04.08.2016

Haben die Eltern das gemeinsame Sorgerecht für ihr Kind, so steht die Entscheidung, mit dem Kind Urlaub in der Türkei zu machen, wegen der gegenwärtigen dortigen Verhältnisse nicht allein dem betreuenden Elternteil zu. Hält der andere Elternteil eine Urlaubsreise des Kindes in die Türkei für zu gefährlich, kann dies dazu führen, dass dem die Reise beabsichtigenden Elternteil die Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis nach § 1628 BGB versagt wird.

Der Fall:

In dem vom OLG Frankfurt am Main (Beschluss v. 21.7.2016 – 5 UF 206/16) zu entscheidenden Fall beabsichtigte die Mutter, von Juli bis August 2016 mit ihrem 8-jährigen Sohn eine Urlaubsreise in der Türkei durchzuführen. Geplant war ein Badeurlaub in der Region um Antalya. Die Mutter hatte diese Reise im Januar 2016 gebucht.

Die Eltern sind geschieden und haben das gemeinsame Sorgerecht für das Kind. Die Mutter bat den Vater im Mai 2016 um Zustimmung zu der Türkei-Reise des Kindes. Diese Zustimmung erteilte der Vater nicht, weil er eine Türkei-Reise vor dem Hintergrund der politischen Lage und einer eventuellen Terrorgefahr für zu gefährlich für das Kind hielt.

Daraufhin beantragte die Mutter, ihr durch eine einstweilige Anordnung die Befugnis zu übertragen, über die Durchführung der Türkei-Reise mit dem 8-jährigen Sohn allein zu entscheiden (§ 1628 BGB). Weil es sich nicht um eine alltägliche Angelegenheit handele, über die sie allein hätte entscheiden können, sondern um eine Urlaubsreise in ein Land, in dem die Möglichkeit terroristischer Anschläge besteht, sei die Entscheidung grundsätzlich von den gemeinsam sorgeberechtigten Eltern zusammen zu treffen. Da der Vater seine Zustimmung jedoch nicht erteilt habe, sei ihr die alleinige Entscheidungsbefugnis zu übertragen.

Das Amtsgericht hatte der Mutter diese Entscheidungsbefugnis übertragen. Hiergegen hat sich der Vater im Rahmen der Beschwerde zur Wehr gesetzt. Dazu hat er vorgetragen, dass die Gefährdung für das Kind durch die Urlaubsreise nach den aktuellen Ereignissen noch konkreter geworden sei. Es bestünde zudem die einfache Möglichkeit der Umbuchung der Reise.

Die Entscheidung:

Das OLG Frankfurt hat die Wirksamkeit des Beschlusses des Familiengerichts einstweilen ausgesetzt und dies folgendermaßen begründet:

Zutreffend sei, dass eine Urlaubsreise in die Türkei unter den derzeitigen Umständen keine Angelegenheit des täglichen Lebens darstelle. Dies sei zwar bei Urlaubsreisen nicht generell der Fall. Wenn jedoch Umstände vorlägen, bei denen eine Reise besondere Gefahren mit sich bringe, müssten beide Eltern gemeinsam über die Reise entscheiden.

Das Gericht hat bei seiner Entscheidung vor allem berücksichtigt, ob sich die Haltung der Eltern als Ausübung der Elternverantwortung darstellt. Dabei spielten die Freude des Kindes auf den Urlaub ebenso wie eventuelle finanzielle Folgen eines Rücktritts von der Reise eine weniger wichtige Rolle. Zu berücksichtigen sei vielmehr vor allem, dass in dem Land der Ausnahmezustand ausgerufen worden ist und es aufgrund des Putschversuches und der Vielzahl von Verhaftungen zu Unruhen in der Türkei kommen könne, die auch Auswirkungen auf die Urlaubsregion haben könnten. Auch die Region um Antalya war schon im Jahr 2015 bereits von Terroranschlägen betroffen. Dabei sei weniger darauf abzustellen, dass das Auswärtige Amt bisher keine Reisewarnung für die Türkei ausgesprochen hat, weil sich solche Reisewarnungen nach ganz anderen Kriterien richteten und dabei auch volkswirtschaftliche und diplomatische Auswirkungen im Blick hätten.

Fazit:

Bei geplanten Reisen in Regionen, deren Lage nicht stabil ist, ist es dringend zu empfehlen, die Zustimmung des mitsorgeberechtigten Elternteils einzuholen. Wird diese nicht erteilt, kann das einem Reiseantritt entgegenstehen, so dass eine gerichtliche Klärung durchgeführt werden sollte.

 

Dieser Beitrag ist unter wesentlicher Mitwirkung von Frau Rechtsanwältin Miriam Hachenberg entstanden.

 

Autorin

Bild von  Marie Baronin v. Maydell
Partnerin
Marie Baronin v. Maydell
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