12.09.2016

Wird bei der Berechnung des Zugewinns von nicht zutreffenden Vermögenswerten ausgegangen, muss der Ehegatte, der die tatsächlichen Verhältnisse kennt, den anderen Ehegatten über diese aufklären.

Der Fall:

Im Scheidungsverfahren begehrte die Ehefrau von ihrem Ehemann unter anderem Ausgleich des erzielten Zugewinns. Bei der Berechnung des Zugewinns gingen beide Eheleute zunächst davon aus, das gemeinsam errichtete Familienhaus gehöre ihnen jeweils zur Hälfte. Im Jahr 2014 schlossen die Eheleute daraufhin einen Vergleich, durch den die Ausgleichszahlung des Ehemannes festgelegt wurde. Bei der Berechnung war davon ausgegangen worden, dass das Haus beiden Eheleuten zu je ½ gehöre.

Tatsächlich hatte der Ehemann noch vor Vergleichsabschluss festgestellt, dass nur er Eigentümer des Hauses ist. Hierüber hatte er seine Ehefrau bei Abschluss des Vergleichs aber nicht informiert. Nachdem die Ehefrau hiervon erfahren hatte, hat sie den Vergleich wegen arglistiger Täuschung angefochten.

Die Entscheidung:

Das Oberlandesgericht Hamm sah den geschlossenen Vergleich als unwirksam an, da die Ehefrau ihn erfolgreich angefochten habe. Der Ehemann hätte seine (Noch-) Ehefrau nämlich, nachdem er die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse festgestellt  hatte, darüber informieren müssen, dass er alleiniger Eigentümer des Hauses und der Wert des Hauses deshalb in voller Höhe allein seinem Vermögen zuzurechnen war. Durch sein Schweigen habe er den Irrtum seiner Ehefrau, sie sei Miteigentümerin, in unzulässiger Weise aufrecht erhalten. Der Ehemann habe seine Ehefrau also arglistig (= absichtlich) getäuscht.

Ein durch Täuschung zustande gekommener Vergleich kann, sobald die Täuschung entdeckt worden ist, innerhalb eines Jahres angefochten werden. Sind zehn Jahre seit der Täuschung vergangen, kann nicht mehr angefochten werden.

Wäre es bei dem durch diese Täuschung erreichten Vergleich geblieben, hätte die Ehefrau deutlich weniger als den ihr tatsächlich zustehenden Zugewinnausgleich erhalten. Da der Vergleich wegen der Täuschung des Ehemanns und der deshalb erklärten Anfechtung unwirksam war, muss der Zugewinnausgleich jetzt neu berechnet und dabei das Haus als alleiniges Vermögen des Mannes berücksichtigt werden.

Das Fazit:

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm kann für den Zugewinnausgleich verallgemeinert werden. Im Rahmen des Zugewinnausgleichs ist jeder Ehegatte verpflichtet, dem anderen Auskunft über sein Vermögen zu erteilen. Wird bei der Berechnung des Zugewinns von unzutreffenden Vermögenswerten ausgegangen, muss der eine Ehegatte dem anderen Ehegatten die richtigen Vermögenswerte mitteilen, sobald er hiervon erfährt. Eine im Verfahren entstehende Veränderung kann nicht schlichtweg verschwiegen werden in der Hoffnung, dass der andere Ehegatte davon nichts erfahren werde.

Aber auch über den Zugewinn hinaus müssen die Ehegatten im Scheidungsverfahren von Anfang an richtige Angaben über ihr Vermögen machen und – falls es bei der Gegenseite zu Irrtümern über die Vermögenslage kommen sollte – diese auch ausräumen.

Autorin

Bild von  Marie Baronin v. Maydell
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Marie Baronin v. Maydell
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