30.08.2016

Zur Verbesserung der Liquiditätslage einer GmbH, z.B. als Sanierungsbeitrag, stunden oder verzichten an der Gesellschaft beteiligte GmbH-Geschäftsführer häufig ganz oder teilweise auf ihr Geschäftsführergehalt, sei es auch nur vorübergehend. Ein Gehaltsverzicht ist oft sinnvoll, kann aber steuerlich teuer werden, wenn ein paar entscheidende Punkte nicht berücksichtigt werden, insbesondere der richtige Zeitpunkt des Verzichts.

Der Fall

In dem aktuellen BFH-Urteil vom 15.06.2016, VI R 6/13 (veröffentlicht am 31.08.2016), hatte ein mit 35% an der GmbH beteiligter Geschäftsführer auf rund 50 T€ Gehalt verzichtet und entsprechend geringere Einkünfte in seiner Einkommensteuererklärung angegeben. Dem folgte das Finanzamt nicht, sondern unterwarf auch den Betrag des Gehaltsverzichts der Einkommensteuer des Geschäftsführers. Das sah das Finanzgericht anders, verneinte aufgrund des Gehaltsverzichts einen steuerpflichtigen Gehaltszufluss und gab dem Geschäftsführer recht. Der BFH hob diese Entscheidung nun auf und verwies an das Finanzgericht zurück.

Die Entscheidung

Für die Frage, ob ein Gehaltsverzicht zu einem Zufluss von Arbeitslohn führt, kommt es maßgeblich darauf an, wann der Verzicht erklärt wurde.

Zufluss von Arbeitslohn

Arbeitslohn ist i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht zugeflossen. Geldbeträge fließen dem Steuerpflichtigen regelmäßig dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden.

Keine Zuflussfiktion

Der Zufluss kann für Zwecke der Besteuerung grundsätzlich nicht fingiert werden. Eine Ausnahme macht die Rechtsprechung hiervon lediglich bei beherrschenden Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft. Bei diesen wird angenommen, dass sie über eine von der Gesellschaft geschuldete Vergütung bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit verfügen können und ihnen damit entsprechende Einnahmen zugeflossen sind (BFH-Urteile vom 14.02.1984 VIII R 221/80 und vom 16.11.1993 VIII R 33/92). Diese ausnahmsweise Zuflussfiktion kam im Streitfall nicht zum Tragen.

Zufluss durch verdeckte Einlage

Der Verzicht des Gesellschafters auf seinen Vergütungsanspruch kann aber zum Zufluss des Forderungswerts führen, soweit mit ihm eine verdeckte Einlage erbracht wird

Eine verdeckte Einlage liegt vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person der Gesellschaft einen einlagefähigen Vermögensvorteil zuwendet, ohne dass der Gesellschafter hierfür neue Gesellschaftsanteile erhält, und wenn diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Letztere Voraussetzung ist gegeben, wenn ein Nichtgesellschafter der Gesellschaft den Vermögensvorteil bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht eingeräumt hätte.

Als verdeckte Einlagen sind nur Wirtschaftsgüter geeignet, die das Vermögen der Kapitalgesellschaft vermehrt haben, sei es durch den Ansatz oder die Erhöhung eines Aktivpostens, sei es durch den Wegfall oder die Verminderung eines Passivpostens, was ich nach Bilanzrecht beurteilt. Insofern ist maßgeblich, inwieweit Bilanzposten in eine Bilanz hätten eingestellt werden müssen, die zum Zeitpunkt des Verzichts erstellt worden wäre.

Es kommt deshalb maßgeblich darauf an, ob der Geschäftsführer bereits vor Entstehung oder erst im Nachhinein auf den einzelnen Gehaltsanspruch verzichtet hat.

„Entscheidend ist damit, ob bzw. inwieweit im Zeitpunkt des jeweiligen Verzichts eine Gehaltsverbindlichkeit in eine Bilanz hätte eingestellt werden müssen, die zum Zeitpunkt des Verzichts erstellt worden wäre […]. Nur falls der Kläger im Vorhinein – vor Entstehung des jeweiligen Gehaltsanspruchs – verzichtet hätte, er mithin für den jeweiligen Monat von vornherein unentgeltlich tätig geworden wäre, wäre es nicht zur Vermögensmehrung bei der GmbH gekommen  […]. Andernfalls – bei einem Verzicht im Nachhinein – hätte die GmbH zunächst jeweils Gehaltsverbindlichkeiten passivieren müssen. Verzichtet der Geschäftsführer auf einen solchen bereits entstandenen Anspruch aus gesellschaftsrechtlichen Gründen, erbringt er insoweit, als seine Forderung im Zeitpunkt des Verzichts werthaltig ist, eine bei ihm zum Zufluss (§ 11 Abs. 1 EStG) führende verdeckte Einlage in die Kapitalgesellschaft  […]. Der Forderungsverzicht bewirkt, soweit mit ihm eine verdeckte Einlage erbracht wird, einen Zufluss beim Gesellschafter in Höhe des werthaltigen Teils der Forderung.“

Eine verdeckte Einlage setzt außerdem eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis voraus, was nur dann gegeben ist, wenn im Rahmen eines Fremdvergleichs festgestellt werden kann, dass ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns den Vermögensvorteil der Gesellschaft nicht eingeräumt hätte.

Fazit

  • Eine zum Zufluss von Arbeitslohn führende verdeckte Einlage kann nur dann gegeben sein, soweit der Steuerpflichtige nach Entstehung seines Gehaltsanspruchs aus gesellschaftsrechtlichen Gründen auf den Gehaltsanspruch verzichtet, weil in diesem Fall eine Gehaltsverbindlichkeit in eine Bilanz hätte eingestellt werden müssen.
  • Verzichtet der Steuerpflichtige dagegen bereits vor Entstehung seines Gehaltsanspruchs auf den Gehaltsanspruch, wird er unentgeltlich tätig und es kommt nicht zum fiktiven Zufluss von Arbeitslohn beim Gesellschafter-Geschäftsführer.

Es ist deshalb darauf zu achten, den Verzicht – überprüfbar – vor Entstehung des jeweiligen Gehaltsanspruchs zu erklären, wenn ein steuerpflichtiger fiktiver Zufluss von Arbeitslohn vermieden werden soll.

Eine verdeckte Einlage ist mit dem Teilwert (Verkehrswert) zu bewerten. Dass dieser Wert im Interesse des Steuerpflichtigen Null beträgt, weil die Gehaltsforderung, auf die verzichtet wurde, wertlos war, wird dem Finanzamt kaum glaubhaft zu machen sein, wenn bspw. alle übrigen Gehälter der anderen Beschäftigten stets gezahlt wurden.

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2022/2023)

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2017-2021)

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