Die Baubranche zählt zweifellos zu den größten und wichtigsten Wirtschaftszeigen der Bundesrepublik Deutschland. Dies wird nicht zuletzt mit Blick auf die vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. regelmäßig veröffentlichten Zahlen belegt (vgl.: www.bauindustrie.de). Dort wird davon ausgegangen, dass allein im vorangegangenen Jahr 2015 nahezu 10 % des deutschen Bruttoinlandsproduktes für Baumaßnahmen verwendet wurden, was wiederum einer Summe von nahezu 300 Milliarden Euro entspricht.

Umso mehr mag demgegenüber der Blick in das Bürgerliche Gesetzbuch überraschen, als dort festgestellt werden kann, mit welch geringer Anzahl an Normen des Werkvertragsrechtes der deutsche Gesetzgeber bis dato die überdies stetig zunehmende Komplexität von Bauvorhaben und der dortigen Vertragsbeziehungen regelt. Bereits seit Jahren ist das deutsche Werkvertragsrecht in juristischen Fachkreisen im Hinblick auf eine rechtssichere Abwicklung von Bauvorhaben dabei Gegenstand von Kritik und zahlreicher Reformvorschläge gewesen.

Nunmehr findet diese Kritik auch auf höchster bundespolitischer Ebene Gehör und eine der wohl umfangreichsten Reformen des deutschen Werkvertragsrechtes scheint zunehmend Form anzunehmen. Auf Grundlage eines Referentenentwurfes unter Federführung des Bundesministeriums der Justiz und für den Verbraucherschutz hat die Bundesregierung am 11. März 2016 den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechtes beschlossen. Die erste Beratung im Bundestag fand am 10. Juni 2016 statt.

Der Problem- und Zielbeschreibung des Gesetzentwurfes kann dabei entnommen werden, dass (nun) auch die Bundesregierung die Auffassung vertritt, dass das geltende Werkvertragsrecht mit Blick auf die unterschiedlich möglichen Vertragsgegenstände sehr allgemein gehalten und für die komplexen, auf eine längere Erfüllungszeit angelegten Bauverträge häufig nicht detailliert genug sei. Des Weiteren stellt die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf fest, dass „wesentliche Fragen des Bauvertragsrechts nicht gesetzlich geregelt, sondern der Vereinbarung der Parteien sowie der Rechtsprechung überlassen (sind)“. Nach Auffassung der Bundesregierung erschwere das derzeitige Fehlen klarer gesetzlicher Vorgaben eine interessengerechte und ökonomisch sinnvolle Gestaltung und Abwicklung von Bauverträgen.

Eine weitere Reformbedürftigkeit des derzeitigen „Baurechts“ erblickt die Bundesregierung überdies – wenig überraschend – unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes. Da der private Bauherr für die Errichtung oder den Umbau seines Hauses häufig einen wesentlichen Teil seiner wirtschaftlichen Ressourcen aufbringe, mithin ein hohes Insolvenzrisiko eingehe, müsse das geltende Werkvertragsrecht demnach auch besondere Verbraucherschutzvorschriften enthalten.

In der Tat sieht der derzeitige Gesetzesentwurf der Bundesregierung sehr weitreichende Änderungen des (noch) geltenden Werkvertragsrechts, nicht zuletzt in Form einer gänzlichen Neustrukturierung und Einführung „neuer“ Vertragstypen vor.

Wortwörtlich sieht die Begründung zum Gesetzesentwurf zur Lösung des genannten Regelungsbedarfs vor:

Es werden spezielle Regelungen für den Bauvertrag, den Verbraucherbauvertrag sowie den Architektenvertrag und den Ingenieurvertrag in das Werkvertragsrecht des Bürgerlicher Gesetzbuches eingefügt. Dem auf eine längere Erfüllungszeit angelegten Bauvertrag soll insbesondere durch folgende Regelungen Rechnung getragen werden: Einführung eines Anordnungsrechts des Bestellers einschl. Regelungen zur Preisanpassung bei Mehr- und Minderleistungen, Änderung und Ergänzung der Regelungen zur Abnahme sowie die Normierung einer Kündigung aus wichtigem Grund. Speziell für Bauverträge von Verbrauchern werden darüber hinaus Regelungen zur Einführung einer Baubeschreibungspflicht des Unternehmers, zur Pflicht der Parteien, eine verbindliche Vereinbarung über die Bauzeit zu treffen, zum Recht des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrages und zur Einführung einer Obergrenze für Abschlagszahlungen vorgeschlagen. Mit Blick auf ihre Besonderheiten werden zudem einige Sonderregelungen für Architekten- und Ingenieurverträge vorgeschlagen.

Überdies beinhaltet der Gesetzesentwurf eine Anpassung der Mängelhaftung unter Beachtung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Schließlich sieht der Gesetzesentwurf einen eigenen gesetzlichen Untertitel für „Bauträgerverträge“ vor.

Freilich bleibt derzeit abzuwarten, welche Regelungen des Gesetzesentwurfes mit welchem Inhalt am Ende des Weges tatsächlich zu geltendem Recht werden. Allerdings kann bereits jetzt festgehalten werden, dass der in den vergangenen Jahren oft zäh ablaufende und zeitweise gar als stillstehend empfundene Reformprozess jetzt deutlich Fahrt aufgenommen hat und eine ggf. tiefgreifende Veränderung bevorsteht.

Spätestens mit Erlass eines neuen Bauvertragsrechts wird sich die gesamte Baubranche, ungeachtet in welchem Glied der baulichen Leistungs- und Wertschöpfungskette man auch immer tätig ist, mit den neuen Regelungen detailliert auseinandersetzen müssen. Dabei darf die Prognose gewagt werden, dass die Reform nicht jedes bisherige Problem bauvertraglicher Beziehungen wird auflösen können. Ebenso darf (leider) vermutet werden, dass die Reform ihrerseits neue Konfliktfelder schaffen wird. Über die Einzelheiten und den weiteren Prozess wird an dieser Stelle zu berichten sein.

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