04.07.2016

I.       Worum es geht

Steuerbefreite gemeinnützige Körperschaften (Vereine, gGmbH, Stiftungen – im Folgenden gemeinsam für alle Körperschaften anhand der Stiftung erläutert) erzielen durch die Verwaltung ihres Vermögens in der Regel steuerfreie Einkünfte. Gelegentlich erfolgt die Vermögensverwaltung durch Gesellschaften, an denen die Stiftung beteiligt ist. Diese Situation findet sich häufig bei der Beteiligung an Immobilien verwaltenden Personengesellschaften, regelmäßig auch in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG.

Daraus aber ergaben sich immer wieder steuerrechtliche Probleme, die bis zur Gefährdung der Gemeinnützigkeit reichen konnten, wenn die Immobiliengesellschaft als GmbH & Co. KG aufgrund der Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägt war. Denn dann ordnete die Finanzverwaltung die Beteiligung nicht dem steuerbefreiten ideellen Bereich oder der reinen Vermögensverwaltung oder einem steuerbefreiten Zweckbetrieb der Stiftung zu, sondern behandelte die mitunternehmerische Beteiligung als steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, selbst wenn die Tätigkeit der Gesellschaft originär rein vermögensverwaltender Natur war.

Diese nachteiligen Auswirkungen beseitigte der I. Senat des BFH mit Urteil vom 25.05.2011, I R 60/10 (siehe hierzu die Kommentierung auf dieser Homepage).

Die Finanzverwaltung wollte diese stiftungsfreundliche Rechtsprechung aber dann nicht akzeptieren, wenn die GmbH & Co. KG früher einmal originär gewerblich tätig war und stille Reserven, die in dieser originär gewerblichen Zeit gebildet worden waren, bspw. entstanden in einem vormaligen Betriebsgrundstück, durch die spätere Steuerfreiheit der Beteiligungserträge unversteuert geblieben wären.

Aber auch in diesem Punkt stellte nunmehr der V. Senat des BFH mit Urteil vom 18.02.2016, V R 60/13, die Steuerfreiheit klar.

II.      Der Fall

Die Klägerin ist eine als gemeinnützig anerkannte rechtsfähige Stiftung, die 1990 von den Eheleuten B. gegründet worden war. Nach dem Tode der Frau B. erbte die Klägerin deren Kommanditanteil (100 %) an einer GmbH & Co. KG sowie alle Anteile an der Komplementär-GmbH.

Die KG betrieb ursprünglich einen Schuhwareneinzelhandel mit Schuhgeschäften. Seit 1986 nutzte die KG ihr Betriebsgrundstück nicht mehr für Schuhwareneinzelhandel, sondern vermietete dieses Wohn- und Geschäftshaus an einen Dritten. 2006 beendete die KG ihre Tätigkeit als Schuhwareneinzelhändler und veräußerte alle ihre Filialen. Im Betriebsvermögen verblieb lediglich das Wohn- und Geschäftshaus. Dieses Gebäude wurde umgebaut und danach eine (ehemalige) Wohnung als Büroraum für die KG und die Stiftung genutzt. Die übrigen Räumlichkeiten vermietet die KG an gewerbliche Mieter oder Wohnungsmieter. Weitere wirtschaftliche Betätigungen übt die KG seitdem nicht aus.

Die Klägerin behandelte ihre Beteiligung an der KG seit 2006 zunächst als steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Dieser Betrachtung schloss sich das Finanzamt an und erfasste (im Streitjahr 2011) als Beteiligungsergebnis einen Gewinn von 101.082 €. Dementsprechend setzte das Finanzamt Körperschaftsteuer in Höhe von 14.412 € fest. Dagegen wandte sich die Klägerin infolge des Urteils des BFH vom 25.5.2011 mit ihrem Einspruch und machte die Steuerfreiheit der Beteiligungseinkünfte geltend. Die erstinstanzliche Klage vor dem Finanzgericht war erfolgreich.

Hiergegen richtete sich die Revision des Finanzamts: Die ursprünglich originär gewerbliche Tätigkeit der KG sei bis zur endgültigen Auflösung der im Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven fortgeführt worden. Die Beteiligung einer gemeinnützigen Stiftung an einer zuvor gewerblich tätigen Personengesellschaft müsse solange dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugeordnet werden, bis die während der gewerblichen Tätigkeit gebildeten stillen Reserven aufgedeckt und der Besteuerung zugeführt würden.

Der BFH wies die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück.

III.     Die Entscheidung

Beteiligung an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft begründet keinen wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb

Die Stiftung unterhält mit ihrer Beteiligung an der KG keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.

Nach § 14 AO ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen und andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist ebenso wenig erforderlich (§ 14 Satz 2 AO) wie eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr.

  • Einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründet in der Regel, wer als steuerbefreite Körperschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. des § 15 EStG erzielt. Dazu zählt auch die Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG).
  • Die Beteiligung an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) durch eine steuerbefreite Stiftung begründet hingegen keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.

Der Verkauf aller wesentlichen Betriebsgrundlagen (der Filialen) führte auch ohne ausdrückliche Betriebsaufgabeerklärung zur Betriebsaufgabe mit der Folge, dass dann nur noch die einzelnen, dem Privatvermögen zuzurechnenden Gegenstände verpachtet sind. Das seit 1986 an Dritte vermietete Wohn- und Geschäftshaus bildete bei der Einstellung des Schuheinzelhandels im Jahr 2006 keine wesentliche Betriebsgrundlage mehr, so dass die Grundsätze einer Betriebsverpachtung ebenfalls nicht vorlagen und die KG mit der Vermietung nicht originär gewerblich, sondern vermögensverwaltend tätig war.

Frühere originär gewerbliche Tätigkeit unschädlich

Daraus folgt nach der überzeugenden Klarstellung des BFH nicht, die Beteiligungserträge einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb so lange zuzurechnen und zu besteuern, bis die während der gewerblichen Tätigkeit der KG gebildeten stillen Reserven des Betriebsvermögens aufgedeckt und der Besteuerung zugeführt sind. Einerseits fehlt dafür eine Rechtsgrundlage und andererseits liefe das darauf hinaus, dass stille Reserven im früheren Betriebsgrundstück nicht unversteuert bleiben dürften. Dem ist aber nicht so, wie ein Blick in das § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG enthaltene sog. Buchwertprivileg zeigt. Danach hätte nämlich auch eine gewerblich tätige KG ihr im Betriebsvermögen gehaltenes Grundstück – ebenso im Rahmen einer Betriebsaufgabe zum Buchwert entnehmen und auf eine steuerbefreite Körperschaft (Stiftung) übertragen können. Diese Steuerfreiheit ist also dem Gesetz inhärent, so der BFH.

IV.     Fazit

Die durch den V. Senat bestätigte Rechtsprechung zur Steuerfreiheit der Beteiligungserträge gemeinnütziger steuerbefreiter Körperschaften ist zu begrüßen. Die Verwaltung von Immobilen durch steuerbefreite Stiftungen (und andere steuerbefreite Körperschaften) mittels der Rechtsform einer (Immobilien-) GmbH & Co. KG kann so mit sicherem Haftungsschott und dennoch steuerfrei betreiben werden.

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2022/2023)

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2017-2021)

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