesamten Kosten auf der Grundlage einer § 2 Abs. 2 GOÄ nicht ansatzweise genügenden Berechnung zu verlangen, eine Verletzung der Berufspflichten aus §§ 12 Abs. 1 S. 1 und 2 Abs. 2 S. 1 BO zur angemessenen Honorarforderung und zur gewissenhaften Berufsausübung dar. Denn der Antragsteller habe nicht nur eine pauschal berechnete Anzahlung verlangt, sondern explizit die Zahlung der gesamten entstehenden Kosten im Voraus. Dem entspreche es, dass er nachträglich eine Rechnung zunächst nicht mehr erstellt habe, sondern dies erst auf die Intervention der Antragsgegnerin hin im Februar 2011 getan habe. Der Antragsteller habe diesem Vorauszahlungsverlangen aber eine Kostenberechnung zu Grunde gelegt, die die Anforderungen des § 12 GOÄ nahezu vollständig verfehle. Eine solche Verfahrensweise liege außerhalb des Spektrums nach der GOÄ vertretbaren Vorgehens.
Zwar könne naturgemäß das voraussichtliche Datum der Behandlung noch nicht angegeben werden, wenn dieses – wie hier – nach Anzahlung erst bestimmt werden soll; mit dem Vorauszahlungsverlangen werde aber auch Nummer und Bezeichnung der einzelnen berechneten Leistung sowie jeweiliger Betrag und Steigerungssatz nicht benannt. Erst recht seien folglich die teils erheblichen Steigerungen der Gebührensätze, die die deutlich später erstellte Kostenaufstellung ausweise, nicht angegeben und schon gar nicht erläutert.
Der Antragsteller habe auch vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt, zumindest grob fahrlässig. Als Arzt müsse er die einschlägigen Bestimmungen kennen. Den Einwand des Arztes, in seinem Tätigkeitsbereich sei ein Vorschussverlangen allgemein üblich, ließ das Gericht nicht gelten.
Fazit:
Die Entscheidung des OVG lässt offen, ob es Ärzten generell untersagt ist, einen Vorschuss auf ihr Honorar zu fordern. Jedenfalls ist es berufsordnungswidrig, die Vorauszahlung der gesamten Vergütung auf der Grundlage einer der GOÄ nicht ansatzweise genügenden Berechnung zu verlangen.
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