22.08.2016 -

Die Nutzung von Domain-Adressen, die auf das eigene Unternehmen hinweisen und die Auffindbarkeit im Internet ermöglichen, ist für viele Arbeitgeber von besonderer Bedeutung. Das Bundesarbeitsgericht hat sich nun mit einem Fall befasst, in dem der in einem Unternehmen gebildete Betriebsrat eine Domain-Adresse aus der Kombination des Unternehmensnamens und dem des Betriebsrats eingerichtet hat, um die Kommunikation mit den Arbeitnehmern zu ermöglichen. Der Arbeitgeber hat darin die Verletzung seiner Namensrechte gesehen und Unterlassung sowie Löschung der Domain-Adresse verlangt. In Zeiten der Digitalisierung eine wichtige Entscheidung, die wir hier für die Praxis vorstellen möchten (BAG, Urteil v. 09.09.2015 – 7 AZR 668/13).

Der Fall:

Die Parteien streiten darüber, ob der beklagte Arbeitnehmer berechtigt ist, die Domain „ial-br.de“ zu nutzen.

Die Klägerin firmiert als „I a L GmbH“, abgekürzt „IAL“. Der beklagte Arbeitnehmer ist bei der Klägerin, dem Unternehmen, als Dozent beschäftigt. Er ist Mitglied des Betriebsrats. Im Zuge der Betriebsratswahlen meldeten die Wahlvorstandsmitglieder ohne Zustimmung des Unternehmens die Domain www.ial-br.de an. Das Unternehmen ist hingegen Inhaberin der Domains www.ial-esc.de sowie www.ial.de.

Die unter der Betriebsrats-Domain www.ial-br.de abrufbare Homepage ist nur nach Eingabe eines Passwortes einsehbar. Das Passwort wird allen Mitarbeitern des Unternehmens mitgeteilt.

Das Unternehmen hat dazu die Auffassung vertreten, der beklagte Arbeitnehmer sei zur Nutzung der Domain www.ial-br.de nicht befugt. Dadurch würden ihre Namensrechte verletzt. Außerdem sei der Mitarbeiter aufgrund der ihm obliegenden arbeitsvertraglichen Nebenpflichten gehalten, die Nutzung der Domain zu unterlassen. Der Betriebsrat habe kein Interesse an der Verwendung der Domain. Er könne schon über die im Intranet für ihn eingerichtete Seite mit den Mitarbeitern kommunizieren.

Das Unternehmen hat daher Unterlassung der Nutzung dieser Domain-Adresse verlangt und Löschung beantragt.

Der Mitarbeiter hat hingegen die Auffassung vertreten, sowohl als Privatperson als auch in seiner Funktion als Betriebsratsmitglied berechtigt zu sein, die Domain „ial-br.de“ zu nutzen. Eine Namensanmaßung liege nicht vor. Durch die Verwendung des Zusatzes „-br“ sei eine Verwechslungsgefahr mit dem Unternehmen ausgeschlossen.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage des Unternehmens abgewiesen.

Die Entscheidung:

Im Revisionsverfahren hat das Bundesarbeitsgericht die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt.

I. Kein Unterlassungsanspruch wegen Namensanmaßung

Das Bundesarbeitsgericht hat zunächst klargestellt, dass markenrechtliche Ansprüche von vornherein ausgeschlossen sind. Der beklagte Arbeitnehmer nutzt den Domain-Namen nicht im geschäftlichen Verkehr. Ansprüche aus § 14 Abs. 5 MarkenG kommen daher hier nicht in Betracht.

Es ergeben sich aber auch keine Unterlassungsansprüche aus § 12 BGB. Das Namensrecht des Unternehmens wird nicht verletzt. Nach § 12 BGB kann der Namensberechtigte von einem anderen, der unbefugt den gleichen Namen gebraucht, Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Auch einer Domain kann insoweit namensrechtliche Kennzeichnungskraft zukommen. Eine unberechtigte Namensanmaßung kommt hier aber nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts nicht in Betracht. Der Mitarbeiter hat nicht unbefugt den gleichen Namen gebraucht wie der zur Namensführung Berechtigte, hier also das Unternehmen.

Voraussetzung wäre jedenfalls eine abstrakte Verwechslungsgefahr. Diese beurteilt sich nach der allgemeinen Verkehrsanschauung. Eine Verwechslungsfähigkeit liegt jedoch nur vor, wenn prägende Bestandteile der Bezeichnung mit dem fremden Namen oder Kennzeichen identisch sind. Dies war hier gerade nicht der Fall. In der Domain-Adresse wurden die verwendeten Unternehmensbuchstaben „ial“ durch den Zusatz „-br“ ergänzt. Sie wiesen damit gerade nicht auf den Namen des Unternehmens, sondern auf den im Betrieb gebildeten Betriebsrat als Namensträger hin. Eine Verwechslungsgefahr mit dem Unternehmen sah das Bundesarbeitsgericht darin nicht.

Bei der Buchstabenkombination „ial“ handelt es ich zwar um einen prägenden Namensbestandteil des Unternehmens. Diese Buchstabenkombination wird jedoch auch in anderen Domain-Namen verwendet. Der Zusatz „-br“ wirkt also effektiv der Gefahr entgegen, dass der Domain-Name als Hinweis auf das Unternehmen angesehen wird.

II. Keine Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten

Ein Anspruch auf Unterlassung ergibt sich auch nicht aus dem Gebot der Rücksichtnahme gem. § 241 Abs. 2 BGB als arbeitsvertragliche Nebenpflicht. Zwar erwächst einer Vertragspartei aus einem Arbeitsverhältnis gem. § 241 Abs. 2 BGB auch die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Vertragsteils. Die Arbeitsvertragsparteien sind danach verpflichtet, den Vertrag so zu erfüllen, ihre Rechte so auszuüben und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Vertragspartners so zu wahren, wie dies unter Berücksichtigung der wechselseitigen Belange verlangt werden kann.

Allein in der Verwendung einer Domain durch den Arbeitnehmer, die den Namen des Arbeitgebers zuzüglich eines eine Verwechslungsgefahr ausschließenden Zusatzes enthält, liegt jedoch keine Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers. Allerdings erfordert das Gebot der Rücksichtnahme, dass der unter dem Domain-Namen betriebene Internetauftritt nicht dazu verwendet wird, Inhalte zu verbreiten, die die Belange des Unternehmens beeinträchtigen oder deren Ansehen schaden könnten. Eine solche Gefahr wurde hier aber von dem Unternehmen auch nicht behauptet.

Fazit:

Nutzt der Betriebsrat eine Domain-Adresse, die Namensbestandteile des Unternehmens beinhaltet, löst dies keine Unterlassungsansprüche aus, solange keine Verwechslungsgefahr oder Namensanmaßung vorliegt. Diese Gefahren können regelmäßig dann ausgeschlossen werden, wenn die Domain-Adresse Zusätze beinhaltet, die auf den Betriebsrat hinweist, wie es im vorliegenden Rechtsstreit der Fall war. Ist die Unterscheidungsfähigkeit gewährleistet, ergeben sich auch keine Ansprüche aus dem Gebot der Rücksichtnahme bzw. als arbeitsvertragliche Nebenpflicht. Ebenso scheiden Ansprüche aus dem Bundesdatenschutzgesetz oder aus dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG aus.

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